Leitsatz (amtlich)
Wird das Arzneimittel mit einer Dosierung beworben, die nicht der Zulassung entspricht, geht die Werbung über den Zulassungsstatus hinaus und verstößt demgemäß gegen § 3a HWG. Die Angabe „Die B.-Tablette lässt sich ohne Wirkverlust teilen” verstößt gegen § 3a HWG, weil die zugelassene Dosierung „1 Tablette”, nicht aber (auch) „1/2 Tablette” lautet.
Normenkette
HWG § 3a; UWG § 1
Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 407 O 42/02) |
Tenor
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des LG Hamburg, Kammer 7 für Handelssachen, vom 30.4.2002 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Gründe
A. Die Antragstellerin produziert und vertreibt Arzneimittel, u.a. auch das Mittel P-…, einen sog. Protonenpumpenhemmer zur Hemmung der Säurebildung im Magen (Anlage ASt 1). Mit diesem Präparat konkurriert das Arzneimittel „N-…” der Antragsgegnerin, die als Pharmaunternehmen im Wettbewerb zur Antragstellerin steht.
Das Mittel „N-…” gibt es in den Wirkstoffstärken zu 20 mg (Anlage ASt 2) und zu 40 mg (Anlage ASt 3).
Die Antragsgegnerin wirbt für das Präparat „N-…” bei Ärzten mit einer Abgabekarte, die u.a. den Hinweis enthält: „Tablette lässt sich ohne Wirkverlust teilen” (Anlage ASt 5). Das beanstandet die Antragstellerin als wettbewerbswidrig und nimmt die Antragsgegnerin deswegen im einstweiligen Verfügungsverfahren auf Unterlassung in Anspruch.
Die Abgabekarte der Antragsgegnerin enthält auf der Vorderseite unter der Überschrift: „Das Geheimnis der N.-Galenik” eine tabellarische Übersicht („Galenik im Vergleich”), in der bestimmte Eigenschaften der „N-…”Tablette mit denjenigen „anderer PPI-Tabletten” verglichen werden, wobei „PPI” die Abkürzung für Protonenpumpeninhibitoren (= Protonenpumpenhemmer) ist. Dort steht u.a. der Hinweis: „Tablette lässt sich ohne Wirkverlust teilen”, dem der „N-…”-Tablette ein Pluszeichen und der Rubrik „Andere PPI-Tabletten” ein Minuszeichen zugeordnet sind. Links neben der Tabelle befindet sich die Abbildung einer aufgebrochenen halben Tablette, im Hintergrund sind zwei ganze Tabletten abgebildet; unter der Abbildung steht u.a. der Hinweis:
„Säurestabile Mikropellets”. Die Rückseite der Abgabekarte enthält die Preisliste für „N-…” in den Wirkstoffstärken zu 20 mg und zu 40 mg sowie die Pflichtangaben (Anlage ASt 5).
Die konkurrierenden Arzneimittel „N-…” und P-… der Parteien werden beide zur Behandlung der Refluxkrankheit, insb. bei Refluxösophagitis (Speiseröhrenentzündung) und zur Eradikation des Heliobacter pylori – dann jeweils in Kombination mit einer Antibiotika-Behandlung – bei Zwölffingerdarm-Geschwüren eingesetzt (Anlagen ASt 1–4).
Das LG hat mit dem Urteil vom 30.4.2002 seine einstweilige Beschlussverfügung vom 14.3.2002 bestätigt, mit der der Antragsgegnerin unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten worden ist, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken für das Arzneimittel N-… mit der Behauptung zu werben, die N-…-Tablette lasse sich ohne Wirkverlust teilen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin.
Die Antragstellerin verteidigt das Urteil des LG.
Die Antragstellerin firmierte zunächst unter „B.- GmbH” und ist durch Formwechsel mit Wirkung zum 1.7.2002 in die aus dem Aktivrubrum des Senatsurteils ersichtliche „A.- AG” umgewandelt worden.
B. Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg. Sie ist demgemäß zurückzuweisen.
I. Gegenstand des Unterlassungsantrages ist das Werben für das Arzneimittel „N-…” mit der beanstandeten Behauptung, und zwar selbstverständlich nur innerhalb der Fachkreise.
Das hat die Antragstellerin in der Berufungsverhandlung ausdrücklich klarstellen lassen.
Der Verbotsausspruch gibt die angegriffene Äußerung in indirekter Rede („die N-…-Tablette lasse sich ohne Wirkverlust teilen”) wieder und erfasst demgemäß – wie das auch sonst im Wettbewerbsprozess üblicherweise umschrieben wird – diese Aussage wörtlich und in direkter Rede, einschl. aller unwesentlichen Abweichungen entspr. der sog. Kerntheorie. Es geht dabei aber nur um die versprachlichte Behauptung der Teilbarkeit der Tablette ohne Wirkverlust, nicht etwa auch um nur mittelbare bzw. bildliche Hinweise auf die Teilbarkeit. So ist z.B. die Abbildung der durchgebrochenen Tablette im Werbeblatt der Antragsgegnerin gem. Anlage ASt 5 nicht Streitgegenstand. Auch das hat die Antragstellerin in der Berufungsverhandlung ausdrücklich klarstellen lassen.
II. Der Unterlassungsverfügungsantrag gemäß der Beschlussverfügung des LG ist auch nach Auffassung des Senats begründet, und zwar aus § 3a HWG, § 1 UWG.
Ob der Unterlassungsanspruch aus § 3 HWG (bzw. § 3 UWG) begründet ist, wie das LG gemeint hat, kann dahingestellt bleiben.
1. Nach § 3a HWG ist die Werbung für ein Arzneimittel, das der Pflicht zur Zulassung unterliegt und nicht nach den arzneimittelrechtlichen Vorschriften zugelassen ist, unzulässig; hierzu gehört auch die Werbung für ein zugelassenes Arzneimittel bezüglich weiter gehender, vom arzneimittelrechtlichen Zulassungsstat...