Leitsatz (amtlich)
Die Verjährungsfrist des § 439 Abs. 2 S. 3 HGB gilt nicht für Freihaltungsansprüche des Hauptfrachtführers gegen den Absender.
Normenkette
HGB § 439 Abs. 2 S. 3
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 18.02.2021; Aktenzeichen 407 HKO 1/20) |
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Widerklage wird abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
IV. Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
VI. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf EUR 82.000,00 festgesetzt. Davon entfallen EUR 80.000,00 auf die Klage und EUR 2.000,00 auf die Widerklage.
Gründe
I. Die Parteien streiten über Lagerkosten und Demurrage-Kosten für einen in Bamako (Mali) lagernden Container.
Die Beklagte, ein Unternehmen, das sich mit der Produktion und dem Vertrieb von Maschinen und Anlagen zur Bearbeitung und Reinigung von Saatgut befasst, verkaufte im Juni 2017 eine mobile Saatgutreinigungsmaschine gegen Vorkasse zu einem Preis von EUR 84.250,00 brutto an die N. SARL, eine malische Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Die Beklagte beauftragte die Klägerin, welche auf Grundlage der ADSp kontrahiert, am 22.06.2017 zu festen Kosten mit dem multimodalen Transport der Maschine von Nauen über Hamburg und Dakar nach Bamako. Mit dem Lkw-Vorlauf in Deutschland (von Nauen nach Hamburg) beauftragte die Klägerin eine Subunternehmerin. Vereinbarter Ladetermin war der 02.07.2017. Die C. S. A. (nachfolgend: Streitverkündete), die dem Rechtsstreit nicht beigetreten ist, wurde von der Klägerin mit der Gestellung eines 40 Zoll-Containers sowie dessen Beförderung per Seeschiff von Hamburg nach Dakar sowie dem Nachlauf (per Bahn) nach Bamako beauftragt. Tatsächlich erfolgte der Transport von Dakar nach Bamako wegen Überschwemmungen nicht per Bahn, sondern per Lkw.
In Bamako wurde der Container von der Empfängerin N. SARL wegen Verzollungsproblemen bis heute nicht abgenommen, obwohl diese den vollständigen Kaufpreis gezahlt hatte und die Beklagte ihr Anfang August 2017 alle drei Original-Konnossemente überlassen hatte. Der Container stand am 11.08.2017 in Bamako zur Abholung bereit, wobei die Streitverkündete den Container vom Lkw entlud und ihn seitdem im Containerterminal von Bamako verwahren lässt. Die Klägerin wurde mit Schreiben vom 07.12.2017 von der Streitverkündeten zur Zahlung von auflaufenden Lagerkosten und Demurrage-Kosten aufgefordert (Anlagen K 2 und K 3). Die Klägerin informierte die Beklagte am 07.12.2017 über die nicht erfolgte Abnahme des Containers (Anlage K 4). Die Beklagte versuchte daraufhin, die Empfängerin zu kontaktieren, um eine Abnahme des Containers zu erreichen. Die Beklagte nahm im Jahr 2018 auch mehrfach Kontakt zu der Streitverkündeten auf, um eine Lösung zu finden. Diese teilte ihr jedoch mit, dass sie der Beklagten nicht helfen könne, da nur der Inhaber der Original-Konnossemente Verfügungen über die Ware nebst Container treffen könne. Über das Ergebnis dieser Bemühungen informierte die Beklagte die Klägerin. Im Juni 2019 bot die Beklagte der Klägerin und der Streitverkündeten an, gemeinsam nach einer Lösung für die festgefahrene Situation zu suchen. Dabei schlug die Beklagte vor, dass die Streitverkündete ihr Pfandrecht an dem Ladegut ausüben könne und das Gut verkaufen könne. Dies wurde von der Streitverkündeten mit E-Mail vom 11.06.2019 abgelehnt (Anlage B 2). Zum 01.02.2020 beliefen sich die Lagerkosten (Terminalgebühren) und Demurrage-Kosten auf 49.600.000,00 XOF zuzüglich 1.650.000,00 XOF für jeden weiteren Monat, umgerechnet EUR 75.600,00 zuzüglich rund EUR 2.500,00 für jeden weiteren Monat. Die Klägerin macht einen Freistellungsanspruch bezüglich dieser Kosten gegen die Beklagte geltend.
Die Klägerin hat in 1. Instanz behauptet, sie selbst sei erst am 07.12.2017 per E-Mail von der Streitverkündeten über die Nichtabnahme des Containers informiert worden. Der Klägerin seien auch zu keiner Zeit Weisungen von der Empfängerin erteilt worden. Die Klägerin sei ebenso wie die Beklagte der Meinung, dass die von der Streitverkündeten geltend gemachten Beträge völlig unangemessen seien, weshalb sie sich dazu entschieden habe, keine bezifferte Leistungsklage, sondern eine Feststellungsklage zu erheben. Der Wunsch der Beklagten, dass die Klägerin bzw. die Streitverkündete die durch die Nichtabnahme des Containers entstandenen Probleme dadurch lösen sollten, dass sie die Maschine verkaufen ließen, sei unrealistisch. Denn weder der Klägerin noch der Streitverkündeten sei es möglich, den Container dem Lagerhalterpfandrecht des Containerterminals sowie der zollamtlichen Überwachung ...