Entscheidungsstichwort (Thema)
INMAS
Leitsatz (amtlich)
1. Die Verwendung der für ein (länderübergreifendes) Forschungsprojekt gewählten Projektbezeichnung erfolgt im wissenschaftlichen Bereich und damit in der Regel (noch) nicht im geschäftlichen Verkehr, so dass markenrechtliche Ansprüche ausscheiden. Dies gilt auch dann, wenn die Projektbezeichnung in einer Presseerklärung optisch herausgestellt ist.
2. Die Tatsache, dass Forschungsprojekte nicht selten in eine kommerzielle Vermarktung und Kennzeichnung eines Produkts unter der Projektbezeichnung münden, rechtfertig in der Forschungsphase ohne das Hinzutreten weiterer Umstände ebenso wenig eine markenrechtliche Begehungsgefahr in Bezug auf den verwendeten "Arbeitstitel" wie der Umstand, dass gerade bei dem konkret beteiligten Forschungsinstitut frühere Forschungsvorhaben eine kommerzielle Marktreife erlangt haben.
3. Ein als Verletzer abgemahntes Unternehmen setzt nicht bereits dann markenrechtliche Erstbegehungsgefahr, wenn es selbst - zum Zeichen seiner Einigungsbereitschaft und seines Verständnisses für die Befürchtungen des Verletzten - in der Erwiderung in allgemeiner Form auf die Möglichkeit rechtsverletzender Verwendungen hinweist, so lange keinerlei konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, der Abgemahnte werde sich in auch dieser Weise verhalten. In jedem Fall wäre eine etwaige Erstbegehungsgefahr in solchen Fällen dadurch ausgeräumt, dass der Abgemahnte dem Abmahnenden ankündigt, er werde die beanstandete Bezeichnung abändern und auch entsprechend verfährt.
Normenkette
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 14.06.2006; Aktenzeichen 315 O 142/06) |
Tenor
Auf die Berufung des Antragsgegners wird das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 15, vom 14.6.2006 abgeändert.
Die einstweilige Verfügung des LG Hamburg vom 7.3.2006 wird unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags aufgehoben.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz.
Gründe
I. Der Antragsteller betreibt ein Dienstleistungsunternehmen, welches auf Beratung und Bereitstellung von deutschen und europäischen Normen spezialisiert ist. Er tritt im Geschäftsverkehr unter der Bezeichnung INMAS auf. Der Antragsteller vertreibt an Kunden u.a. Datenträger, auf welchen eine Software für die Bereitstellung von Normen ist sowie die Normen selbst gespeichert sind. Die Datenträger (mit Schriftsatz vom 30.3.2007 übersandtes Ersatzememplar zu der Anlage ASt8) sind auf dem Label mit der Bezeichnung "INMAS®" versehen. Das auf dem Datenträger enthaltene Suchprogramm zeigt auf seiner Benutzeroberfläche ebenfalls die Bezeichnung "INMAS®". Der Antragsteller ist Inhaber der deutschen Wort-/Bildmarke Nr. 39865277.05 "INMAS" mit einer Priorität vom 12.11.1998 (Anlage ASt3).
Der Antragsgegner ist eine als gemeinnützig anerkannte Einrichtung für angewandte Forschung und Entwicklung. Sie vertreibt keine eigenen Waren und Dienstleistungen. Die von ihr entwickelten Ergebnisse sind in der Vergangenheit - wie z.B. die Entwicklung des mp3-Players (vgl. Anlage BK2) - der Allgemeinheit zugänglich gemacht und über die Erteilung von Lizenzen an Drittfirmen kommerziell verwertet worden.
Mit Presseerklärung vom 1.12.2005 kündigte der Antragsgegner unter der Überschrift "INMAS: Plattform für intelligente Produktion" ein unter seiner Beteiligung durchgeführtes EU-Forschungsprojekt unter dieser Bezeichnung an (ASt1).
Dieses Verhalten beanstandet der Antragsteller als markenrechtswidrig.
Der Antragsteller hat in erster Instanz beantragt, den Antragsgegner zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollziehen an einem der Vorstände, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr im Wettbewerb handelnd auf eine softwaregestützte Plattform zur Produktsteuerung unter der Kennzeichnung "INMAS" hinzuweisen, insb. wie unter der Domain www.iuk.fraunhofer.de erfolgt und in dem als Anlage ASt1 beigefügten Ausdruck wiedergegeben ist.
Das LG hat den Antragsgegner mit einstweiliger Verfügung vom 7.3.2006 entsprechend zur Unterlassung verpflichtet und diese Verfügung auf den mit einem Abweisungsantrag verbundenen Widerspruch des Antragsgegner mit Urteil vom 14.6.2006 mit der Maßgabe aufrecht erhalten, dass die Worte "im Wettbewerb handelnd" gestrichen werden.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Antragsgegners. Der Antragsgegner verfolgt in zweiter Instanz unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Sachvortrags sein Abweisungsbegehren weiter. Der Antragsteller verteidigt auf der Grundlage der bereits erstinstanzlich gestellten Anträge das landgerichtliche Urteil.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sowie auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung ist auch begründe...