Leitsatz (amtlich)

1. Bei einem gegen die Verwendung einer Internet-Domain gerichteten Unterlassungsanspruch ist grundsätzlich auch auf den Inhalt der so adressierten Website abzustellen.

2. Ist die Internet-Domain aus einer fremden Marke bzw. Firmenkurzbezeichnung und einer kritisch-beschreibenden Angabe gebildet (hier: awd-aussteiger.de), liegt in deren Verwendung kein marken- bzw. namensmäßiger Gebrauch, wenn der Verkehr den Domainnamen insgesamt nicht dem Dritt-Unternehmen zuordnet. Eine Markenverletzung ist jedenfalls nicht gegeben, wenn auf der so adressierten Website ein Informationsforum unterhalten wird, das sich negativ-kritisch mit dem Dritt-Unternehmen befasst.

3. Die Verwendung dieser Domain kann nur unter besonderen Umständen eine unlautere Behinderung (§ 1 UWG) darstellen, bei einer Website mit einem unternehmenskritischen Forum fehlt es insoweit am Handeln zu Wettbewerbszwecken.

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 28.02.2003; Aktenzeichen 416 0 213/02)

 

Tenor

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des LG Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, vom 28.2.2003 abgeändert.

Die einstweilige Verfügung des LG vom 17.12.2002 wird aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Verfügungsantrag in der in der Berufungsverhandlung klargestellten Fassung wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

 

Gründe

A. Die Antragstellerin ist nach ihren Angaben einer der führenden deutschen Finanzdienstleister mit Sitz in H., sie führt die Firmen-Kurzbezeichnung "AWD", unter der sie nach ihren Angaben im Geschäftsverkehr bekannt ist, und unterhält unter "www.awd.de" eine Website (Anlage ASt 1). Sie ist Sponsorin und Namensgeberin der "AWD-Arena" (des früheren Niedersachsenstadions) und Inhaberin der Marke "AWD" (Klagemarke; Anlagen ASt 2-3).

Die Antragsgegnerin ist Inhaberin der Domain "www.awd-aussteiger.de", auf der Website äußern sich Kritiker der Antragstellerin mit selbst verfassten Beiträgen in dem dort errichteten Forum (Anlagen ASt 4, 8).

Die Antragstellerin beanstandet das als Verstoß gegen ihre Kennzeichenrechte und nimmt die Antragsgegnerin deswegen im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch.

Das LG hat mit dem Urteil vom 28.2.2003 seine einstweilige Beschlussverfügung vom 17.12.2002 bestätigt, mit der der Antragsgegnerin unter Androhung bestimmter Ordnungsmittel verboten worden ist, die Bezeichnung "AWD" bzw. "awd" und/oder die Bezeichnung "awd-aussteiger.de" im geschäftlichen Verkehr zu benutzen oder benutzen zu lassen, insb. als Internet-Adresse reserviert zu halten.

Gegen das landgerichtliche Urteil richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin. Die Antragstellerin verteidigt das angefochtene Urteil mit der Maßgabe, dass vom Verbot ausschließlich die Bezeichnung "awd-aussteiger.de" erfasst sein soll.

B. Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat in der Sache Erfolg. Der Verfügungsantrag in der von der Antragstellerin in der Berufungsverhandlung noch verteidigten Fassung ist nicht begründet. Unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils ist demgemäß die Beschlussverfügung des LG unter Zurückweisung des in zweiter Instanz gestellten Verfügungsantrages aufzuheben.

I.1. Der Gegenstand des Verfügungsantrages in der in der Berufungsverhandlung klargestellten Fassung ist das Benutzen der Bezeichnung "awd-aussteiger.de" im geschäftlichen Verkehr, insb. das Reservierthalten als Internetadresse.

Damit ist der Gegenstand des Unterlassungsantrages jedenfalls auch die Verwendung der Internet-Adresse "awd-aussteiger.de" für die Website der Antragsgegnerin, auf der sie ein Forum zum Erfahrungsaustausch über das Dienstleistungsangebot der Antragstellerin für AWD-Kunden, ehemalige Kunden und Mitarbeiter sowie sonstige Kritiker der Antragstellerin errichtet hat, und zwar die Verwendung der Bezeichnung "awd-aussteiger.de" als Domain-Name (vgl. hierzu unter II.) und die Benutzung der Bezeichnung "awd-aussteiger.de" in der Werbung für ihren Internetauftritt mit dem AWD-Kritik-Forum in anderen Medien (vgl. hierzu unter III.).

Da der Verbotsausspruch der Beschlussverfügung - entgegen den Grundsätzen des Senats - offen lässt, für welche Dienstleistungen und Inhalte auf den Internetseiten unter der Bezeichnung "awd-aussteiger.de" das Verbot gelten soll, handelt es sich mangels irgendeiner Einschränkung insoweit um ein Schlechthin-Verbot (vgl. hierzu unter IV.).

2. Nach der Klarstellung in der Berufungsverhandlung geht es demgemäß nicht mehr um die Verwendung der Bezeichnungen "AWD" bzw. "awd" in Alleinstellung, insoweit hat die Antragstellerin ihren Verfügungsantrag nicht weiter verfolgt.

3. Entgegen den Ausführungen des LG war in erster Instanz nicht auch Streitgegenstand die Benutzung der Bezeichnung "AWD" als kennzeichnender "Bestandteil" einer Internetadresse (d.h. abgesehen von der konkreten Bezeichnung "awd-aussteiger.de"), ebenso nicht die Verwendung der Bezeichnung "AWD" als Metatag, sei es in Alleinstellung oder gar von solchen Metatags, in...

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