Leitsatz (amtlich)

Einer Anwendung der ab 1. Juli 2017 geltenden Vorschriften zur Einziehung steht gemäß Art. 316h Satz 2 EGStGB auch dann eine "Entscheidung" entgegen, wenn das bis zum 30. Juni 2017 ergangene Urteil im Tenor und in den Entscheidungsgründen zur Einziehung schweigt.

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Entscheidung vom 24.08.2017; Aktenzeichen 705 Ns 143/16)

 

Tenor

Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kleine Strafkammer 5, vom 24. August 2017 werden verworfen.

Der Angeklagte hat die Kosten seiner Revision und seine ihm insoweit entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Im Übrigen trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten.

 

Gründe

I.

Mit Urteil vom 3. November 2016 hat das Amtsgericht Hamburg-Barmbek den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls und wegen Diebstahls in zwölf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zwei Monaten verurteilt. Fragen der Vermögensabschöpfung hat es ausweislich der Urteilsgründe nicht erörtert.

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte mit Verteidigerschriftsatz vom 3. November 2016, eingegangen per Fernkopie am gleichen Tag, Berufung eingelegt und diese zugleich auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Am 4. November 2016, eingegangen per Fernkopie am 7. November 2016, hat auch die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt. Diese hat sie am 14. November 2016 auf das Strafmaß beschränkt und hierzu im Hinblick auf die Höhe der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe ausgeführt.

Mit Urteil vom 24. August 2017 hat das Landgericht Hamburg, Kleine Strafkammer 5, die Berufung des Angeklagten verworfen, ihn auf die Berufung der Staatsanwaltschaft zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Zudem hat die Kammer eine Anordnung von Wertersatzverfall in Höhe von 15.000,- € unter Hinweis auf § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB in der vor dem 1. Juli 2017 geltenden Fassung erwogen, aber nicht getroffen.

Gegen das landgerichtliche Urteil hat der Angeklagte mit taggleich per Fernkopie eingegangenem Verteidigerschriftsatz vom 24. August 2017 Revision eingelegt. Nach Fertigstellung des Hauptverhandlungsprotokolls am 11. Oktober 2017 ist das Urteil aufgrund richterlicher Verfügung vom 9. Oktober 2017 dem Verteidiger am 22. Oktober 2017 zugestellt worden. Mit Verteidigerschriftsatz vom 13. November 2017, eingegangen per Fernkopie am gleichen Tag, hat der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt und zur Sachrüge weiter ausgeführt.

Auch die Staatsanwaltschaft hat, eingegangen am 30. August 2017, Revision eingelegt, die Verletzung materiellen Rechts gerügt und beantragt, das Urteil insoweit aufzuheben als die Einziehung des Wertersatzes unterblieben ist. Nach (erst) aufgrund richterlicher Verfügung vom 27. November 2017 sodann am 29. November 2017 erfolgter Urteilszustellung hat die Staatsanwaltschaft am 12. Dezember 2017, eingegangen am 14. Dezember 2017, die Sachrüge ergänzend ausgeführt.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision des Angeklagten kostenpflichtig gemäß § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen, im Übrigen ist sie der Revision der Staatsanwaltschaft beigetreten und hat beantragt, Termin zur Hauptverhandlung anzuberaumen.

In der Hauptverhandlung hat die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, das Urteil des Landgerichts Hamburg aufzuheben, soweit die Anordnung der Einziehung des Wertes des durch die Taten Erlangten unterblieben ist, und die Sache in diesem Umfang zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Kleine Strafkammer des Landgerichts Hamburg zurückzuverweisen.

Die Verteidigung hat beantragt, die Revision der Staatsanwaltschaft zu verwerfen sowie das Urteil auf die Revision des Angeklagten hin aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision des Angeklagten als unbegründet zu verwerfen.

II.

Den statthaften und auch im Übrigen zulässigen Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten bleibt in der Sache der Erfolg versagt.

1. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist zulässig, aber unbegründet.

a) Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Berufungsurteil des Landgerichts Hamburg vom 24. August 2017 ist gemäß § 333 StPO statthaft und auch im Übrigen zulässig erhoben (§§ 341, 344, 345 StPO).

Die Beschränkung der Revision der Staatsanwaltschaft auf die Nichtanordnung der Einziehung ist wirksam, insbesondere ist diese - nach der Erklärung der Staatsanwaltschaft allein angegriffene - Frage von den übrigen Teilen des Urteils abtrennbar.

aa) Bei einer vermögensabschöpfenden Anordnung gemäß §§ 73 ff. StGB a.F. handelt es sich um eine Maßnahme eigener Art ohne Strafcharakter (vgl. zur bisherigen Rechtslage BVerfGE 110, 1; BGH, Beschluss vom 6. Februar 2018, Az.: 5 StR 600/17 - juris m.w.N.; NStZ-RR 2017, 342; Urteil vom 18. Juli 2013, Az.: 4 StR 100/13, BGHR StPO § 302 Abs. 1 Rü...

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