Leitsatz (amtlich)

1. Soll nach dem Verfügungsantrag die Werbung mit einer Angabe (hier: "Stärker als Hepatitis C") verboten werden, und zwar mit dem Zusatz "wie geschehen in Broschüre Anlage 1", dann betrifft der Streitgegenstand nur diese Verwendungsform und nicht auch ein weiteres, in der Antragsschrift erwähntes, aber im Antrag gerade nicht zitiertes "Werbeblatt Anlage 2". Der Verbotsumfang der antragsgemäß ergangenen Beschlussverfügung bezieht sich demgemäß auch nur auf die angeführte Verwendungsform (hier: "Anlage 1")

2. Soll eine schon in der Antragsschrift erwähnte, aber zunächst nicht zum Verbotsgegenstand gemachte Verwendungsform (hier: "Werbeblatt Anlage 2") ohne sachlichen Grund erst drei Monate später in der Widerspruchsverhandlung in das Verfügungsverbot mit aufgenommen werden, so ist die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG widerlegt.

 

Normenkette

HWG § 3; UWG § 12 Abs. 2; ZPO §§ 253, 308

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 16.11.2005; Aktenzeichen 315 O 575/05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 15, vom 16.11.2005 abgeändert.

Die Beschlussverfügung des LG vom 16.8.2005 wird aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Verfügungsantrag der Antragstellerin, soweit die Parteien das Verfügungsverfahren nicht übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, zurückgewiesen.

Die Kosten des Erlassverfahrens erster Instanz trägt die Antragsgegnerin.

Die Kosten des Widerspruchsverfahrens erster Instanz sowie die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Antragstellerin.

und beschlossen:

In Abänderung der Wertfestsetzung des LG in der Beschlussverfügung vom 16.8.2005 wird der Wert des Streitgegenstandes für das Erlassverfahren auf 100.000 EUR und für das Widerspruchsverfahren auf 200.000 EUR festgesetzt.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren zunächst auf 200.000 EUR festgesetzt, nach der Erledigungserklärung ermäßigt sich der Streitwert auf 100.000 EUR.

 

Gründe

A. Die Parteien sind Pharmaunternehmen, sie vertreiben u.a. Arzneimittel zur Therapie der chronischen Hepatitis C und stehen miteinander im Wettbewerb.

Die Antragsgegnerin hat für ihr Arzneimittel "p-oooo" (Wirkstoff: Peginterferon-alfa 2b) mit einer Patienten-Broschüre (Anlage ASt 3) und außerdem mit einer Werbeunterlage (Anlage ASt 4) geworben.

Die Antragstellerin beanstandet die Werbung als wettbewerbswidrig und nimmt deswegen die Antragsgegnerin im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren auf Unterlassung in Anspruch.

Die Patienten-Broschüre (die von den Parteien so gewählte Bezeichnung behält der Senat bei) ist eine zweiseitige Werbemappe zum Aufklappen und enthält innen rechts eine Lasche zur Aufnahme von Patienten-Informationsmaterial, auf das auf der linken Innenseite hingewiesen wird. Auf der Vorderseite steht u.a. die Überschrift: "Der p-oooo® Patientenservice - Es geht um Sie!" hält. Auf der Rückseite steht unterhalb der Pflichtangaben für das Arzneimittel, und zwar unten am Rand rechts:

"p-oooo®

Peginterferon-alfa 2b

Stärker als Hepatitis C" (Anlage ASt 3).

Die Anlage ASt 3 besteht nur aus der beschriebenen Mappe, deren vorgesehener Inhalt - das Patienten-Informationsmaterial - ist nicht mit eingereicht worden.

Die Werbeunterlage (Anlage ASt 4) zeigt auf dem Deckblatt eine Frau mit dem Schild: "Hepatitis C: Ich hab's geschafft". Neben der Abbildung heißt es dem Schild zugeordnet: "mit der zuverlässigen Wirkung von p-oooo® und w-xxxx® ". Unten rechts auf dem Deckblatt steht:

"p-oooo®

Peginterferon-alfa 2b

w-xxxx®

Rivarin

Stärker als Hepatitis C".

Dieselben Angaben befinden sich auch auf der Rückseite unten rechts unterhalb der Pflichtangaben (Anlage ASt 4).

Das LG hat mit seiner Beschlussverfügung vom 16.8.2005 der Antragsgegnerin unter Androhung von bestimmten Ordnungsmitteln verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für das Arzneimittel p-oooo® (Wirkstoff: Peginterferon alfa-2b) mit der Aussage zu werben: "Stärker als Hepatitis C"; wenn dies geschieht wie in der beigefügten Broschüre der Antragsgegnerin "Der p-oooo Patientenservice - Es geht um Sie!" (es folgen die drei Kopien aus der Anlage ASt 3, und zwar der Vorderseite, der linken Innenseite und der Rückseite der Patienten-Broschüre gemäß Anlage ASt 3).

In der Widerspruchsverhandlung vor dem LG vom 16.11.2005 hat die Antragstellerin die Beschlussverfügung mit der Maßgabe verteidigt, dass das Verfügungsverbot am Schluss wie folgt lauten solle:

"... wenn dies geschieht wie in den beigefügten Broschüren der Antragsgegnerin (Anlagen ASt 3 und ASt 4).

Zuvor hatte die Antragsgegnerin mit Anwaltsschreiben vom 19.9.2005 erklären lassen, sie verpflichte sich strafbewehrt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das Arzneimittel p-oooo in Patientenbroschüren mit der Aussage zu werben: "Stärker als Hepatitis C", wenn dies geschieht wie in der Broschüre "Der p-oooo Patientenservice - Es geht um Sie!" (Anlage AG 3).

Durch Urteil vom 16.11.2005 hat das LG die Beschlussverfügung best...

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