Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 324 O 257/13)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 27.04.2021; Aktenzeichen VI ZR 166/19)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 8.11.2013, Az. 324 O 257/13, wie folgt abgeändert:

Der Beklagten wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer,

verurteilt, es zu unterlassen

durch den Zusatz zur Gegendarstellung der Klägerin vom 6.11.2012, veröffentlicht in der ... vom 7. und 11.12.2012 und unter ... am 6.12.2012: "Nach Gesetzeslage ist die Redaktion verpflichtet, nicht nur wahre, sondern auch unwahre Gegendarstellungen abzudrucken. Die ... bleibt bei ihrer Darstellung vom 6. November."

den Eindruck zu erwecken oder erwecken zu lassen, die Erwiderung in der Gegendarstellung vom 6.11.2012 sei unwahr.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich des Unterlassungstenors gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,- EUR. Im Kostenpunkt kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 30.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Wegen des Sach- und Streitstandes wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO zunächst auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Die Klägerin ist im Künstlermanagement tätig und vertritt unter anderem ... . . Die Beklagte verlegt die Tageszeitung "... - Nachrichten" und verantwortet den Internetauftritt www...de. In der Printausgabe der Beklagten vom 6.11.2012 und am 5.11.2012 (Online) wurde eine Berichterstattung über ... veröffentlicht, in der u.a. berichtet wurde: "..." von der Agentur ..., die ... vertritt, bestätigt den Aufenthalt ... in ... . Es stimmt, sie war für sechs Wochen in der ... Klinik." (vgl. Anlagen K3 und K4). Die hierzu auf Antrag der Klägerin abgedruckte Gegendarstellung mit der klägerischen Erwiderung: "Hierzu stellen wir fest: Unser Mitarbeiter hat dies nicht geäußert." veröffentlichte die Beklagte mit der Anmerkung ihrer Redaktion: "Nach Paragraf 10 Bayerisches Pressegesetz wurden wir zum Abdruck dieser Gegendarstellung verurteilt. Nach Gesetzeslage ist die Redaktion verpflichtet, nicht nur wahre, sondern auch unwahre Gegendarstellungen abzudrucken. Die ... bleibt bei ihrer Darstellung vom 6. November" (bzw. "... vom 5. November" in der Online-Version) (vgl. Anlagen K11 und K12).

Wegen dieser redaktionellen Anmerkung ("Redaktionsschwanz") ließ die Klägerin die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 11.12.2012 erfolglos abmahnen und erwirkte nach Zurückweisung des Antrags durch das Landgericht Hamburg im Wege der sofortigen Beschwerde beim Hanseatischen Oberlandesgericht im einstweiligen Verfügungsverfahren ein Eindrucksverbot (Beschluss vom 7.2.2013, Az.: 7 W 3/13), das sie mit dem vorliegenden Hauptsacheverfahren weiterverfolgt.

Im streitgegenständlichen Verfahren tritt die Beklagte dem Vortrag der Klägerin, dass deren Gegendarstellung wahr gewesen sei, nicht entgegen.

Die Klägerin meint, die Beklagte verwechsle die Frage, ob ein Redaktionsschwanz der Erfüllung des Gegendarstellungsanspruchs entgegenstehe, mit der Frage, ob durch diesen die Unwahrheit wiedergegeben werden dürfe. Im Streitfall werde durch den Redaktionsschwanz eine Unwahrheit wiedergegeben. Es gebe keine Privilegierung von redaktionellen Anmerkungen in Gegendarstellungen dahingehend, dass in diesen Unwahrheiten verbreitet werden dürften. Wenn in unwahrer Weise im Rahmen eines Redaktionsschwanzes der Vorwurf der Lüge erhoben werde, dann sei eine solche Falschbehauptung ebenso zu unterlassen, wie in einem redaktionellen Beitrag.

Die Beklagte ist der Ansicht, der Klägerin stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu. Ein Redaktionsschwanz sei entweder zulässig oder unzulässig. Hielte man ihn für unzulässig, wäre der materielle Gegendarstellungsanspruch nicht erfüllt und es wäre die Zwangsvollstreckung im Gegendarstellungsverfahren zu betreiben gewesen. Sei der Redaktionsschwanz zulässig, dann könne er nicht isoliert zum Gegenstand eines Unterlassungsbegehrens gemacht und für rechtswidrig erklärt werden. Das Bayerische Landespressegesetz enthalte kein Glossierungsverbot, so dass ein Redaktionsschwanz nur in Ausnahmefällen unzulässig sei. Im Zusammenhang mit einem Redaktionsschwanz gehe es nicht um Wahrheit oder Unwahrheit, sondern etwa um die Frage, ob die Gegendarstellung durch die Anmerkung entwertet werde. Dies sei hier nicht der Fall.

Der Eindruck, die in der Gegendarstellung wiedergegebene Erwiderung sei unwahr, entstehe bei einem derartigen Redaktionsschwanz schließlich immer, ohne dass dies Auswirkungen auf die Erfüllung, des materiellen Gegendarstellungsanspr...

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