Leitsatz (amtlich)

Der kostenlose Abdruck privater Gelegenheitsanzeigen in einer Fachzeitschrift ist als allgemeine Marktbehinderung wettbewerbsrechtlich grundsätzlich zu beanstanden (im Anschluss an BGH v. 14.3.1991 - I ZR 55/89, MDR 1991, 956 = GRUR 1991, 616 - Motorboot-Fachzeitschrift).

 

Normenkette

UWG § 3

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 03.03.2005; Aktenzeichen 315 O 872/04)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 15, vom 3.3.2005 (315 O 872/04) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 85.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A. Die Parteien stehen auf dem Markt der Herausgabe von Fliegerzeitschriften im Wettbewerb. Die Klägerin begehrt aus Wettbewerbsrecht unter dem Gesichtspunkt der allgemeinen Marktstörung ein Verbot der Veröffentlichung von kostenlosen privaten Gelegenheitsanzeigen in der Zeitschrift der Beklagten. Außerdem klagt sie Abmahnkosten ein.

Im Verlag der Klägerin erscheint die Zeitschrift "f. magazin", die Beklagte gibt die Zeitschrift "a. kurier" heraus. Beide Zeitschriften werden bundesweit in einer Auflage von ca. 25.000 Exemplaren im Einzelverkauf und Abonnement zu einem Preis von 4,50 EUR vertrieben (Anlagen K 14, K 15). Beide Zeitschriften befassen sich im Schwerpunkt mit der zivilen Luftfahrt und dem Luftsport. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des Inhalts beider Zeitschriften wird auf die zur Akte gereichten Zeitschriftenexemplare gem. Anlagen K 2 und K 3 Bezug genommen.

Seit Januar 2003 bietet die Beklagte in ihrer Zeitschrift "a. kurier" Privatanbietern an, deren Textanzeigen kostenlos zu veröffentlichen, so u.a. auch in der Ausgabe September 2004 (Anlagen K 1, K 2). Die Klägerin veröffentlicht in ihrer Zeitschrift "f. magazin" solche Anzeigen nur gegen Entgelt.

Mit E-Mail vom 15.1.2003 (Anlage K 6) beanstandete die Klägerin ggü. der Beklagten das Angebot der kostenlosen Veröffentlichung und forderte zur Unterlassung auf, was die Beklagte mit E-Mail vom 22.1.2003 ablehnte (Anlage K 7). Auch eine weitere E-Mail-Korrespondenz der Parteien vom 23.1.2003 bis zum 10.2.2003 (Anlage K 12) blieb ergebnislos. Zuletzt schrieb die Klägerin unter dem 10.2.2003 (Anlage K 12) wie folgt:

"... Da wir uns augenscheinlich im Kreis zu drehen scheinen, sollten wir unseren diesbezüglichen Dialog an dieser Stelle beenden.

Unsere Rechtsposition haben wir in aller Deutlichkeit dargelegt. An dieser werden wir auch nach wie vor festhalten. Insofern behalten wir uns die entsprechenden Schritte vor."

In den folgenden Monaten setzte die Beklagte ihr Angebot fort und veröffentlichte weiterhin kostenlose private Anzeigen.

Mit Schreiben vom 25.8.2004 ließ die Klägerin die Beklagte dann durch ihre Prozessbevollmächtigten abmahnen. Dafür stellten diese der Beklagten ausgehend von einem Gegenstandswert von 100.000 EUR einen Betrag i.H.v. 2.065,03 EUR in Rechnung (Anlage K 4). Die Beklagte lehnte die Abgabe einer Unterlassungserklärung mit Schreiben vom 1.9.2004 ab (Anlage B 1).

In der Ausgabe Nr. 9/September 2004 der Zeitschrift "f. magazin" der Klägerin erschienen insgesamt 11 Textanzeigen von Privatanbietern. In der Ausgabe Nr. 9/September 2004 der Zeitschrift "a. kurier" waren dagegen über 230 Textanzeigen von Privatanbietern abgedruckt. Auf die Hefte gem. Anlagen K 3 und Anlage K 2 wird Bezug genommen.

Noch im Heft 12/2004 des "a. kurier" aus Dezember 2004 bot die Beklagte Privatinserenten kostenlose Textanzeigen an (Anlage K 13).

Die durchschnittliche Auflage des "f. magazin" von 7/02 bis 6/04 betrug gem. Messungen der IVW 25.069 Exemplare (Anlage K 15). Im 1. Quartal 2005 betrug die nach IVW verkaufte Auflage 23.712 Exemplare.

Die verkaufte Auflage des "a. kurier" betrug im Durchschnitt der Quartale I+II/2004 26.708 Exemplare (K 14), im 1. Quartal 2005 dagegen 26.235 Exemplare (Anlage K 16).

Die Klägerin hat geltend gemacht:

Das Angebot der Beklagten zur kostenlosen Veröffentlichung privater Anzeigen sei wettbewerbswidrig unter dem Gesichtspunkt der allgemeinen Marktstörung. Es gelten die Grundsätze des Urteils des BGH vom 14.3.1991 (BGH v. 14.3.1991 - I ZR 55/89, MDR 1991, 956 = GRUR 1991, 616 - "Motorboot-Fachzeitschrift").

Bei den von den Parteien herausgegebenen Zeitschriften "a. kurier" und "f. magazin" handele es sich um Fachzeitschriften auf einem geschlossenen Markt. Dass der "a. kurier" eine Fachzeitschrift sei, ergebe sich schon aus der Eigendarstellung der Beklagten im Internet. Die Zeitschriften bedienten die identische Zielgruppe, sie seien speziell auf die Interessen und Bedürfnisse von Piloten zugeschnitten und richteten sich ausschließlich an einen Leserkreis, der mit der Fliegerei privat oder beruflich verbunden sei.

Auf dem vorliegenden geschlossenen Markt von Special-Interest-Zeitschriften mit einer kons...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge