Leitsatz (amtlich)
1. Ein Antrag, der das Verbot von werblichen Angaben im Rahmen eines Fernsehwerbefilms zum Gegenstand hat, ist hinreichend bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn darin auf ein Storyboard - eine tabellarische Aufstellung der im Film gesprochenen Textabschnitte mit der Abbildung des jeweils gezeigten Standbilds - Bezug genommen wird, sofern der Werbefilm als Aufzeichnung auf einem Datenträger zur Akte gereicht wird und der Antragsteller klarstellt, dass es sich hierbei um den Gegenstand der Beanstandung handelt.
2. a) Sind mehrere Einzelangaben innerhalb eines Werbemittels nur Gegenstand gesonderter, im Antrag jeweils auf das Werbemittel bezogener Unterlassungsanträge, so ist der Antrag jeweils auf ein Verbot gerichtet, das die einzelne Werbeangabe im konkreten werblichen Umfeld, aber losgelöst von den anderen, ebenfalls gesondert angegriffenen Angaben erfasst (so schon Senat PharmR 2007, 58). Hieraus folgt, dass das jeweilige Verbot nur auf den Irreführungsgehalt der im Antrag jeweils genannten Angabe ohne Berücksichtigung des Aussagegehalts der im Übrigen angegriffenen Angaben gestützt werden kann.
b) Die mit den weiteren Anträgen angegriffenen Angaben sind allerdings wegen der Maßgeblichkeit des werblichen Gesamtzusammenhangs der in Bezug genommenen konkreten Verletzungsform dann zu berücksichtigen, wenn ihr Aussagegehalt geeignet ist, die Irreführung durch eine andere gesondert angegriffene Angabe entfallen zu lassen.
c) Weitere Angaben im werblichen Umfeld der konkreten Verletzungsform, die nicht Gegenstand eines gesonderten Unterlassungsantrags sind, können jeweils verbotsbegründend für die Ermittlung des Aussagegehalts auch mehrerer gesondert angegriffener Angaben herangezogen werden.
3. Die Zulassung einer Creme zur "Behandlung eines freigelegten Nagelbettes infolge einer keratolytischen [nagelablösenden] Nagelpilztherapie" erfasst nicht auch die Behandlung des Nagels. Eine Werbung, die die Anwendung der Creme auf dem Nagel darstellt, erfolgt dann entgegen § 3a S. 2 HWG außerhalb der Zulassung.
Normenkette
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2; HWG § 3a; AMG § 29 Abs. 2a Nr. 1
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 25.09.2012; Aktenzeichen 312 O 408/12) |
Tenor
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 12, vom 25.9.2012, Geschäfts-Nr. 312 O 408/12, wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat die Antragsgegnerin zu tragen.
Der Wert der Berufung beträgt EUR 300.000.
Gründe
I. Die Antragstellerin, die das für die äußerliche Anwendung bei Pilzerkrankungen indizierte Arzneimittel L. Creme (Wirkstoff Terbinafin) vertreibt, wendet sich - soweit in der Berufungsinstanz noch relevant - gegen Werbung der Antragsgegnerin für das Arzneimittel C. E. Creme (Wirkstoff Bifonazol).
C. E. Creme ist zugelassen zur Behandlung von "Mykosen der Haut, verursacht durch Dermatophyten, Hefen, Schimmelpilze und andere Pilze, wie Malassezia furfur. Dies können sein z.B. Tinea pedum, Tinea manuum, Tinea corporis (...)" (Anlage EV 3, dort Ziff. 4.1). Mit - nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils ergangenem - Bescheid vom 29.11.2012 hat das BfArM die Fachinformation hinsichtlich des Anwendungsgebiets wie folgt modifiziert: "Mykosen der Haut, verursacht durch Dermatophyten, Hefen, Schimmelpilze und andere Pilze, wie Malassezia furfur. Dies können sein z.B. Tinea pedum und Tinea manuum (einschl. der Behandlung eines freigelegten Nagelbettes infolge einer keratolytischen Nagelpilztherapie), Tinea corporis (...)" (Anlage BB 1). Das C. E. Nagelset ist zugelassen "Zur nagelablösenden Behandlung bei Pilzinfektionen der Nägel an Händen und Füßen mit gleichzeitiger antimykotischer Wirkung" (Anlage EV 2, dort Ziff. 4.1).
Die Antragsgegnerin hat mit einem Fernseh-Werbespot, dessen Inhalt aus dem als Anlage A vorliegenden Storyboard sowie der DVD gem. Anlage AG 16 ersichtlich ist, für ihre Produkte C. E. Nagelset und C. E. Creme geworben. In den von der Antragsgegnerin herausgegebenen "Teilnahmebedingungen" für die ausgelobte "Geld-zurück-Garantie" (Anlage B) heißt es unter Ziff. 3 u.a. (Unterstreichung im Original): "Die Geld-zurück-Garantie gilt für beide Produkte, allerdings nur in Kombination und für die Indikation Nagelpilz." Auf eine Abmahnung der Antragstellerin (Anlage EV 4) hat die Antragsgegnerin eine Unterwerfung abgelehnt (Anlage EV 5).
Die Antragstellerin hat geltend gemacht, die Antragsgegnerin propagiere im angegriffenen Werbespot sowie den ebenfalls angegriffenen Teilnahmebedingungen den Einsatz ihrer C. E. Creme zur Behandlung des Nagelpilzes. So werde nach dem einleitenden Text "Wenn Sie bei sich Nagelpilz entdecken, sollten Sie handeln" nicht nur eine Packung des Nagelsets, sondern auch die C. E. Creme eingeblendet (Antrag zu 3. a]). Im Film werde außerdem gesagt "In nur sechs Wochen beseitigt das C. E. Nagelset den infizierten Nagelteil", gefolgt von der Behauptung "und die Extra Creme bekämpft die Resterreger" (Antrag zu 2.), wobei die Anwendung der C. E. Creme auf den infizierten Nag...