Leitsatz (amtlich)

1. Von einem Ehehindernis nach § 1306 BGB ist bereits dann auszugehen, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass der beabsichtigten Eheschließung noch eine bestehende Ehe mit einer anderen Person entgegensteht.

2. Auch eine nach nigerianischem Stammesrecht geschlossene Ehe zwischen einem deutschen Staatsangehörigen und einer nigerianischen Staatsangehörigen kann als wirksam anzusehen sein und daher ein Ehehindernis im Sinne von § 1306 BGB darstellen, falls dem nigerianischen Staatsangehörigen durch die Nichtanerkennung substanzielles Unrecht geschehen würde.

 

Normenkette

BGB § 1306; PStG § 13

 

Verfahrensgang

AG Arnsberg (Aktenzeichen 23 III 18/20)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Am 00.11.2017 beabsichtigten die Beteiligten zu 1) und 2), die beide deutsche Staatsangehörige sind, ihre Eheschließung beim Standesamt E (Beteiligte zu 3) anzumelden. Im Rahmen der Belehrung durch die Standesbeamtin erklärte der Beteiligte zu 1), dass er vor Jahren in Nigeria geheiratet habe, er diese Heirat aufgrund rechtlicher Beratung durch einen Anwalt aber für ungültig halte.

Die Standesbeamtin hatte daraufhin die Anmeldung zur Eheschließung abgelehnt.

Die Bemühungen des Standesamts, den Sachverhalt um die Heirat des Beteiligten zu 1) aufzuklären, scheiterten an dessen unzureichender Mitwirkung. Der Beteiligte zu 1) erklärte gegenüber dem Standesamt zunächst, er habe im Jahre 2004 vor einem Bezirksstandesamt in Lagos geheiratet, verfüge aber über keinerlei Unterlagen. Gegenüber der Standesbeamtin erklärte er zunächst auch, er habe an die Frau bzw. deren Familie Geld überwiesen, damit die Scheidung erfolgen könne. Auch dazu habe er keine Unterlagen. Im weiteren Verlauf behauptete der Beteiligte zu 1) dann, er habe die nigerianische Staatsangehörige, von der er nur den Vornamen B in Erinnerung habe, im Rahmen einer Stammeshochzeit geheiratet. Als einziges Dokument hat er einen Einlieferungsschein über einen am 01.07.2004 von einer Frau B F (sic) aus Nigeria an ihn versandten Brief vorlegen können.

Die Bemühungen des Standesamtes über die Deutsche Botschaft eine Klärung herbeizuführen, scheiterten an den fehlenden bzw. zu vagen Angaben des Beteiligten zu 1) zu Ort und Zeit der Eheschließung und zum vorehelichen Familiennamen der Frau B F.

Der Verfahrensbevollmächtigte des Beteiligten zu 1) richtete eine Anfrage an die Deutsche Botschaft in Lagos / Nigeria, ob von dort Urkunden über die Heirat oder Scheidung seines Mandanten beschafft werden könnten. Die Deutsche Botschaft verwies in ihrer Antwort auf eine Liste nigerianischer Anwälte, die insoweit behilflich sein könnten.

Über den Beteiligten zu 4) hat das Standesamt mit Schreiben vom 31.03.2020 dem Amtsgericht im Wege der Zweifelsvorlage nach § 49 Abs. 2 PStG die Frage vorgelegt, ob es entgegen seiner Rechtsauffassung zur Beurkundung der Anmeldung der Eheschließung verpflichtet sei.

Mit Beschluss vom 17.12.2020 hat das Amtsgericht, das Standesamt angewiesen, die Anmeldung zur Eheschließung zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) abzulehnen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 21.01.2021, der das Amtsgericht mit Beschluss vom 1.04.2021 nicht abgeholfen und die es dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat.

Mit Verfügung des Senats vom 15.04.2021 ist der Beteiligte zu 1) aufgefordert worden, seinen Vortrag zur Heirat in Nigeria und deren nähere Umstände klar zu stellen und zu substantiieren. Er ist weiter aufgefordert worden, die von ihm behauptete Anforderung einer Negativbescheinigung des Heiratsregisteramtes X/Lagos vorzulegen. Der Beteiligte zu 1) hat daraufhin den Ablauf seiner Reise nach Nigeria, in deren Verlauf es zur Heirat mit Frau B F gekommen war, geschildert. Anstelle der vom Senat geforderten Anfrage beim Heiratsregisteramt legte der Beteiligte zu 1) seine fruchtlos verlaufene Korrespondenz mit einem nigerianischen Anwalt vor, die er erst während des laufenden Beschwerdeverfahrens aufgenommen hat (Schreiben vom 14.02.2021 und 18.05.2021).

Mit Verfügung vom 8.06.2021 wiederholte der Senat seine Aufforderung, eine Negativbescheinigung des Heiratsregisteramtes X/Lagos vorzulegen. Daraufhin wandte sich der Beteiligte zu 1) an die nigerianischen Behörden mit der Anfrage, ob dort eine traditionelle Heirat von ihm mit einer Frau B F aus dem Jahr 2004 dokumentiert sei. Das Heiratsregisteramt teilte dem Beteiligten zu 1) daraufhin mit, dass traditionelle Hochzeiten dort nicht registriert werden.

Mit Verfügung vom 29.07.2021 machte der Senat noch einmal deutlich, dass es um die Vorlage einer Negativbescheinigung über eine vor einem nigerianischen Standesamt geschlossene Ehe gehe. Der Beteiligte zu 1) hat diese weder in der gesetzten Frist noch bis zur Entscheidung des Senats vorgelegt.

II. Die zulässige Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist in der Sache nicht begründet.

Das Amtsgericht hat im Rahme...

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