Leitsatz (amtlich)
Zur erforderlichen mündlichen Anhörung von Sachverständigen gemäß § 454 Abs. 2 Satz 3 StPO.
Verfahrensgang
LG Krefeld (Entscheidung vom 27.11.2003) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers als unbegründet verworfen.
Gründe
Der Verurteilte ist vom Landgericht Köln am 14. Mai 1980 wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Vergewaltigung und wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt worden. Wegen der Einzelheiten des Tatgeschehens wird auf die Urteilsfeststellungen Bezug genommen. Mit Beschluss vom 19. Dezember 1995 hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Krefeld die Mindest- verbüßungsdauer wegen der besonderen Schwere der Schuld auf 20 Jahre festgesetzt, die inzwischen verbüßt sind.
Mit Schreiben vom 10. Juni 2002 hat der Verurteilte den Antrag gestellt, den Rest seiner lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen. Im Verfahren nach § 57 a StGB hat die Leiterin der Justizvollzugsanstalt Willich I Stellung genommen und ausgeführt, im Anschluss an die Voten des zuständigen Sozialarbeiters und des Psychologen könne dem Gefangenen eine positive Sozialprognose nicht gestellt werden. Die Stellungnahme nimmt Bezug auf ein auf Ersuchen des Leiters der Justizvollzugsanstalt Willich I in Auftrag gegebenes Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. L. vom 2. Juli 1999, das sich insbesondere zu der Frage verhält, wie sich die Prognose bezüglich des Risikos weiterer einschlägiger Straftaten darstellt. Der Sachverständige ist zu dem Ergebnis gekommen, dass bei dem Verurteilten weiterhin von einer hohen Gefahr der Begehung einschlägiger Straftaten auszugehen ist. Darüber hinaus gebe es seines Erachtens auch kaum Möglichkeiten, die Prognose entscheidend zu verbessern, weil die zu Grunde liegenden Störungen therapeutisch kaum hinreichend beeinflussbar seien, zumal der Beschwerdeführer selbst jedenfalls derzeit kaum Einsicht in die Notwendigkeit einer tatsächlichen inneren Wandlung habe. Die Strafvollstreckungskammer hat dieses Gutachten beigezogen.
Durch Beschluss vom 30. Dezember 2002 hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Krefeld, nachdem sie den Verurteilten am 17. Dezember 2002 angehört hatte, die bedingte Aussetzung der Reststrafe aus dem Urteil des Landgerichts Köln vom 14. Mai 1980 abgelehnt. Sie hat dabei auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. L. Bezug genommen, ohne dass dieser mündlich gehört worden war.
Auf die gegen diesen Beschluss eingelegte sofortige Beschwerde des Verurteilten hat der Senat mit Beschluss vom 27. Februar 2003 die Entscheidung des Landgerichts Krefeld aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, die Strafvollstreckungskammer habe es entgegen § 454 Abs. 2 S. 3 StPO unterlassen, den Sachverständigen Prof. Dr. L. mündlich anzuhören, obgleich sie das Gutachten bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt habe. Zwar handele es sich bei dem Gutachten des Sachverständigen nicht um ein vom Gericht gemäß § 454 Abs. 2 S. 1 StPO eingeholtes Gutachten. Angesichts der Tatsache, dass die Kammer aber nichts desto trotz das Gutachten zur Gefährlichkeitsprognose herangezogen habe, sei dieses Gutachten i.S.d. § 454 Abs. 2 StPO verwandt worden. In diesem Fall sei die Strafvollstreckungskammer dann aber auch verpflichtet gewesen, gemäß § 454 Abs. 2 S. 3 StPO den Sachverständigen mündlich anzuhören.
Die Strafvollstreckungskammer hat daraufhin zunächst den Sachverständigen Prof. Dr. L. mit der Erstattung eines Prognosegutachtens beauftragt. Nachdem der Verurteilte eine Begutachtung durch Prof. Dr. L. abgelehnt hatte, da er zu diesem kein Vertrauen habe, hat die Kammer sodann Prof. Dr. Dr. R. mit der Erstattung des Gutachtens beauftragt. Dieser ist in seinem am 25. August 2003 erstatteten Gutachten zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Aufarbeitung der sexuellen sadistisch-aggressiven Tatkomponenten nur unzureichend erfolgt sei; diese Komponenten würden von dem Verurteilten selbst kaum wahrgenommen. Auch bei gegebener Motivation zur psychotherapeutischen Aufarbeitung einer solchen tief greifenden Persönlichkeitsunreife auf Borderline-Niveau in Verbindung mit einer sadistischen sexuellen Deviation wäre eine langjährige sehr intensive Einzelpsychotherapie erforderlich, um diese zu bearbeiten, die Prognose einer solchen Therapie wäre jedenfalls mit größter Vorsicht zu stellen. Unter den derzeitigen Gegebenheiten bei fehlender Motivation zur Aufarbeitung dieser Kernstörung sei mit einer hohen Rückfallgefahr hinsichtlich der Wiederholung einschlägiger Taten zu rechnen.
Die Leiterin der Justizvollzugsanstalt Willich I hat in einer ergänzenden Stellungnahme vom 19. November 2003 mitgeteilt, dass das Vollzugsverhalten des Verurteilten beanstandungsfrei sei. Allerdings lägen Hinweise, dass sich dieser anders als bisher intensiv und nachvollziehbar mit seiner Persönlichkeits- und Sexualproblematik auseinander setze, nicht vor. Aus diesem Grunde kö...