Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtbarkeit einer vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung

 

Leitsatz (amtlich)

Gegen eine durch den Rechtspfleger ohne vorausgehendes Vorbescheidsverfahren erteilte und gem. § 1829 Abs. 1 S. 2 BGB wirksam gewordene vormundschaftsgerichtliche Genehmigung ist die erste Beschwerde des Betroffenen zulässig (Aufgabe der Auffassung des OLG Hamm FGPrax 2000, 230).

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Beschluss vom 30.07.2003; Aktenzeichen 23 T 370/03)

AG Rahden (Aktenzeichen 6 XVII L 55)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 Euro festgesetzt.

Dem Betroffenen wird für das Verfahren der weiteren Beschwerde Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Th. in Bielefeld mit der Maßgabe bewilligt, dass von der Anordnung von Ratenzahlungen abgesehen wird.

 

Gründe

I. Das AG hat durch Beschluss vom 31.7.2002 zunächst im Wege der einstweiligen Anordnung, sodann in der Hauptsache durch Beschluss vom 5.11.2002 den Beteiligten zu 2) zum Betreuer des Betroffenen mit den Aufgabenkreisen Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung einschl. Unterbringungsangelegenheiten sowie Vermögenssorge mit der Maßgabe bestellt, dass für den letztgenannten Aufgabenkreis ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet worden ist. Der Betroffene leidet nach den Feststellungen des AG an einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie mit chronifiziertem Wahnsystem und einhergehender Persönlichkeitsdefektbildung.

Der Betroffene ist seit 1997 in zweiter Ehe verheiratet mit ...; aus der Verbindung sind zwei 1982 und 1986 geborene Kinder hervorgegangen. Der Betroffene wohnte zum Zeitpunkt der Einrichtung der Betreuung überwiegend in dem in seinem Eigentum stehenden Haus ... . Nachdem auf Antrag der ... Vereinsbank durch Beschluss des AG vom 24.2.2003 die Zwangsversteigerung dieses Grundstücks angeordnet worden ist, wohnt der Betroffene zwischenzeitlich bei seiner Ehefrau, die Eigentümerin eines mit einem Drei-Familien-Haus bebauten Grundstücks ... ist.

Der Beteiligte zu 2) hat mit Schreiben vom 11.3.2003 beantragt, die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung zu einem im Entwurf vorgelegten Ratenkreditvertrag zwischen der Volksbank ... und dem Betroffenen über eine Darlehenssumme von 40.600 Euro zu erteilen. Die Rückzahlung hat in 178 Monatsraten von 400 Euro und einer Rate von 211,15 Euro zu erfolgen, die dem Girokonto Nr. ... des Betroffenen bei dieser Volksbank belastet werden sollen. Dazu hat er vorgetragen, das Darlehen diene in erster Linie der Umschuldung eines durch Überziehung des genannten Girokontos entstandenen, hochverzinslichen Kontokorrentkredits des Betroffenen i.H.v. zzt. ca. 36.000 Euro. Darüber hinaus sollten aus dem zur Verfügung gestellten Darlehen zur Vermeidung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen weitere Verbindlichkeiten ggü. verschiedenen Gläubigern abgelöst werden. Der Darlehensvertrag mache die Verbindlichkeiten für den Betroffenen überschaubarer und führe zu einer Verringerung der Zinslast. Die Belastung bewege sich bezogen auf das Renteneinkommen des Betroffenen von monatlich 1069,69 Euro in einem tragbaren Rahmen. Auf Anraten des Rechtspflegers hat der Beteiligte zu 2) einem dem Entwurf entsprechenden Darlehensvertrag am 10.4.2003 abgeschlossen, der auch die Unterschrift des Betroffenen trägt, und diesen zur nachträglichen Genehmigung vorgelegt. Durch Beschluss vom 15.4.2003 hat der Rechtspfleger des AG die rechtsgeschäftlichen Erklärungen des Beteiligten zu 2) in diesem Vertrag vormundschaftsgerichtlich genehmigt. Von einer vorhergehenden Anhörung des Betroffenen (§ 69c Abs. 1 FGG), Bestellung eines Verfahrenspflegers im Hinblick auf seine Erkrankung (§ 67 Abs. 1 FGG) sowie den Erlass eines Vorbescheides im Hinblick auf die Entscheidung des BVerfG (BVerfG v. 18.1.2000, BVerfGE 101, 397 ff. = FGPrax 2000, 103) hat das AG abgesehen. Der Beteiligte zu 2) hat die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung der Volksbank ... am 22.4.2003 mitgeteilt.

Der Betroffene hat mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 27.5.2003 gegen die Erteilung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung Beschwerde eingelegt, die er unter Darlegung näherer Einzelheiten dahin begründet hat, der Darlehensvertrag verpflichte ihn zu monatlichen Ratenzahlungen i.H.v. 400 Euro aus seinem Renteneinkommen von 1.100 Euro, obwohl dieses unter Berücksichtigung seiner Unterhaltspflicht für zwei Kinder in voller Höhe unpfändbar sei. Der verbleibende Betrag seines und des Einkommens seiner Ehefrau reiche nicht aus, um den Lebensunterhalt der Familie zu gewährleisten. Da er, der Betroffene, ohnehin überschuldet sei, sei ihm ein Verzicht auf einen Teil seines pfändungsfreien Renteneinkommens nicht zuzumuten.

Das LG hat durch Beschluss vom 30.7.2003 die Beschwerde als unzulässig verworfen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Betroffenen, die er mit Schrifts...

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