Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe: Beantragung einer gerichtlichen Umgangsregelung ohne vorherige Beratung des Jugendamtes

 

Leitsatz (redaktionell)

Mutwilligkeit im Sinne des § 114 ZPO liegt nicht vor, wenn ein Elternteil die Herbeiführung einer gerichtlichen Umgangsregelung beantragt, ohne vorher Beratung und Hilfe des Jugendamtes in Anspruch genommen zu haben.

 

Normenkette

BGB § 1684; ZPO § 114

 

Verfahrensgang

AG Blomberg (Aktenzeichen 3 F 202/06)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Dem Antragsteller wird für das Verfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt I aus Hamm ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt.

Kosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

 

Gründe

Die zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.

Die Prozesskostenhilfe kann für das Umgangsverfahren nicht mit der den angefochtenen Beschluss und den Nichtabhilfebeschluss tragenden Begründung wegen Mutwilligkeit verweigert werden.

Es ist nicht mutwillig i.S.d. § 114 ZPO, wenn ein Elternteil zur Regelung des Umgangs gem. § 1684 BGB das FamG anruft, ohne vorher Beratung und Hilfe des Jugendamtes in Anspruch genommen zu haben (OLG Karlsruhe, FamRZ 2004, 1712; OLG Karlsruhe FamRZ 2004, 1115; OLG Hamm FamRZ 2004, 1116). Es gibt keinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass eine bemittelte Partei regelmäßig die außergerichtliche Streitschlichtung suchen werde. Es muss deshalb auch der bedürftigen Partei die Möglichkeit offen bleiben, sich nach eigenem Ermessen zwischen außergerichtlicher Streitschlichtung und gerichtlichem Verfahren zu entscheiden. Ist Letzteres gewählt, hat die Partei einen entsprechenden Rechtsgewährungsanspruch, auch wenn sie bedürftig ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1818321

FamRZ 2007, 1337

OLGR-Mitte 2008, 86

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