Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe: Berücksichtigung der Kosten der Anschaffung und Nutzung eines Pkw
Leitsatz (amtlich)
Im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe sind berufsbedingte Fahrtkosten in entsprechender Anwendung der unterhaltsrechtlichen Grundsätze zu berücksichtigen.
In der Kilometerpauschale sind regelmäßig sämtliche Pkw-Kosten einschließlich derjenigen für Kfz-Steuer, Haftpflichtversicherung, Abnutzung und Finanzierungsaufwand bereits enthalten.
Normenkette
ZPO § 115
Verfahrensgang
AG Gladbeck (Beschluss vom 28.08.2009; Aktenzeichen 20 F 55/09) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin vom 4.9.2009 gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Gladbeck vom 28.8.2009 wird zurückgewiesen.
Gründe
A. Das Rechtsmittel der Klägerin vom 4.9.2009 ist als sofortige Beschwerde nach § 127 II S. 2 ZPO statthaft.
Es ist zulässig, insbesondere fristgerecht gem. § 127 II S. 3 ZPO eingelegt worden.
In der Sache ist die sofortige Beschwerde allerdings nicht begründet.
Die im angefochtenen Beschluss des AG Gladbeck vom 28.8.2009 erfolgte Festsetzung von Raten nach § 115 II ZPO i.H.v. monatlich 60 EUR ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
1. Bezüglich des Nettoeinkommens der Klägerin ist von einem Betrag i.H.v. monatlich 457,49 EUR auszugehen.
Ihre Sammelverdienstbescheinigung für das Jahr 2008, welche sie zusammen mit der Klageschrift vom 10.2.20009 zu den Hauptakten gereicht hat, weist einen Auszahlungsbetrag für das Jahr 2008 i.H.v. insgesamt 5.489,92 EUR aus. Hieraus ergibt sich ein anrechenbares monatliches Nettoeinkommen i.H.v. 457,49 EUR.
2. Das Kindergeld für die Tochter N hat sich zum 1.1.2010 von monatlich 164 EUR auf monatlich 184 EUR erhöht.
3. Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass die Freibeträge nach § 115 I Ziff. 2 lit. a) und Ziff. 1 lit. b) ZPO zum 1.7.2009 auf 395 EUR bzw. 180 EUR angehoben worden sind.
4. Der Senat teilt die Auffassung, wonach Kosten im Zusammenhang mit der Anschaffung und Nutzung eines Pkw im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung in entsprechender Anwendung der unterhaltsrechtlichen Grundsätze zu berücksichtigen sind (vgl. Senat, Beschluss vom 29.4.2010, Az: 2 WF 39/10; Senat, Beschluss vom 12.6.2009, Az: 2 WF 143/09; OLG Jena, Beschluss vom 11.6.2009, Az: 1 WF 126/09, FamRZ 2009, 1848, Juris, Rz. 20; OLG Nürnberg, Beschluss vom 19.5.2008, Az: 9 WF 491/08, FamRZ 2008, 1961, Juris, Rz. 10 f.; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 7.5.2008, Az: 16 WF 65/08, FamRZ 2008, 2288, Juris, Rz. 10; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26.7.2007, Az: 5 WF 63/07, FamRZ 2008, 69, Juris, Rz. 5; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 4.10.2005, Az: 6 UF 87/05, FamRZ 2006, 436, Juris, Rz. 3).
a) Gemäß § 115 I Ziff. 1 lit. a) ZPO i.V.m. § 82 II Ziff. 4 SGB XII sind die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben abzusetzen.
Insbesondere im Hinblick auf die Kilometerpauschale in § 5 II Ziff. 2 JVEG i.H.v. 0,30 EUR erscheint für die Bemessung der Fahrtkosten die Verwendung der Kilometerpauschale in Ziff. 10.2.2 der Hammer Leitlinien i.H.v. ebenfalls 0,30 EUR am ehesten geeignet. Ein Rückgriff auf die Durchführungsverordnung zu § 82 SGB XII, welche in § 3 VI Ziff. 2 lit. a) einen (einmaligen) Pauschalbetrag i.H.v. lediglich 5,20 EUR pro vollem Kilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte vorsieht, ist in § 115 I Ziff. 1 lit. a) ZPO nicht zwingend vorgeschrieben (vgl. OLG Jena, Beschluss vom 11.6.2009, Az: 1 WF 126/09, FamRZ 2009, 1848, Juris, Rz. 20). Ob die sozialrechtliche Pauschale in § 3 VI Ziff. 2 lit. a) DVO die tatsächlich anfallenden Fahrtkosten trotz steigender Kraftstoffpreise überhaupt abzudecken vermag, wird bezweifelt (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 19.5.2008, Az: 9 WF 491/08, FamRZ 2008, 1961, Juris, Rz. 10) b) Im Rahmen der Berechnungen können für eine einfache Fahrt der Klägerin zu ihrem Arbeitsplatz allerdings lediglich 5,5 km berücksichtigt werden.
Ausweislich der Empfehlungen des Routenplaners "H3" (Zugang über Internet) beträgt die kürzeste Verbindung zwischen ihrem Wohnort in der O-Straße in H und ihrem Arbeitsplatz "V" in der I-Straße in H2 5,4 km und verläuft über die L-Allee und die A-Straße. Die Fahrtzeit nimmt 12 min in Anspruch.
Die beiden längeren Verbindungen über die L-Allee, T-Straße und X-Straße sowie über die F-Straße (B) betragen 5,8 km bzw. 6,7 km. Sie sind in 11 min bzw. 10 min zu bewältigen.
Im Rahmen der Gewährung von Prozesskostenhilfe ist die Klägerin verpflichtet, den kürzesten Fahrweg zu nutzen, soweit sie dadurch - wie hier - keine nennenswerten zeitlichen Verzögerungen erleidet. Da sie die "V" ausweislich ihres Vortrages im Hauptsacheverfahren über die Nebenstraße "B-Straße" anfährt, sind im Ergebnis 5,5 km in Ansatz zu bringen.
Unter Berücksichtigung von 4 einfachen Fahrten pro Tag und einer Kilometerpauschale i.H.v. 0,30 EUR resultieren anrechenbare Fahrtkosten i.H.v. monatlich 121 EUR.
c) Zutreffend weist das AG darauf hin, dass in der Kilometerpauschale regelmäßig sämtliche Pkw-Kosten einschließlich derjenigen für Kfz-St...