Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordnungswidrigkeit. Bemessung. Geldbuße. Aufklärung. wirtschaftliche Verhältnisse
Leitsatz (amtlich)
1. Ausführungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen eines Betroffenen sind in der Regel dann nicht erforderlich, wenn eine Geldbuße von weniger als 250,00 € festgesetzt wird, der Betroffene keine Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen macht, Anhaltspunkte für eine Schätzung der wirtschaftlichen Verhältnisse nicht vorliegen und eine weitere Aufklärung der wirtschaftlichen Verhältnisse zu einer Verzögerung der Entscheidung führen würde.
2. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich hierbei um das Regelbußgeld oder ein angemessen erhöhtes Bußgeld handelt.
Normenkette
OWiG § 17 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Bielefeld (Aktenzeichen 39 OWi 1526/14) |
Tenor
Die Sache wird gem. § 80a Abs. 3 OWiG dem Senat für Bußgeldsachen in der Besetzung mit 3 Richtern übertragen (Entscheidung des Einzelrichters).
Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Bielefeld hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 160,00 Euro verurteilt und ihm unter Gewährung von Vollstreckungsaufschub für die Dauer von einem Monat verboten, Kraftfahrzeuge jeder Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen. Zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen hat das Amtsgericht ausgeführt:
"Der zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung 38 Jahre alte Betroffene, der vom persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden war, ist seit Juni 2014 arbeitslos; darüber hinaus hat er keine Angaben zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht."
Zur Bemessung der verhängten Geldbuße hat das Amtsgericht ausgeführt:
"Gegen den Betroffenen war somit eine Geldbuße zu verhängen. Die lfd. Nr. 11.3.6 der Anlage zu § 1 BKatV sieht für einen solchen fahrlässigen Verstoß im Regelfall die Verhängung einer Geldbuße von 120 EUR vor. Die Bußgeldbehörde hat aufgrund der vorliegenden Voreintragung im Verkehrszentralregister im Bußgeldbescheid eine Geldbuße von 160 EUR festgesetzt. Eine solche Erhöhung des Regelsatzes hält auch das Gericht für angemessen, da für den Betroffenen bereits eine Voreintragung wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung im Verkehrszentralregister verzeichnet ist. Auch sind keine besonderen persönlichen, wirtschaftlichen und beruflichen Verhältnisse des Betroffenen vorgetragen, die eine abweichende Festsetzung begründen würden. Allein der Umstand, dass der Betroffene derzeit arbeitslos ist, lässt ohne weitere Angaben zu den wirtschaftlichen Verhältnissen keinen Rückschluss zu, dass diese so beengt sind, dass die Geldbuße nicht angemessen wäre."
Mit der Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird die Verletzung sachlichen Rechts gerügt, was näher ausgeführt wird.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.
II.
Die Rechtsbeschwerde wird zur Fortbildung des Rechts gemäß § 80a Abs. 3 OWiG dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen (Entscheidung des mitentscheidenden Einzelrichters des Senats).
III.
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Die auf die erhobene Sachrüge hin vorzunehmende Überprüfung des angefochtenen Urteils in materiell-rechtlicher Hinsicht lässt Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen nicht erkennen.
1)
Die vom Amtsgericht Bielefeld getroffenen Feststellungen - die ohnehin nicht ausdrücklich angegriffen werden - tragen die Verurteilung wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit. Soweit der Betroffene die angebliche Fehlerhaftigkeit des Tenors rügt, wird er darauf hingewiesen, dass die Urteilsformel bei einer Verurteilung die Angabe der rechtlichen Bezeichnung der Tat, die Festsetzung der Geldbuße, die Kostenentscheidung und gegebenenfalls auch die Anordnung von Nebenfolgen oder etwaigen Zahlungserleichterungen erfordert, hingegen nicht Tatzeit und Tatort (vgl. Senge in Karlsruher Kommentar zum OWiG, 4. Auflage, § 71, Rdnr. 97; Göhler-Seitz, OWiG, 16. Auflage, § 71, Rdnr. 41).
2)
Auch der Rechtsfolgenausspruch hält rechtlicher Überprüfung stand.
a)
Das Amtsgericht hat die nach dem Bußgeldkatalog vorgesehene Geldbuße von 120,00 € aufgrund der einschlägigen Voreintragung in einer im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstandenden Weise angemessen auf 160,00 € erhöht. Einer näheren Erörterung bedarf in diesem Zusammenhang allerdings, dass das Tatgericht keine weiteren Ermittlungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen angestellt hat und der Betroffene nach den getroffenen Feststellungen seit Juni 2014 arbeitslos ist.
Die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Betroffenen sind gegebenenfalls vom Gericht aufzuklären, wobei eine Mitwirkungspflicht des Betroffenen nicht besteht (vgl. KK-OWiG/Mitsch, 4. Auflage, § 17, Rdnr. 86). Daher ist es zunächst zumindest missverständlich, wenn das Tatgericht im Rahmen der...