Leitsatz (amtlich)
1. Der Streitwert für eine Unterlassungsklage richtet sich gem. § 48 Abs. 2 GKG u.a. nach dem Unterlassungsinteresse der Klägerin und damit ihrer aufgrund des zu beanstandenden Verhaltens zu besorgenden wirtschaftlichen Beeinträchtigung.
2. Diesem Interesse wird bei der unerwünschten Veröffentlichung der Kontaktdaten eines Gewerbebetriebes auf einer Internet-Seite sowie der Übersendung von Rechnungs- und Mahnschreiben durch einen Streitwert i.H.v. 4.000 EUR angemessen Rechnung getragen.
Normenkette
GKG § 48 Abs. 2; BGB § 1004 Abs. 1 S. 2, § 823 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Bochum (Beschluss vom 28.08.2013; Aktenzeichen I-13 O 68/13) |
Tenor
Auf die Streitwertbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss der 13. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des LG Bochum vom 28.8.2013 - 13 O 68/13, abgeändert und der Streitwert auf 4.000 EUR festgesetzt.
Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Klägerin betreibt ein Elektrofachunternehmen in X. Die Beklagte betreibt unter der Bezeichnung "Gewerbeauskunft-Zentrale. de" ein Register, in dem sich Unternehmen und Firmen unter Angabe ihrer Firmen- und Betriebsdaten registrieren können. Hierfür verwendet die Beklagte ein Formular, das sie auch an die Klägerin übersandte. Dieses Formular schickte die Mutter des Geschäftsführers der Klägerin unter dem 7.8.2012 ausgefüllt an die Beklagte zurück, weil sie irrtümlich davon ausging, dass es sich hierbei um eine amtliche Datenabfrage handelte. Nach Bemerken des Irrtums erklärte der Geschäftsführer der Klägerin mit Telefax-
Schreiben vom 10.8.2012 die Kündigung des Vertrages. Nichtsdestotrotz erschienen bereits im August 2012 die Daten der Klägerin auf der Internet-Seite der Beklagten. Darüber hinaus übersandte die Beklagte der Klägerin unter dem 21.8.2012 eine Rechnung sowie in der Folgezeit verschiedene Mahnungen. Daraufhin forderte die Klägerin die Beklagte durch Anwaltsschreiben vom 25.1.2013 vergeblich auf, ihre Daten zu löschen und nicht weiter zu verwenden.
Das LG hat der daraufhin erhobenen Unterlassungsklage der Klägerin durch Versäumnisurteil vom 28.8.2013 stattgegeben und gleichzeitig den Streitwert auf 8.000 EUR festgesetzt. Gegen den ihr am 2.9.2013 zugestellten Beschluss richtet sich die am 26.9.2013 beim LG eingegangene Streitwertbeschwerde der Beklagten. Sie ist der Ansicht, dass das LG den Streitwert zu hoch bemessen habe. Diesbezüglich verweist sie auf verschiedene - geringer festgesetzte - Streitwerte in ihres Erachtens vergleichbaren Verfahren, die u.a. die unerwünschte Zusendung von E-Mail-Werbung zum Gegenstand hatten.
Das LG hat der sofortigen Beschwerde unter Hinweis darauf, dass die vorliegende Konstellation nicht mit der Zusendung von unerwünschter Werbung vergleichbar sei, nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die zulässige Streitwertbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Abänderung des landgerichtlichen Beschlusses.
Der Streitwert für nichtvermögensrechtliche Ansprüche wird gem. § 48 Abs. 2 GKG unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls - insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien - nach Ermessen bestimmt. Bei einer Unterlassungsklage ist dabei insbesondere auch das Unterlassungsinteresse der Klägerin und damit ihre aufgrund
des zu beanstandenden Verhaltens zu besorgende wirtschaftliche Beeinträchtigung zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschl. v. 30.11.2004 - VI ZR 65/04; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2008, 262f; OLG Koblenz GRUR 2007, 352; OLG Hamm, MMR 2005, 278).
Unter Zugrundelegung dieser Umstände ist der vom LG festgesetzte Streitwert i.H.v. 8.000 EUR zu hoch, das Interesse der Klägerin an der Löschung der Daten sowie der Unterlassung der weiteren Datenverwendung wird bereits durch einen Streitwert i.H.v. 4.000 EUR angemessen berücksichtigt.
Zwar ist die Klägerin durch die trotz der Kündigung bzw. des Widerrufs versandten Rechnungs- und Mahnschreiben der Beklagten sowie die Veröffentlichung ihrer Daten auf der Internet-Seite der Beklagten belästigt und in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie möglicherweise auch ihrem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb beeinträchtigt worden (vgl. dazu auch BGH, NJW 2009, 2958f; ähnlich auch OLG Hamm MMR 2005, 378; Sprau, in: Palandt, BGB, 72. Aufl. 2013, § 823 Rz. 132). Die durch das Verhalten der Beklagten verursachte Beeinträchtigung wiegt dabei grundsätzlich auch schwerer als die durch die Übersendung unerwünschter Werbeschreiben verursachte Beeinträchtigung (vgl. hierzu OLG Hamm, Beschl. v. 11.4.2013 - 9 W 23/13), weil der Adressat eines Rechnungs- bzw. Mahnschreibens weitere Schritte befürchten muss und diese Schreiben deshalb nicht einfach entsorgen oder unbearbeitet lassen kann. Diesbezüglich hat die Klägerin jedoch keine Einzelheiten vorgetragen, insbesondere ist unklar, wie viele Mahnschreiben die Beklagte versandt hat, wie drängen...