Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein gemeinsames Verwaltungs- und Wirtschaftswesen für selbständige Wohnungseigentümergemeinschaften
Leitsatz (amtlich)
1. Einen Vertrag, durch den die Miteigentümer zweier selbstständiger Wohnungseigentumsgemeinschaften ein gemeinsames Verwaltungs- und Wirtschaftswesen unter Verdrängung der gesetzlichen Verwaltungsbefugnisse der einzelnen Gemeinschaft vereinbaren, ist wegen Verstoß gegen zwingende Vorschriften des Wohnungseigentumsrechts und Umgehung des sachenrechtlichen Typenzwangs nichtig.
2. Die auf der Grundlage eines solchen Vertrages gefassten Beschlüsse einer Versammlung von Miteigentümern beider Gemeinschaften sind als Gesamtakte zu Lasten Dritter nichtig.
Verfahrensgang
LG Bochum (Beschluss vom 12.11.2001; Aktenzeichen 7a T 313/01) |
AG Herne (Aktenzeichen 23 II 4/01 WEG) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Nichtigkeit der auf den Eigentümerversammlungen vom 15.12.2000 und vom 31.5.2001 gefassten Beschlüsse festgestellt wird.
Die Gerichtskosten des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde tragen die Beteiligten zu 1) und 2) je zur Hälfte.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Der Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 20.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1) bilden die beiden aus dem Rubrum ersichtlichen, benachbart gelegenen Eigentümergemeinschaften. Diese sind durch zwei Teilungserklärungen der L. vom 11.3.1994 und deren Vollzug im Grundbuch entstanden. In beiden Teilungserklärungen wurde die Beteiligte zu 2) zur Verwalterin bestimmt.
Die notariellen Kaufverträge des Ersterwerber, darunter auch der der Beteiligten zu 3), enthalten jeweils eine gleichlautende Klausel folgenden Inhalts:
"Der Käufer stimmt dem folgenden von der Wohnungseigentümergemeinschaft noch zu fassenden Beschluss zu:
Die Verwaltung der Wohnanlagen
- E.-ring 1, 3, 5; I.-straße
- E.-ring 10 bis 20 (gerade Zahlen)
- und D.-weg 7-15 (ungerade Zahlen)
wird ein und demselben Verwalter übertragen.
Alle Betriebs-, Unterhaltungs-, Instandhaltungs-, Instandsetzungs- und Reparaturkosten und auch die Kosten der Verwaltung der gleichzeitig verwalteten Anlagen werden nicht je Gemeinschaft getrennt, sondern für alle Gemeinschaften zusammen jährlich ermittelt und unter den Mitgliedern aller Gemeinschaften verteilt. Diese Verteilung erfolgt nach dem Verhältnis der Wohnflächen.
Aus diesem Beschluss soll der gegenwärtige und jeder künftige Verwalter der Wohnungsanlagen unmittelbar Rechte herleiten können. Der Käufer verzichtet deshalb gegenüber dem jeweiligen Verwalter auf eine gesonderte Abrechnung für die Miteigentümergemeinschaft, der er angehört."
Am 16.8.1994 gab der geschäftsführende Gesellschafter der teilenden Eigentümerin sodann eine schriftliche Erklärung ab, die nach Aufzählung verschiedener Eigentumswohnungen unter Angabe der Grundbuchblätter folgenden Inhalt hat:
"Als Eigentümerin der vorbezeichneten Eigentumswohnungen stimmt die Firma L. folgendem Beschluss zu:
Die Verwaltung der Wohnanlagen
- E.-ring 1, 3, 5; I.-straße
- E.-ring 10 bis 20 (gerade Zahlen)
- und D.-weg 7-15 (ungerade Zahlen)
wird ein und demselben Verwalter übertragen.
Alle Betriebs-, Unterhaltungs-, Instanhaltungs-, Instandsetzungs- und Reparaturkosten und auch die Kosten der Verwaltung der gleichzeitig verwalteten Anlagen werden nicht je Gemeinschaft getrennt, sondern für alle Gemeinschaften zusammen jährlich ermittelt und unter den Mitgliedern aller Gemeinschaften verteilt. Diese Verteilung erfolgt nach dem Verhältnis der Wohnflächen.
Aus diesem Beschluss soll der gegenwärtige und jeder künftige Verwalter der Wohnungsanlagen unmittelbar Rechte herleiten können. Es wird deshalb ggü. dem jeweiligen Verwalter auf eine gesonderte Abrechnung für die einzelnen Gemeinschaften verzichtet."
In der Folgezeit wurde entsprechend den vorgenannten Erklärungen verfahren. Für beide Gemeinschaften wurden nur gemeinsame Wirtschaftspläne und Jahresabrechnungen erstellt, die Angelegenheiten beider Gemeinschaften wurden auf einheitlichen Eigentümerversammlungen beraten und beschlossen, die beiden Gemeinschaften mithin insgesamt wie eine Eigentümergemeinschaft behandelt. 1998 wurde die Beteiligte zu 2) auf einer solchen Versammlung erneut zur Verwalterin gewählt.
Am 15.12.2000 fand erneut eine Versammlung "der Wohnanlage E.-ring 1-5, 10-20, D.-weg 7-15" statt. Die erschienenen bzw. vertretenen Eigentümer beider Gemeinschaften fassten hier in einer einheitlichen Abstimmung verschiedene Beschlüsse u.a. hinsichtlich der aufgrund eines früheren gerichtlichen Vergleichs neu erstellten Betriebskostenabrechnungen für 1995 bis 1998 sowie die Betriebskostenabrechnung für 1999.
Die Beteiligten zu 3) haben mit anwaltlichem Schriftsatz vom 9.1.2001, der am 11.1.2001 bei Gericht eingegangen ist, beantragt, die in der Eigentümerversammlung vom 15.12.2000 gefassten Beschlüsse aufzuheben.
Zur Begründung haben sie ausgeführt, dass die einheitlichen Abrechnungen ebenso wie...