Leitsatz (amtlich)

1. Das Ablegen einer EC-Karte in einen sich in den Geschäftsräumen einer Bank befindenden Abfallbehälter zum Zwecke der späteren Leerung und Müllentsorgung stellt keine Dereliktion im Sinne des § 959 BGB dar. Vielmehr wird die Eigentumsaufgabe erst mit der Annahme durch den zuständigen Abfallentsorger zur Vernichtung erfolgen.

2. Die EC-Karte (Codekarte) stellt aufgrund des funktionellen Wertes der Karte für den Täter infolge der durch sie eröffneten Möglichkeit der Geldabhebung mittels der (hier gleichfalls erlangten) PIN keine geringwertige Sache iSv. § 248 a StGB dar.

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Aktenzeichen 14 Ns 71 Js 779/09 (35/10))

 

Tenor

Die Revision wird auf Kosten des Revisionsführers (§ 473 Abs. 1 StPO) als

offensichtlich unbegründet verworfen, da die Überprüfung des angefochtenen

Urteils einenRechtsfehler zum Nachteil des Revisionsführers nicht ergeben hat.

 

Gründe

I.

Das Landgericht hat den Revisionsführer durch Urteil vom 24. August 2010 unter Verwerfung seiner Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Bad Oeynhausen vom 03. Februar 2010 wegen Diebstahls und Computerbetruges in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Einzelfreiheitsstrafen betragen sechs Monate hinsichtlich des Diebstahls und jeweils fünf Monate hinsichtlich der Fälle des Computerbetruges. Das Landgericht hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

Der zur Tatzeit knapp 25 Jahre alte Angeklagte hat im Jahr 2001 die Hauptschule mit dem Abgangszeugnis verlassen. Eine Ausbildung hat er nicht absolviert, sondern in ungelernten Tätigkeiten gearbeitet. Seit eineinhalb Jahren ist er durchgängig arbeitslos und wird von seinen Eltern finanziell unterstützt. Er ist Vater eines etwa drei Jahre alten Kindes, das bei der Kindesmutter lebt. Er konsumiert regelmäßig Alkohol und gelegentlich Marihuana. Seit 2004 ist er mehrfach wegen Diebstahls, Betruges und fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr bestraft worden. Die Strafaussetzungen zur Bewährung aus zwei Urteilen vom 07. Mai 2008 und 25. März 2009 sind inzwischen rechtskräftig widerrufen. Die dort verhängten Gesamtfreiheitsstrafen von einem Jahr und drei Monaten bzw. von vier Monaten verbüßt der Angeklagte derzeit.

Am Tattag reinigte die Mutter des Angeklagten nach Geschäftsschluss die Geschäfts- und Büroräume der Filiale der E Bank in C. Der Angeklagte hatte sie hin und wieder begleitet und ihr bei der Erledigung von Reinigungsarbeiten geholfen. Am 07.09.2009 gegen 17:00 Uhr hielt er sich wiederum mit seiner Mutter dort auf und half ihr bei Reinigungsarbeiten. Dabei bat sie ihn, den Inhalt eines Papierkorbes in einen Müllsack zu entleeren und den Sack nach draußen zu bringen, wo er von einem Entsorgungsunternehmen abgeholt werden sollte. In diesem Papierkorb entdeckte der Angeklagte ein schwarzes Kästchen, das seine Aufmerksamkeit erregte. Er entleerte zunächst den Inhalt des Papierkorbes in den Müllsack, brachte diesen nach draußen, nahm anschließend außerhalb der Sichtweite seiner Mutter das Kästchen an sich und öffnete es. Darin entdeckte er eine EC-Karte und einen Briefumschlag, in dem sich der dazugehörige PIN befand. Die Kontounterlagen und die EC-Karte waren am Morgen des Tattages nach Kündigung seines Geschäftskontos von dem Zeugen K dem Mitarbeiter der E Bank, dem Zeugen E3, ausgehändigt worden. Das Landgericht hat festgestellt, dass das Kästchen samt Inhalt - wohl versehentlich und in Unkenntnis der darin befindlichen EC-Karte nebst PIN - in den Papierkorb in den Geschäftsräumen der Bank gelangte, wobei nicht aufgeklärt werden konnte, wer das Kästchen darin entsorgt hatte. Üblicherweise seien EC-Karten von einem Bankmitarbeiter im Beisein des Kunden zu zerschneiden und anschließend als Sondermüll von einer in E2 ansässigen Spezialfirma zu entsorgen. Der Angeklagte nahm die EC-Karte samt PIN an sich und tätigte sodann in der Zeit zwischen 17:20 Uhr und 18:00 Uhr damit in C bei zwei verschiedenen Banken Abhebungen in Höhe von 400 bzw. 500 €. Danach warf er die EC-Karte weg. Das Geld gab er für eigene Zwecke aus und kaufte davon auch Alkohol. Die Mutter des Angeklagten verlor aufgrund dieses Vorfalls ihren Arbeitsplatz bei der E Bank.

Gegen dieses Urteil wehrt sich der Angeklagte mit der form- und fristgerecht erhobenen Revision. Er trägt vor, das Urteil des Landgerichts Bielefeld beinhalte eine unrichtige Sachdarstellung der Zeugenaussage des Zeugen K. Dieser habe in seiner Vernehmung bestätigt, dass der Bankmitarbeiter die EC-Karte nebst PIN sehr wohl gesehen habe. Nur so erkläre sich, warum der Zeuge E3 - der Bankmitarbeiter - zu einem Fortsetzungstermin zur Vernehmung unentschuldigt nicht erschienen sei.

Zur Sachrüge führt er aus, dass die EC-Karte nebst PIN herrenlos gewesen sei. Die Wertung des Landgerichts sei rechtsfehlerhaft. Die Eigentumsaufgabe der Bank sei darin zu sehen, dass die EC-Karte im Hausmüll und nicht im Sondermüll entsorgt worden sei. Dadurch habe die Bank ausdrückl...

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