Leitsatz (amtlich)
1. Weist der Mietvertrag dem gewerblichen Mieter allein das Risiko einer vom Vermieter nicht zu vertretenden Unterbrechung des Betriebes zu und umfasst diese Risikozuweisung nach der Auslegung auch den Fall der Covid-19-Pandemie, ist der Mieter bei Pandemie bedingter Schließung seines Betriebs nicht berechtigt, nach § 313 BGB eine Anpassung des Mietvertrages zu verlangen.
2. Die Ausübung eines Optionsrechts zur Verlängerung des Mietvertrages durch den gewerblichen Mieter und/oder die Vereinbarung der Verlängerung des Mietvertrages zu den bestehenden Konditionen während der Zeit der Corona-Pandemie, insbesondere während einer Covid-19 bedingten Schließung des Betriebs des Mieters, kann ein Indiz dafür begründen, dass dem Mieter ein Festhalten an dem Mietvertrag zu unveränderten Vertragsbedingungen nicht unzumutbar ist.
Normenkette
BGB §§ 134, 275, 313 Abs. 1, § 535 Abs. 2; EGBGB Art. 240 § 7
Verfahrensgang
LG Bochum (Aktenzeichen 17 O 5/21) |
Tenor
Der Senat weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Beklagten nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.
Es besteht Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.
Gründe
I. Die zulässige Berufung hat nach der einstimmigen Überzeugung des Senates offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
Die Klägerinnen verlangen von der Beklagten Zahlung der vollständigen Miete für die Monate Februar und März 2021 für das von der Beklagten gemietete Gewerbeobjekt, in C, S-Straße / E- Straße.
Die beiden Klägerinnen sind Vermieterinnen von Mieträumlichkeiten, die sich über zwei Grundstücke erstrecken und die einerseits im Eigentum der Klägerin zu 1. und andererseits im Eigentum der Klägerin zu 2. stehen.
Diese Räumlichkeiten werden aufgrund von zwei Mietverträgen in ihrer Gesamtheit von der Beklagten zum Betrieb eines Möbeleinzelhandelsgeschäfts im Einkaufscenter "I Center in C" genutzt.
Nach dem Mietvertrag vom 29.10.2007 zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit der Klägerin zu 1. betrug die Kaltmiete für die von der Klägerin zu 1. überlassenen Räumlichkeiten durch vereinbarte Mietanpassungen im streitgegenständlichen Zeitraum monatlich 50.724,94 EUR (inklusive Mehrwertsteuer). Nach dem Mietvertrag vom 29.10.2007 zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit der Klägerin zu 2. betrug die Kaltmiete für die von der Klägerin zu 2. überlassenen Räumlichkeiten durch vereinbarte Mietanpassungen im streitgegenständlichen Zeitraum monatlich 38.043,71 EUR (inklusive Mehrwertsteuer). In beiden Verträgen sind identische Vertragslaufzeiten und Verlängerungsmöglichkeiten (Optionen) festgeschrieben. Die Ausübung einer Verlängerungsoption in einem Vertrag hat danach automatisch auch die Verlängerung des anderen Vertrages zur Folge.
In § 9 beider Mietverträge haben die Parteien folgendes geregelt:
"1. Falls der Mietgegenstand oder die Gemeinschaftseinrichtung durch Konstruktionsfehler, Feuer, Explosion, Blitz, Sturm, höhere Gewalt, Kriegseinwirkungen oder sonstige Umstände ganz oder überwiegend zerstört oder beschädigt werden, erlischt der Mietvertrag erst, nach dem der Vermieter erklärt hat, dass er einen Wiederaufbau nicht durchführen wird. Der Vermieter hat die Erklärung abzugeben, sobald ihm dies unter Berücksichtigung der versicherungstechnischen Abwicklung und seiner hiermit verbundenen Belange möglich ist.
2. Solange die vertragsgemäße Nutzung des beschädigten oder zerstörten Mietgegenstandes nicht möglich ist, ruht jedoch die Verpflichtung des Mieters zur Zahlung der Miete, von dem auf das Schadensereignis folgenden Tabe an. Bei teilweiser Zerstörung oder Beschädigung entfällt die Mietzahlungspflicht anteilig. Nach erfolgtem Wiederaufbau gelten die Bestimmungen betreffend Übergabe und Zahlung der Miete entsprechend.
[...]
4. Vom Vermieter nicht zu vertretende Unterbrechungen des Betriebes des Mietgegenstandes oder einzelner Mietparteien im Mietobjekt - gleich aus welchem Grund - beeinträchtigen die Mietzahlungsverpflichtung nicht, soweit vorstehend unter Ziffer 1 nichts anderes geregelt ist."
Wegen der weiteren Einzelheiten dieser beiden Verträge wird auf die Anlagen K1 und K8 Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 23.12.2020 machte die Beklagte von ihrem Optionsrecht Gebrauch und verlängerte die Mietzeit für das Objekt bis zum 31.12.2025.
Aufgrund der Corona-Pandemie, musste die Beklagte nach der Coronaschutzverordnung NRW den Ladenverkauf in den angemieteten Räumlichkeiten ab dem 16.12.2020 schließen bzw. stark einschränken. Für den Monat Februar 2021 zahlte sie 10 % der jeweiligen Miete und für den Monat März 2021 90 % der jeweiligen Miete. So blieben im Mietverhältnis mit der Klägerin zu 1. für Februar und März 2021 ein Betrag von insgesamt 50.724,94 EUR und im Mietverhältnis mit der Klägerin 2. ein Betrag von insgesamt 38.043,71 EUR offen.
Unter dem 24.03.2021/30.03.2021 schloss die Beklagte mit der Klägerin zu 1. eine Nachtragsvereinbarung zum Mietvertrag, in der die Parteien einen Umbau des Mietobjektes (N...