Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe für Insolvenzverwalter
Leitsatz (amtlich)
Die Verweigerung von Prozesskostenhilfe für den Insolvenzverwalter erfordert die positive Feststellung, dass die Kostenaufbringung den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten zumutbar ist.
Normenkette
ZPO § 116 S. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Detmold (Aktenzeichen 9 O 64/04) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der angefochtene Beschluss aufgehoben. Die Sache wird zur Neubescheidung seines Prozesskostenhilfeantrages - hinsichtlich der hinreichenden Erfolgsaussichten - mit der Maßgabe an das LG Detmold zurückverwiesen, dass die Voraussetzungen des § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO vorliegen.
Tatbestand
Der Kläger beantragt als Insolvenzverwalter die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Klage. Die Masse verfügt nicht über hinreichende liquide Mittel, um die Kosten des Rechtsstreits von ca. 3.000 EUR aufzubringen.
Bei erfolgreicher Durchsetzung der Klageforderung würde sich die Masse für die allenfalls vorschusspflichtigen Insolvenzgläubiger um knapp 12.600 EUR erhöhen. Die Insolvenzquote stieg um 0,25 % auf 1,88 %.
Das LG hat Prozesskostenhilfe mit der Begründung versagt, es sei den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten zuzumuten, die Kosten aufzubringen.
Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers.
Entscheidungsgründe
Die nach §§ 127 Abs. 2 Nr. 2, 3, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat Erfolg; sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung an das LG nach § 572 Abs. 3 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO liegen vor. Nach dieser Vorschrift erhält eine Partei kraft Amtes - hier der Kläger als Insolvenzverwalter - auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können (1.) und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen (2.).
1. Zutreffend hat der Leiter des Dezernats 10 der Verwaltungsabteilung des OLG in seiner Stellungnahme vom 18.2.2005 ausgeführt, dass die Masse nicht über hinreichend liquide Mittel verfügt, um die Kosten des beabsichtigten Rechtsstreits von rund 3.000 EUR aufzubringen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierauf Bezug genommen.
2. Entgegen der Ansicht des LG und der in der Stellungnahme des Leiters des Dezernats 10 des OLG vertretenen Meinung kann nicht festgestellt werden, dass es den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen.
Es kann dahinstehen, ob bereits bei einer nur geringen Quote den Insolvenzgläubigern die Aufbringung der Prozesskosten nicht zuzumuten ist (so der Senat früher in anderer Besetzung OLG Hamm v. 27.11.1989 - 8 W 72/89, ZIP 1990, 595; vgl. ferner Musielak/Fischer, 4. Aufl., § 116 ZPO Rz. 9, m.w.N.). Nach der zutreffenden Berechnung in der Stellungnahme des Leiters des Dezernates 10 vom 18.2.2005 beträgt die Insolvenzquote 0,25 %, wenn auf den Prozess gegen den Beklagten verzichtet würde, und 1,88 %, sofern der Rechtsstreit geführt würde.
Jedenfalls erfordert die Verweigerung von Prozesskostenhilfe die positive Feststellung, dass die Kostenaufbringung zumutbar ist. Dies kann aber aus der Sicht eines vernünftigen Dritten, die bei der Prüfung der Zumutbarkeit auch zu berücksichtigen ist (OLG Rostock ZIP 2003, 1721 [1722]; Musielak/Fischer, 4. Aufl., § 116 ZPO Rz. 9), nicht festgestellt werden. Ein verständiger Dritter wäre nicht zweifelsfrei bereit, die Prozesskosten vorzuschießen. Allein die Quotenverbesserung (Verhältnis von Aufwand und Ertrag; vgl. dazu OLG Köln v. 28.5.1999 - 2 W 84/99, OLGReport Köln 2000, 19 = MDR 2000, 5) begründet die Zumutbarkeit nicht. Wie der Leiter des Dezernats 10 zwar zutreffend ausführt, beträgt der Zuwachs der Masse für die (ggf. vorschusspflichtigen) Insolvenzgläubiger insgesamt knapp 13.600 EUR und übersteigt daher die aufzuwendenden Prozesskosten erheblich. Allerdings steht schon nicht fest, ob dieser Gewinn - notfalls in der Vollstreckung - bei dem Beklagten zu realisieren sein wird. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung, die auch Risiken sachgerecht zu berücksichtigen hat (vgl. Gundlach/Frenzel/Schmidt, Die Gewährung von Prozesskostenhilfe an den Insolvenzverwalter, NJW 2003, 2412 [2415]), kann davon hier nicht ohne weiteres ausgegangen werden; konkrete Anhaltspunkte sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Fundstellen
Haufe-Index 1397619 |
ZIP 2005, 2032 |
OLGR-Mitte 2005, 483 |