Entscheidungsstichwort (Thema)
Kfz-Kaskoversicherung: Versicherungsschutz im asiatischen Teil der Türkei; Beratungspflicht des Versicherers
Leitsatz (amtlich)
Der Kfz-Kaskoversicherer schuldet keine Beratung darüber, dass nach dem Vertrag im asiatischen Teil der Türkei kein Versicherungsschutz besteht, wenn
- zwar der Versicherungsnehmer einen augenscheinlich "türkischen" Namen hat,
- der Versicherer aber keine konkrete Kenntnis über Reiseabsichten des deutschen VN in den asiatischen Teil der Türkei hatte (Abgrenzung zu OLG Stuttgart, Urt. v. 08.04.1993 - 7 U 263/92),
- wobei es auf etwa weitergehende Kenntnisse des den Vertrag vermittelnden Maklers nicht ankommt;
- und zwar auch dann, wenn der VN in der Folgezeit - zur Kfz-Haftpflichtversicherung - eine "grüne Versicherungskarte" angefordert und erhalten hat, in welcher zwar das Länderkürzel "TR" nicht gestrichen ist,
- in welcher aber ausdrücklich vermerkt ist, dass es für den Bereich der Kaskoversicherung bei der räumlichen Beschränkung auf das Gebiet von Europa und der außereuropäischen Gebiete der Europäischen Union verbleibt (Abgrenzung zu OLG Oldenburg, Urt. v. 29.09.1999 - 2 U 157/199).
Verfahrensgang
LG Essen (Aktenzeichen 18 O 107/19) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.
Es wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.
Gründe
I. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung auf Grund mündlicher Verhandlung erfordern und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist.
Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufungsangriffe der Klägerin aus der Berufungsbegründung vom 30.12.2019 greifen nicht durch.
1. Der Klägerin steht weder aus dem zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrag noch unter Schadensersatzgesichtspunkten ein Anspruch auf Zahlung von 9.292,07 EUR nebst Zinsen zu.
a) Ein entsprechender Anspruch ergibt sich nicht aus dem Versicherungsvertrag in Verbindung mit § 1 S. 1 VVG zu.
aa) Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist der Versicherungsschutz für die Kaskoversicherung in A.2.4 der dem Vertrag zugrunde liegenden "Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung" (im Folgenden: AKB, Bl. 325 ff. der elektronischen Gerichtsakte erster Instanz, im Folgenden: eGA-I) in geographischer Hinsicht wirksam auf Europa und die zum Geltungsbereich der Europäischen Union gehörenden Gebiete beschränkt. Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin ereigneten sich die beiden von ihr behaupteten Unfälle jedoch im asiatischen Teil der Türkei und damit außerhalb des in A.2.4 AKB bezeichneten Gebiets.
bb) Die in erster Instanz aufgestellte Behauptung der Klägerin, sie habe mit dem Mitarbeiter I ausdrücklich besprochen, dass ihr auch ein Versicherungsschutz für das Gebiet der Türkei wichtig sei (eGA-I 12, 287), ist für die Frage des Bestehens eines vertraglichen Anspruchs der Klägerin gegen die Beklagte unerheblich. Denn die Klägerin ist dem Vortrag der Beklagten (eGA-I 182, 299), wonach es sich bei Herrn I um einen im Versicherungsmaklerbüro "D" tätigen Makler handele, nicht entgegen getreten. Zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, dass der Umstand, dass Herr I im Kopf des Versicherungsscheins (eGA-I 18) unter der Überschrift "Es betreut Sie: [...]" aufgeführt ist, an dieser Beurteilung nichts ändert. Die Voraussetzungen, unter denen eine Erklärung gegenüber Herrn I Wirkung für und gegen die Beklagte entfaltete, liegen angesichts dessen nicht vor. Ob für den Fall, dass die Klägerin die behauptete Erklärung gegenüber dem Makler abgegeben hat, Schadensersatzansprüche gegen diesen bestünden, bedarf hier keiner Entscheidung.
bb) Dem Vorbringen in der Berufungsbegründung, die Übersendung der grünen Versicherungskarte, in der unstreitig das Länderkürzel "TR" nicht gestrichen war, führe zu einer individualvertraglichen Erweiterung des Versicherungsschutzes, vermag der Senat nicht zuzustimmen. Wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, betrifft die grüne Versicherungskarte unmittelbar nur den Bereich der Kfz-Haftpflichtversicherung. Ein verständiger Versicherungsnehmer konnte die Übersendung dieser grünen Versicherungskarte vorliegend schon deshalb nicht als Angebot auf eine räumliche Erweiterung des Kasko-Versicherungsschutzes verstehen, weil auf der von der Klägerin selbst als Anlage K7 überreichten Versicherungskarte (eGA-I 296) ein ausdrücklicher Hinweis vermerkt ist, wonach es hinsichtlich der Kaskoversicherung beim Versicherungsschutz für Europa und die außerhalb Europas liegenden Gebiete der Europäischen Union verbleibt.
b) Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht unter Schadensersatzgesichtspunkten aus § 6 Abs. 5 VVG, der für bedarfsbezogene Pflichten und deren Verletzung eine Sonderregelung gegenüber den §§ 241 Abs. 2, 280 A...