Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer Vollmacht im Grundbucheintragungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Führt die Auslegung einer Vollmacht nach den Grundsätzen für die Auslegung von Grundbucherklärungen zu einem bestimmten Auslegungsergebnis, so kann dieses nicht durch die Einbeziehung von Umständen außerhalb der Urkunde in Zweifel gezogen werden, die im Rahmen der methodisch beschränkten Auslegung im Grundbuchverfahren nicht berücksichtigt werden können.
2. Das Grundbuchamt hat nur dann der Frage einer ausnahmsweise anzunehmenden Formbedürftigkeit einer erteilten Vollmacht nachzugehen, wenn die ihm vorgelegten Eintragungsunterlagen zu konkreten Zweifeln in diese Richtung Anlass geben.
3. Allein der Ablauf eines Zeitraumes von 15 Jahren zwischen der Erteilung der Vollmacht und der Vornahme des Rechtsgeschäfts durch den Bevollmächtigten gibt im Grundbuchverfahren keinen Anlass zu Zweifeln am Fortbestand der Vollmacht.
Normenkette
GBO § 29; BGB §§ 133, 167 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Arnsberg (Beschluss vom 06.02.2004; Aktenzeichen 6 T 42/04) |
AG Brilon (Aktenzeichen Grundbuch von Alme Bl. 0565) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 100.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das hier betroffene Waldgrundstück in einer Größe von ca. 35 ha war ursprünglich im Grundbuch von C. Bd. 11 Bl. 1 gebucht, und zwar als Teil des dort verzeichneten umfangreichen land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitztes der Familie Y. von Y. Als Eigentümer war im Jahre 1912 zunächst eingetragen worden Franz Y. von Y., seit dem 26.3.1923 aufgrund eines Erbscheins des AG S. dessen Sohn Y. von Y. Ehefrau des weiteren Sohnes B. von Y. war T. von Y. Diese erteilte in notariell beglaubigter Erklärung vom 24.6.1947 (UR-Nr. .../... Notar H. in N.) u.a. dem Rentmeister H. die Vollmacht,
"mich in der Vermögensauseinandersetzung der Familie YY. zu vertreten und alles dazu Erforderliche zu tun, insb. auch alle Erklärungen abzugeben, die zweckmäßig oder erforderlich sind, um für mich aus dem Familienvermögen Grundbesitz zu erwerben oder über solchen zu verfügen".
Aufgrund dieser Vollmacht wurde das vorbezeichnete Grundstück aufgrund notariellen Vertrages vom 30.6.1947 an T. von Y. übertragen und aufgelassen. Aus den schuldrechtlichen Vereinbarungen dieses Vertrages ergibt sich, dass diese Übertragung im Hinblick auf Ansprüche erfolgte, die von T. von Y. gegen den Nachlass des Grafen G. von Y. erhoben worden waren, über deren Berechtigung ebenso wie diejenige erhobener Ansprüche anderer Familienangehöriger ein durch Testament eingerichtetes Schiedsgericht entscheiden sollte. Der vereinbarte Kaufpreis wurde deshalb gestundet. Gleichzeitig verpflichtete sich die Erwerberin zur Rückübertragung des Grundstücks für den Fall, dass das Schiedsgericht ihre Ansprüche nicht als berechtigt anerkennen sollte. Zur Sicherung des Rückübertragungsanspruchs wurde die Eintragung einer Vormerkung im Grundbuch bewilligt. Aufgrund dieses Vertrages wurde T. von Y. am 4.7.1947 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen, und zwar nach Abschreibung des Bestandes in dem neu angelegten Grundbuch von C. Bd. 14 Bl. 254; die erwähnte Vormerkung wurde am 14.10.1948 im Grundbuch eingetragen.
In notarieller Urkunde vom 24.8.1962 (UR-Nr. 172/1962 Notar Dr. H2 in E.) wurde das genannte Grundstück an Dr. Y. aufgelassen. T. von Y. wurde bei dieser Beurkundung vertreten durch den Oberrentmeister H., und zwar aufgrund der erwähnten Vollmacht vom 24.6.1947, die in einer von dem Urkundsnotar beglaubigten Abschrift der Auflassungsverhandlung beigefügt und mit dieser am 27.11.1962 dem Grundbuchamt zum Vollzug eingereicht wurde. Das Grundbuchamt trug am 13.12.1962 Dr. Y. als neuen Eigentümer des Grundstücks ein.
T. von Y. verstarb am 2.2.1977. Sie wurde ausweislich des Erbscheins des AG C2 vom 26.9.2003 von ihren Kindern beerbt, und zwar der Verfahrensbeteiligten zu 1/3 und Dr. Y. 2/3 Anteil.
Letzterer übertrug das genannte Grundstück zusammen mit anderen Grundstücken durch notariellen Vertrag vom 28.2.1986 an seinen Sohn Y. von Y., der unter gleichzeitiger Übertragung des Bestandes in das oben genannte Grundbuchblatt am 29.4.1986 als Eigentümer eingetragen wurde. Ferner wurde am 8.7.1986 in Abt. II Nr. 11 für Dr. Y. ein Nießbrauchsrecht eingetragen.
Die Beteiligte hat mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 12.1.2004 bei dem Grundbuchamt beantragt, gegen die Eigentümereintragung des Y. von Y. sowie die Eintragung des Nießbrauchs für Dr. Y. einen Amtswiderspruch einzutragen. Zur Begründung hat sie mit näheren Ausführungen geltend gemacht, T. von Y. sei bei der Auflassungsverhandlung vom 24.8.1962 nicht wirksam vertreten worden. Die Vollmacht vom 24.6.1947 decke bereits inhaltlich nicht die Übertragung des Grundstücks an Dr. Y., von deren Unentgeltlichkeit ausgegangen werden müsse. Im Übrigen sei das Grundbuchamt im Hinblick auf den seit der Erteilung der Vollmacht verstrichenen Zeitraum von 15 Jahren gehalten gewes...