Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitliche Befristung des Betreuungsunterhalts nach § 1615l BGB
Leitsatz (amtlich)
Die grundsätzliche zeitliche Befristung in § 1615l Abs. 2, S. 3, 2. Halbs. BGB, wonach der Anspruch der nichtehelichen Mutter auf Betreuungsunterhalt auf bis zu 3 Jahre nach der Geburt des Kindes befristet ist, verstößt gegen Art. 6 Abs. 5 des Grundgesetzes.
Verfahrensgang
AG Bocholt (Beschluss vom 08.07.2002; Aktenzeichen 15 F 172/02) |
Nachgehend
Tenor
Das Verfahren wird ausgesetzt und die Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt, ob § 1615l Abs. 2, S. 3, 2. Halbs. BGB mit Art. 6 Abs. 5 des Grundgesetzes unvereinbar ist.
Gründe
I. Die Klägerin ist die Mutter, der Beklagte der Vater des am 18.4.1997 geborenen Kindes ..., das bei der Klägerin lebt und von dieser betreut wird. Die Parteien sind und waren nicht miteinander verheiratet.
Durch Urteil des LG Münster vom 14.8.1998 - 3 F 87/98 - wurde der Beklagte verurteilt, an die Klägerin für die Zeit bis zum 17.4.2000 einen monatlichen Unterhalt i.H.v. 1.230 DM zu zahlen. Die Klägerin hat am 15.5.2001 ein weiteres nichteheliches Kind ... geboren. Der Vater von ... wurde durch Urteil des OLG Düsseldorf vom 13.12.2002 - 3 UF 116/02 - u.a. verurteilt, an die Klägerin monatlichen Unterhalt i.H.v. 211 Euro von Februar 2002 bis Mai 2004 zu zahlen. Die Klägerin hat außerdem zwei Kinder aus einer geschiedenen Ehe. Während der Sohn von ihrem früheren Ehemann aufgezogen wurde, lebt die am 4.12.1985 geborene Tochter ... bei ihr.
Mit einem am 30.4.2002 beim AG Bocholt eingegangenen Schriftsatz beantragte die Klägerin nach vergeblicher Aufforderung des Beklagten zur Zahlung weiteren Betreuungsunterhalts vom 29.1.2002 Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Unterhalt i.H.v. monatlich 451 Euro ab 1.2.2002. Der Höhe nach begründete sie ihren Anspruch damit, dass das Einkommen des Beklagten bei 1.880 Euro netto liege und der Bedarf der Klägerin bei 840 Euro. Abzüglich 389 Euro, die der Vater von ... schulde, ergebe sich der beantragte Unterhalt.
Mit Beschluss vom 8.7.2002 lehnte das AG Bocholt den Antrag der Klägerin auf Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht unter Hinweis auf die Befristung des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt auf drei Jahre nach der Geburt in § 1615l Abs. 2 BGB ab. Die hiergegen von der Klägerin eingelegte Beschwerde wies der Senat (in anderer Besetzung) mit Beschluss vom 28.8.2002 ebenfalls mit der Begründung zurück, dass der Anspruch nach § 1615l Abs. 2 BGB grundsätzlich auf drei Jahre nach der Geburt beschränkt sei und Umstände, wonach diese zeitliche Befristung im vorliegenden Fall grob unbillig sei, nicht vorgetragen seien. Der Senat hat sich in diesem Beschluss auch mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit der zeitlichen Befristung befasst und diese bejaht, da diese Beschränkung des Unterhaltsanspruchs der nichtehelichen Mutter ggü. einem Anspruch des geschiedenen Ehegatten aus § 1570 BGB durch eine verfassungskonforme Auslegung der Einschränkungen in § 1615l BGB aufgefangen werden könne, so dass eine generelle Gleichstellung der Ansprüche verfassungsrechtlich nicht erforderlich oder geboten sei. Im Übrigen sei in Bezug auf die Regelung des § 1570 BGB zu bedenken, dass der Umfang und die Dauer des nachehelichen Unterhaltsanspruchs zumindest teilweise nur durch die vorangegangene Ehe und die damit verbundene nacheheliche Solidarität geprägt sei, während dieser Gesichtspunkt im Falle des § 1615l BGB nicht von Bedeutung sei, da sich dieser Anspruch auch aus einem flüchtigen und kurzzeitigen Kontakt herleiten könne, was eine vollständige Gleichstellung der jeweiligen Ansprüche der Kindesmutter nicht angezeigt erscheinen lasse.
Auf die daraufhin eingelegte Verfassungsbeschwerde der Klägerin hat die 3. Kammer des 1. Senats des BVerfG am 4.2.2004 die Beschlüsse des AG Bocholt vom 8.7.2002 und des OLG Hamm vom 28.8.2002 aufgehoben und die Sache an das AG Bocholt zurückverwiesen, weil die Klägerin durch diese Beschlüsse in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes verletzt worden sei. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 1615l BGB sei nämlich eine weder einfach noch eindeutig zu entscheidende Frage, die geeignet wäre, im summarischen Verfahren entschieden zu werden. So seien die den Betreuungsunterhalt regelnden Vorschriften des § 1615l BGB und § 1570 BGB Ausdruck der Elternverantwortung und dienten dazu, die persönliche Betreuung des Kindes durch einen Elternteil zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund erscheine die Verfassungsmäßigkeit der unterschiedlichen Ausgestaltung des Betreuungsunterhalts im Hinblick auf das aus Art. 6 Abs. 5 GG folgende Gebot der Gleichbehandlung von unehelichen und ehelichen Kindern jedenfalls fraglich. Durch die Entscheidung dieser Frage im summarischen Prozesskostenhilfeverfahren würde der mittellosen Beschwerdeführerin die Möglichkeit genommen, im Hauptsacheverfahren durch vertiefte Darstellung des eigenen Rechtsstandpunktes auf die ...