Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit
Leitsatz (redaktionell)
Reagiert ein Richter im Verfahren der Ehelichkeitsanfechtung auf die Behauptung, das Kind sei „untergeschoben” worden mit der Androhung von Ordnungsmitteln, liegt ein Grund für objektive Zweifel an seiner Unparteilichkeit vor.
Normenkette
ZPO § 42 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Unna (Beschluss vom 08.12.2006; Aktenzeichen 12 F 481/03) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners vom 15.12.2006 wird der Beschluss des AG - FamG - Unna vom 8.12.2006 aufgehoben.
Das Ablehnungsgesuch des Antragsgegners vom 20.10.2006 gegen Richter am AG H wird für begründet erklärt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Die Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit findet gem. § 42 Abs. 2 ZPO dann statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen dessen Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dabei muss es sich um einen objektiven Grund handeln, der vom Standpunkt des Ablehnenden aus die Befürchtung erwecken kann, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber. Rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen und Gedankengänge scheiden als Ablehnungsgrund aus. Entscheidend ist, ob ein Prozessbeteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unparteilichkeit eines Richters zu zweifeln (Zöller § 42, Rz. 9, BGH v. 14.3.2003 - IXa ZB 27/03, MDR 2003, 892 = BGHReport 2003, 755 = NJW-RR 2003, 1220 m.w.N.).
Dabei ist in Zweifelsfällen im Sinne einer Stattgabe des Ablehnungsgesuchs zu entscheiden (Zöller, a.a.O., Rz. 10).
Jedenfalls ein solcher Zweifelsfall liegt hier vor.
Der Antragsgegner hat, als Partei angehört, in der mündlichen Verhandlung dargelegt, aufgrund welcher Umstände er Zweifel an dem Wahrheitsgehalt der Angaben der Antragstellerin zu seiner Vaterschaft hat. Dabei hat er u.a. Rückschlüsse aus dem Umstand gezogen, dass sie unstreitig unwahre Angaben zu ihrer Berufsausbildung sowie deren Abschluss gemacht hat und, dass für sie ohne die Schwangerschaft die Notwendigkeit bestanden hätte, sich mit dem gefälschten Abschlusszeugnis eine Arbeitsstelle zu suchen.
Er hat die Vermutung geäußert, das Kind sei ihm "untergeschoben" worden und dabei auf Schätzungen zum Anteil von "Kuckuckskindern" Bezug genommen.
Weder dem Protokoll noch der dienstlichen Äußerung des abgelehnten Richters ist zu entnehmen, dass der Antragsgegner dabei heftig geworden ist oder sich sonst im Ton vergriffen hat. Allein die verwendeten Begriffe stellen im Kontext eines behaupteten Eheaufhebungsgrundes oder einer Ehelichkeitsanfechtungsklage keine Entgleisung oder Beleidigung dar.
Aufgrund dieses Vortrages des Antragsgegners hat der abgelehnte Richter ihm den Hinweis erteilt, das Verfahren sei sachlich und ohne Beleidigungen zu führen. Er hat dem Antragsgegner unter Androhung von Ordnungsmitteln auferlegt, zukünftige unsachliche und beleidigende Äußerungen zu unterlassen.
Auch, wenn der Richter die vom Antragsgegner aufgrund der Fälschung des Zeugnisses gezogenen Schlüsse zum Wahrheitsgehalt anderer Angaben der Antragstellerin nicht zieht, liegt darin eine Wertung des Sachvortrages des Antragsgegners, die aus dessen Sicht geeignet ist, Zweifel an der Unparteilichkeit zu begründen.
Fundstellen
FamRZ 2007, 835 |
OLGR-Mitte 2007, 736 |
www.judicialis.de 2007 |