Leitsatz (amtlich)

Zum Absehen vom Fahrverbot in einem Wiederholungsfall

 

Verfahrensgang

AG Arnsberg (Entscheidung vom 02.12.2003)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Arnsberg zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Geldbuße in Höhe von 180,- EUR festgesetzt.

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts überschritt der Betroffene am 31. März 2003 mit dem PKW mit dem amtlichen Kennzeichen ... auf der BAB in Arnsberg die dort außerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h fahrlässig um 28 km/h.

Zuvor war gegen den Betroffenen mit Bußgeldbescheid vom 5. Juni 2002, rechtskräftig seit dem 21. Juni 2002, wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 27 km/h außerhalb geschlossener Ortschaft eine Geldbuße von 50,- EUR festgesetzt worden.

Zum Rechtsfolgenausspruch hat das Amtsgericht Folgendes ausgeführt:

Die Voreintragung beträgt 27 km/h auch außerhalb einer geschlossenen Ortschaft und würde für sich auch kein Fahrverbot beinhalten. Die erneute Geschwindigkeitsüberschreitung liegt neun Monate danach und beinhaltet eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 28 km/h. Dies würde auch kein Fahrverbot nach sich ziehen.

Ein Fahrverbot kommt jedoch gemäß § 2 Bußgeldkatalogverordnung in Betracht. Dies ist jedoch eine Regelvorschrift, von der Ausnahmen möglich sind. Durch das Schreiben der euro-shopdesign Firma Bl. 38 der Akten hat der Betroffene ausreichend dargelegt, dass seine Arbeitsstelle gefährdet ist, wenn er ein einmonatiges Fahrverbot in Kauf nehmen müsste. Danach ergibt sich eindeutig, dass der Betroffene keinerlei Zusicherung bekommt, wieder in seinem Beruf arbeiten zu können.

Da beide Geschwindigkeitsüberschreitungen kein Fahrverbot nach sich ziehen würden, die Zeit zwischen den beiden Geschwindigkeitsüberschreitungen neun Monate beträgt und beide Geschwindigkeitsüberschreitungen außerhalb geschlossener Ortschaft stattgefunden haben, ist eine Ausnahme von dem Fahrverbot angemessen.

Die an sich fällige Geldbuße von 50,- EUR wurde auf 180,- EUR festgesetzt und damit mehr als verdreifacht. Der erstrebte Besinnungs- und Erziehungseffekt kann auch durch die Verhängung eines erhöhten Bußgeldes erreicht werden. So ist es im vorliegenden Fall.

Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete, auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Arnsberg, der die Generalstaatsanwaltschaft beigetreten ist.

II.

Das Rechtsmittel hat einen zumindest vorläufigen Erfolg.

1.

Die von der Staatsanwaltschaft vorgenommene Beschränkung der Rechtsbeschwerde ist wirksam, da die getroffenen tatsächlichen Feststellungen die Verurteilung wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit tragen.

2.

Die Überprüfung des Rechtsfolgenausspruches lässt aber Rechtsfehler erkennen, die zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung insoweit führen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, welche dem Amtsgericht Arnsberg bekannt ist (vgl. 4 Ss OWi 164/03 OLG Hamm - Beschluss des Senats vom 4. März 2003), kann zwar von der Verhängung eines gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 BKatV indizierten Regelfahrverbots ausnahmsweise - ggf. unter Erhöhung der Regelgeldbuße - abgesehen werden, wenn erhebliche Härten oder eine Vielzahl gewöhnlicher Umstände vorliegen, die es unangemessen erscheinen lassen, den Betroffenen trotz des groben bzw. beharrlichen Pflichtenverstoßes mit einem Fahrverbot zu belegen. Die Tatrichterin muss für diese ihre Überzeugung vom Vorliegen eines Ausnahmefalles jedoch eine auf Tatsachen gestützte Begründung geben, die sich nicht nur in einer unkritischen Wiedergabe der Einlassung des oder der Betroffenen erschöpfen darf. Zwar ist es der Tatrichterin nicht schlechthin verwehrt, einer Behauptung zu glauben. Entlastende Angaben der Betroffenen, die sich auf das Vorliegen einer persönlichen Ausnahmesitutation berufen und regelmäßig ein großes Interesse daran haben werden, der Verhängung eines Fahrverbotes zu entgehen, dürfen jedoch nicht ohne weitere Prüfung vorgenommen werden. Ggf. muss darüber Beweis erhoben werden.

Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil erneut nicht gerecht.

Die Generalstaatsanwaltschaft weist zu Recht darauf hin, dass die Urteilsgründe hinreichend konkrete und für das Rechtsbeschwerdegericht überprüfbare Feststellungen zu einem drohenden Arbeitsplatzverlust, der ein Absehen von der Verhängung eines Fahrverbotes rechtfertigen könnte, vermissen lassen. Das in den Urteilsgründen genannte Schreiben einer Firma "euro-shopdesign" gibt dazu keinerlei Aufschluss. Es wird weder der Inhalt des Schreibens mitgeteilt, noch ist ersichtlich, in welcher Beziehung der Betroffene zu dieser Firma steht. Zur Aufklärung der arbeitsrechtlichen Folg...

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