Entscheidungsstichwort (Thema)
Hofeigenschaft. Wirtschaftswert
Leitsatz (amtlich)
Der in einem förmlichen Einheitswertbescheid des Finanzamtes (zunächst) festgestellte Wirtschaftswert einer landwirtschaftlichen Besitzung ist nicht uneingeschränkt im Hoffestellungsverfahren verbindlich. Vielmehr ist im Feststellungsverfahren nach § 11 HöfeVfO zur Beurteilung des festgestellten Wirtschaftswertes zutreffend auf eine von den Landwirtschaftsgerichten im Lauf des Feststellungsverfahrens eingeholte Auskunft des Finanzamtes abzustellen, die den Wirtschaftswert bezogen auf den entscheidungsrelevanten Zeitraum unter Berücksichtigung für den Ertragswert relevanter eingetretener Veränderungen neu festgestellt hat (s.auch BGH Beschluss vom 15.04.2011, BLw 9/10).
Normenkette
HöfeO § 1; HöfeVfO § 11
Verfahrensgang
AG Bielefeld (Aktenzeichen 3 Lw 26/10) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) wird der Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgericht - Bielefeld vom 20.09.2011 (3 Lw 12/11) abgeändert.
Es wird festgestellt, dass der im Grundbuch von Z1 Bl. 131 - Amtsgericht Bielefeld - eingetragene Grundbesitz beim Tode des Erblassers J S2 am 10.06.2010 kein Hof im Sinne der Höfeordnung war.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden dem Beteiligten zu 3) auferlegt.
Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten findet nicht statt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Beteiligten sind Brüder und Kinder der Eheleute J (geb. 20.11.1920) und J (geb. 20.08.1923). Ihr Vater ist am 10.06.2010 verstorben, die Mutter verstarb am 22.10.2010.
Der Vater der Beteiligten J war (zuletzt im Nebenerwerb) Landwirt gewesen und Eigentümer der im Grundbuch von Z1 Bl. 131 eingetragenen Grundbesitzung zur Größe von 3,3752 Hektar sowie Miteigentümer eines Wegegrundstücks, eingetragen im Grundbuch von Z1 Bl. 115.
Die Mutter der Beteiligten war Eigentümerin des im Grundbuch von Z2 Bl. 742 eingetragenen Grundstücks - einer Ackerlandfläche zur Größe von 1,4468 Hektar - gelegen an der Z1-Straße.
Beim Tod des Vaters der Parteien hatte der Beteiligte zu 3) dessen "landwirtschaftlichen Betrieb" bereits geraume Zeit gepachtet, wobei weiteres Ackerland zugepachtet war. Die der Mutter gehörende Ackerfläche an der Z1-Straße war anderweitig verpachtet.
Bis zum Jahr 2004 wurde auf der Grundbesitzung des Vaters noch Schweinemast betrieben, seither wurden die landwirtschaftlichen Flächen einschließlich angepachteter benachbarter Flächen ausschließlich zum Zwecke des Getreideanbaus bewirtschaftet.
Der Grundbesitz des Vaters war bei seinem Tode mit einem Wohnhaus - ausgestattet mit 3 Wohnungen - bebaut. In dem Nebengebäude des Anwesens sind 4 Garagenplätze vorhanden; dort sind auch verschiedene landwirtschaftliche Gerätschaften untergestellt, mit denen der Beteiligte zu 3) bereits vor dem Tode des Vaters die angepachteten Flächen im Nebenerwerb bewirtschaftete.
Die Beteiligten streiten darüber, ob der im Grundbesitz von Z1 Bl. 131 eingetragene Grundbesitz des Vaters bei dessen Tode am 10.06.2010 die Eigenschaft eines Hofes im Sinne der Höfeordnung hatte.
Insoweit hatte der seinerzeitige Eigentümer J am 21.02.2008 an das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - Bielefeld den Antrag auf Eintragung des Hofvermerkes ins Grundbuch gestellt. Hierzu hatte er einen Einheitswertbescheides des Finanzamtes Bielefeld - Außenstadt vom 28.02.2006 vorgelegt, aus dem sich per 01.01.2005 ein Einheitswert von 12.833,- Euro ergab; dieser Einheitswertbescheid wies einen Wirtschaftswert von 11.795,- DM, bezogen auf eine Fläche von 4,8331 Hektar aus. Wie mittlerweile feststeht, hatte dieser Einheitswertbescheid als "Eigentumsflächen" für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft des Vaters J nicht nur den in seinem Alleineigentum stehenden Grundbesitz Z1 Bl. 131 zugrunde gelegt, sondern auch einen "rechnerischen" We-geflächenanteil aus dem Grundbesitz Z1 Bl. 115 von 0,111 Hektar und den Grundbesitz der Mutter J mit 1,4468 Hektar Größe. In dem Hofvermerkverfahren 3 Lw 11/08 ersuchte das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - Bielefeld nach Vorlage dieses Einheitswertsbescheides und einer Stellungnahme der Landwirtschaftskammer das Grundbuchamt um Eintragung des Hofvermerkes; dieser wurde im Grundbuch von Z1 Bl. 131 am 03.07.2008 eingetragen und die Hofeszugehörigkeit im weiteren Grundbuch von Z1 Bl. 115 vermerkt.
Unter dem 27.08.2009 ließen die Eheleute J und J einen Erbvertrag beurkunden, in welchem der Vater dem Beteiligten zu 3) zu seinen Hoferben bestimmte und seine Ehefrau zur Erbin seines hofesfreien Vermögens einsetzte. Der Beteiligte zu 3) wurde zudem als Alleinerbe des längst lebenden Ehegatten be-stimmt.
Mit Blick auf sein Pflichtteilsrecht hat der Beteiligte zu 1) mit am 12.10.2010 eingegangen Antrag beim Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - Bielefeld die Feststellung begehrt, dass die väterliche Grundbesitzung - eingetragen im Grundbuch von Z1 Bl. 131 - kein Hof im Sinne der Höfeordnung sei; diesem An...