Leitsatz (amtlich)
1. Beruht die Kostenentscheidung nach § 243 FamFG auf billigem Ermessen, hat dies auch Folgen für deren Überprüfung in der Beschwerdeinstanz. Die Überprüfungsmöglichkeit beschränkt sich darauf, ob das Familiengericht von dem ihm eingeräumten Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht hat.
2. Ein Unterhaltsschuldner gibt trotz der regelmäßigen und pünktlichen Unterhaltszahlungen auch dann Veranlassung zur Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens betreffend den Kindesunterhalt, wenn er der Aufforderung zur Errichtung einer Jugendamtsurkunde nicht nachkommt.
3. Für die Titulierungsaufforderung ist auch ausreichend, dass Unterhaltsschuldner zur Vorlage einer vollstreckbaren Urkunde aufgefordert wird. Die Titulierungsaufforderung muss dem Unterhaltsschuldner nicht den kostengünstigsten Weg zur Errichtung eines Titels aufzeigen. Sie muss den Unterhaltsschuldner insbesondere nicht auf die Möglichkeit einer kostenfreien Titulierung durch das Jugendamt hinweisen.
Normenkette
FamFG § 243; ZPO § 93; SGB VII §§ 59-60
Verfahrensgang
AG Marl (Urteil vom 15.09.2015; Aktenzeichen 36 F 47/15) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der am 15.09.2015 verkündete Anerkenntnisbeschluss des AG - Familiengericht - Marl im Kostenausspruch abgeändert.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 2.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten sind voneinander getrennt lebende Eheleute. Aus der Ehe sind die in der Obhut der Antragstellerin lebenden Kinder P, geboren am 20.09.2009, und N, geboren am 16.05.2013, hervorgegangen.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 19.01.2015 forderte die Antragstellerin den Antragsgegner auf, Einkommensnachweise zu übermitteln und Trennungs- und Kindesunterhalt in Höhe von insgesamt 1.000,00 EUR, davon jeweils für beide Kinder in Höhe von jeweils monatlich 225,00 EUR, zu zahlen und eine vollstreckbare Urkunde vorzulegen.
Mit am 05.02.2015 beim AG eingegangenen Antrag hat die Antragstellerin die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für einen Antrag begehrt, den Antragsgegner zu verpflichten, an sie Kindesunterhalt in Höhe von jeweils 225,00 EUR für jedes Kind ab Januar 2015 zu zahlen. Mit Beschluss vom 05.05.2015 hat das AG die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe abgelehnt und auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin mit Beschluss vom 05.06.2015 Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Der Leistungsantrag ist dem Antragsgegner am 16.06.2015 zugestellt worden.
Mit Schriftsätzen vom 15.07.2015 und 24.08.2015 hat die Antragstellerin ihre Anträge dahingehend erweitert, den Antragsgegner zu verpflichten für das Kind P ab Oktober 2015 Kindesunterhalt in Höhe von 272,00 EUR und sodann ab August 2015 in Höhe von 284,00 EUR zu zahlen. Nach mit Beschluss vom 28.08.2015 erfolgter Erweiterung der Verfahrenskostenhilfebewilligung für den Antrag aus dem Schriftsatz vom 15.07.2015 und vor mit Beschluss vom 15.09.2015 erfolgter Erweiterung der Verfahrenskostenhilfebewilligung für den Antrag vom 24.08.2015 hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 02.09.2015 die mit der Antragsschrift und mit dem Schriftsatz vom 15.07.2015 geltend gemachten Unterhaltsbeträge und mit Schriftsatz vom 04.09.2015 für das Kind P für August 2015 weitere 11,00 EUR, für September 2015 weitere 9,00 EUR, für Oktober bis Dezember 2015 monatlich jeweils weitere 10,00 EUR und ab Januar 2016 weitere 9,00 EUR monatlich und für das Kind N für August 2015 weitere 11,00 EUR, für September bis Dezember 2015 jeweils weitere 9,00 EUR monatlich und ab Januar 2016 weitere 8,00 EUR monatlich anerkannt. In der mündlichen Verhandlung am 15.09.2015 hat der Antragsgegner den Antrag der Antragstellerin in vollem Umfang anerkannt, mit Ausnahme der ab dem 01.01.2016 zu reduzierenden Zahlbeträge im Hinblick auf das erhöhte Kindergeld.
Die Antragstellerin hat gemeint, dass sie berechtigten Wert auf die Titulierung der Kindesunterhaltsansprüche ab Januar 2015, einschließlich der Erhöhung ab August 2015 und ab Oktober 2015 lege.
Der Antragsgegner hat gemeint, er habe den geltend gemachten Anspruch sofort anerkannt und behauptet, dass sie, die Beteiligten, sich stets über sämtliche Regelungen im Zusammenhang mit der Trennung einig gewesen seien, wozu auch die Regelung des Kindesunterhaltes gehöre. Er habe nach dem Erhalt des anwaltlichen Schreibens vom 19.01.2015 nicht nur die monatlich verlangten 1.000,00 EUR an die Antragstellerin gezahlt, sondern auch die Miete für das von der Antragstellerin gemeinsam mit den Kindern seit Januar 2015 allein bewohnten Haus in Höhe von 1.000,00 EUR monatlich nebst monatlicher Stromkosten in Höhe von 500,00 EUR gezahlt. Überdies sei er nicht ein einziges Mal aufgefordert worden, die Unterhaltsansprüche der Kinder titulieren zu lassen; einer solchen Aufforderung hätte er sofort entsprochen und einen entsprechenden Titel beim Jugendamt geschaffen. Dass er auf das Verfahrenskostenhilfeges...