Leitsatz (amtlich)
Maßgeblich für die Frage der Volljährigkeit ist nach dem Recht Guineas Art. 168 Code de l'enfant.
Die anderslautende Regelung in Art. 443 Code Civil, wonach Volljährigkeit mit Vollendung des 21. Lebensjahres eintritt, greift nicht ein, da sie durch die zeitlich jüngere Regelung des Art. 168 Code de l'enfant gem. Art. 442 Code de l'enfant i.V.m. Art. 6 der Einführungsbestimmungen des Code Civil stillschweigend aufgehoben worden ist.
Zur Frage der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Klärung des anwendbaren Rechts.
Tenor
Die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 23.11.2016 gegen den am 31.10.2016 erlassenen Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht- Bochum wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; eine außergerichtliche Kostenerstattung findet nicht statt.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Bezogen auf den guineischen Staatsangehörigen B (nachfolgend Beschwerdeführer), geboren am 00.00.1997, wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Bochum vom 11.04.2014 - Az. 60 F 101/14, das Ruhen der elterlichen Sorge festgestellt und Vormundschaft angeordnet. Zum Vormund wurde Rechtsanwältin G in C bestellt.
Mit Beschluss vom 31.10.2016 hat das Amtsgericht deklaratorisch festgestellt, dass die Vormundschaft beendet ist, weil der Beschwerdeführer das 18. Lebensjahr vollendet und damit volljährig geworden sei. Maßgeblich sei insofern Art. 1 des Code de l'enfant guineen vom 19.08.2008, welcher den bis dato geltenden Art. 443 Code Civil verdrängt habe. Die offiziellen Amtsträger des Staates Guinea hätten eine entsprechende Interpretation nach ausdrücklichem Hinweis auf die sich widersprechenden Vorschriften vorgenommen.
Hiergegen richten sich die Beschwerde des Beschwerdeführers. Durch den Code de l'enfant werde die Volljährigkeitsregelung des Code Civile nicht aufgehoben. Deshalb greife die Kollisionsregelung des Art. 443 des Code Civile. Noch mit Schreiben vom 19.09.2016 habe die guineische Botschaft bestätigt, dass die Volljährigkeit nach dem einschlägigen Code Civil mit Vollendung des 21. Lebensjahres eintrete. Die spätere Mitteilung der Botschaft vom 30.09.2016, wonach sich die Frage der Volljährigkeit nach dem Code de l'enfant richte, sei im Hinblick darauf, dass dieser im Jahre 2008 verabschiedet worden sei, nicht nachvollziehbar. Allenfalls könne davon ausgegangen werden, dass die dortige Regierung eine entsprechende Gesetzesänderung anstrebe, aber diese noch nicht umgesetzt sei. Zudem sei der Code de l'enfant ein reines Kinderschutzgesetz und regele gerade nicht die Frage der Volljährigkeit.
Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass er gem. § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen werde, weil von dieser keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind, da es vorliegend allein um die Frage des anwendbaren Rechts und dessen Auslegung geht.
Darüber hinaus hat der Senat den Beteiligten eine Stellungnahme der Deutschen Botschaft Conakry in Guinea vom 26.01.2018, die auf eine Anfrage des 1. Familiensenats im Hause erfolgte, zur Kenntnisnahme übersandt.
II. Die Beschwerde ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg, da die Vormundschaft aufgrund der Volljährigkeit des Beschwerdeführers beendet ist und das Amtsgericht dies insofern zu Recht deklaratorisch festgestellt hat.
1. Die Beschwerde ist nach §§ 58 ff. FamFG zulässig, insbesondere sind die deutschen Gerichte international zuständig.
a) Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für das vorliegende Verfahren folgt aus Art. 8 Abs. 1 EuEheVO (Brüssel IIa - VO). Danach ist für Entscheidungen, die die elterliche Verantwortung betreffen, die Zuständigkeit der deutschen Gerichte eröffnet, wenn das betroffene Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat.Der Anwendungsbereich der EuEheVO bezieht sich gem. Art. 1 Abs. 2 b EuEheVO auch auf die Vormundschaft. Es ist dabei unerheblich, dass gerade die Minderjährigkeit des betroffenen Mündels - vorliegend - streitig ist. Die Frage der Minderjährigkeit ist nämlich nicht nur Voraussetzung für die gerichtliche Zuständigkeit, sondern auch für die vom Mündel begehrte Feststellung, dass die Vormundschaft fortbesteht. Es handelt sich insoweit um eine doppelrelevante Tatsache, bei der die Bejahung des Anspruchs begrifflich diejenige der Zuständigkeit mit einschließt (ebenso, im Ergebnis allerdings weitergehend BGH, Beschluss vom 20.12.2017, Az. XII ZB 333/17, Rn. 9 ff.). Zum Zwecke der Vereinfachung und Beschleunigung ist in diesen Konstellationen für die Zuständigkeit zu unterstellen, dass das betroffene Mündel, hier also der Beschwerdeführer, noch minderjährig ist (vgl. BGH NJW 2010, 873; OLG Bremen FamRZ 2016, 990).
b) Die Beschwerde wurde auch durch den Beschwerdeführer wirksam erhoben. Denn er ist gem. §§ 9 Abs. 1 Nr. 3, 60 FamFG verfahrensfähig und beschwerdeberechtigt, da er das 14. Lebensjahr vollendet hat und im vorli...