Leitsatz (amtlich)

1. Frühere Adelsbezeichnungen sind nicht Teil des Namens geworden, wenn sie bis zum Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung längere Zeit im Rechtsverkehr nicht mehr namensähnlich geführt worden waren. Hierfür ist eine einheitliche Handhabung des Trägers der Adelsbezeichnung über mindestens eine Generation erforderlich.

2. Der Berichtigung eines einzelnen Personenstandseintrags steht nicht entgegen, dass hierdurch ein Widerspruch zu den Eintragungen in anderen Personenstandsbüchern entstehen kann. Grundsätzlich ist eine mögliche Unrichtigkeit für jeden Eintrag gesondert zu prüfen; ggf. sind in der Folge der ersten Berichtigung weitere in anderen Büchern notwendig.

 

Normenkette

PStG § 47; WRV Art. 109 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Essen (Beschluss vom 24.06.2005; Aktenzeichen 7 T 669/04)

AG Essen (Aktenzeichen 78 III 4/04)

 

Tenor

Unter Verwerfung des weitergehenden Rechtsmittels als unzulässig werden der angefochtene Beschluss und der Beschluss des AG Essen vom 5.10.2004 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das AG zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 1) hat die "Wiedereintragung" des Namensbestandsteils "von" in der Form beantragt, "seine Geburtsurkunde" entsprechend zu berichtigen. Die Beteiligte zu 2), seine Mutter, hat sich dem Antrag "angeschlossen". Zur Begründung hat der Beteiligte zu 1) vorgetragen, dass seine Familie dem ursprünglich polnischen Adel angehöre und sich Ende des 18. Jahrhunderts im Königreich Preußen niedergelassen habe, wo ihre Adelsstellung durch den preußischen König anerkannt worden sei. Er hat die Kopie einer Geburtsurkunde des Standesamtes K/Preußen (Nr. 18/1877) vorgelegt, nach der sein Großvater R1 am 17.07.1877 als Kind des T und seiner Ehefrau T2 geboren wurde. Nach dem Vorbringen der Beteiligten zu 1) und 2) verzog der Großvater des Beteiligten zu 1) etwa Ende des 19. Jahrhunderts in das Ruhrgebiet und arbeitete hier als Bergmann.

Aufgrund der politischen Einstellung in der Arbeiterschaft sei er angesichts seines Adelstitels in seinem Umfeld erheblichen Anfeindungen ausgesetzt gewesen, so dass er das Adelsprädikats nicht weiter geführt habe. Das Aufgebot zur Eheschließung vom 23.12.1901 sowie die Heiratsurkunde vom 15.1.1902 unterschrieb er jeweils mit "R1T". Auch der Sohn des R1T, der Vater des Beteiligten zu 1) und Ehemann der Beteiligten zu 2), führte den Nachnamen stets ohne den Zusatz "von", bemühte sich jedoch nach den Angaben der Beteiligten zu 1) und 2) über lange Zeit erfolglos um Urkunden aus Polen, um die Adelsstellung seiner Familie nachweisen zu können.

Das AG hat den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass eine Berichtigung des Nachnamens des Beteiligten zu 1) in dem Geburteneintrag schon deshalb nicht in Betracht komme, da dieser zur Zeit der Eintragung nicht Gegenstand derselben gewesen und deshalb nicht an der Beweiswirkung der Urkunde teilnehme. Hinsichtlich einer Berichtigung des Namens der Eltern in dem Geburteneintrag (mit den entsprechenden Auswirkungen auf den Beteiligten zu 1)) beständen schon deshalb Bedenken, da hierdurch ein Widerspruch zu anderen Eintragungen, insb. in dem Heiratsbuch- und dem Sterbebucheintrag betreffend den Vater des Beteiligten zu 1) herbeigeführt würde. Letztlich könne eine Berichtigung aber deshalb nicht erfolgen, weil der Eintrag nicht unrichtig sei. Der adelstypische Zusatz "von" sei mit Inkraftreten der Weimarer Reichsverfassung ein bloßer Namensbestandteil. Dieser Zusatz sei aber dann nicht Bestandteil des Namens geworden, wenn er im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Weimarer Reichsverfassung bereits über längere Zeit nicht geführt worden sei. Hierunter sei angesichts der namensrechtlichen Zielsetzung von Art. 109 WRV nicht notwendig ein Zeitraum von zwei Generationen zu verstehen. Vielmehr erscheine der hier verstrichene Zeitraum von 12 Jahren als ausreichend, um eine Verwirkung anzunehmen.

Gegen diesen Beschluss haben die Beteiligten zu 1) und 2) mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 29.10.2004 Beschwerde eingelegt, die das LG durch Beschluss vom 24.6.2005 zurückgewiesen hat.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2), die sie mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 13.7.2005 bei dem OLG eingelegt haben.

II. Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 49 Abs. 1 S. 2, 48 Abs. 1 PStG, 27, 29 FGG an sich statthaft sowie formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1) und 2) ergibt sich daraus, dass ihre Erstbeschwerden ohne Erfolg geblieben sind.

Gleichwohl ist die weitere Beschwerde unzulässig, soweit mit ihr über den Antrag erster Instanz hinaus die Berichtigung weiterer Personenstandseinträge angestrebt wird. Eine Erweiterung des erstinstanzlichen Antrages ist im Personenstandsberichtigungsverfahren in der Beschwerdeinstanz nämlich nicht mehr möglich (Johansson/S...

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