Verfahrensgang

LG Arnsberg (Aktenzeichen IV- 2 StVK 379/21)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde wird zur Fortbildung des Rechts zugelassen.

Der angefochtene Beschluss und die seitens des Leiters der JVA D am 24. November 2021 verhängte Disziplinarmaßnahme in Gestalt des einwöchigen Entzuges der Teilnahme an gemeinsamen Veranstaltungen werden - mit Ausnahme des im angefochtenen Beschluss festgesetzten Gegenstandswertes - aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass die gegenüber dem Betroffenen am 04. Oktober 2021 angeordnete Suchtmittelkontrolle unter Verwendung eines RUMA-Markers (sog. RUMA-Verfahren) rechtswidrig war.

Die Kosten des (gesamten) Verfahrens einschließlich der in erster und in der Rechtsbeschwerdeinstanz entstandenen notwendigen Auslagen des Betroffenen hat die Landeskasse zu tragen.

 

Gründe

I.

Der Betroffene befindet sich seit dem 08. Februar 2018 in Unfreiheit und verbüßt derzeit eine lebenslange Freiheitsstrafe in der JVA D.

Am 04. Oktober 2021 ordnete der Leiter der JVA D (im Weiteren: Antragsgegner) gegenüber dem Betroffenen die Durchführung eines Drogenscreenings unter Einnahme eines RUMA-Markers an. Dessen Einnahme verweigerte der Betroffene mit der Begründung, er lehne jegliche Zuführung von "Fremdsubstanzen" ab, erklärte sich indes - erfolglos - zur Abgabe von Urin unter Sichtkontrolle eines Bediensteten oder zur Abnahme von Kapillarblut aus der Fingerbeere bereit. Das angeordnete Drogenscreening wurde nicht durchgeführt. Nach Durchführung eines Disziplinarverfahrens wurde der Betroffene sodann am 24. November 2021 durch den Antragsgegner disziplinarisch mit einem einwöchigen Entzug der Teilnahme an gemeinsamen Veranstaltungen belegt, der noch nicht vollzogen ist. Mittlerweile wird der RUMA-Marker bei Drogenscreenings in der JVA D nicht mehr eingesetzt.

Mit seinem privatschriftlichen Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 25. November 2021, der am 02. Dezember 2021 beim Landgericht Arnsberg einging, hat der Betroffene die Aufhebung der Disziplinarmaßnahme und die Feststellung der Rechtswidrigkeit des sog. RUMA-Verfahrens begehrt. Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer für Vollzugssachen des Landgerichts Arnsberg (im Folgenden: Strafvollstreckungskammer) beide Begehren zurückgewiesen. Bezüglich des als unbegründet zurückgewiesenen Aufhebungsantrags hat sie unter Hinweis auf den Senatsbeschluss vom 31. Oktober 2018 zu III-1 Vollz(Ws) 505/18 im Wesentlichen ausgeführt, der Betroffene habe die Durchführung des Drogenscreenings unter Einnahme des RUMA-Markers, dessen Verwendung nicht zu beanstanden sei, nicht verweigern dürfen; dass er stattdessen eine Urinabgabe unter Sichtkontrolle bzw. die Kapillarblutentnahme aus der Fingerbeere angeboten habe, ändere nichts, da der Betroffene keinen Anspruch auf eine bestimmte Art der Durchführung Suchtmittelkontrolle habe, die im Ermessen der Anstalt stehe. Das Feststellungsbegehren hat die Strafvollstreckungskammer vor diesem Hintergrund gleichfalls als unbegründet und zudem mangels des erforderlichen Feststellungsinteresses als unzulässig angesehen.

Gegen diesen Beschluss, der ihm am 02. Februar 2022 zugestellt worden ist, wendet sich der Betroffene mit seiner zu Protokoll des Amtsgerichts Werl am 01. März 2022 eingelegten und gleichzeitig mit der Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts begründeten Rechtsbeschwerde, mit der er seine erstinstanzlichen Antragsbegehren unter näheren Ausführungen weiterverfolgt.

Das Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen hält die Rechtsbeschwerde mangels eines Zulassungsgrundes für unzulässig. Dem ist der Betroffene mit privatschriftlicher Eingabe vom 12. Mai 2022 entgegengetreten.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

1.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht nur i.S.d. § 118 StVollzG form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, sondern auch im Übrigen zulässig.

Zunächst war der privatschriftliche Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 109 StVollzG vom 25. November 2021 zulässig, was der Senat auf die zulässig erhobene Sachrüge von Amts wegen als Verfahrensvoraussetzung des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu überprüfen hat. Entgegen der von der Strafvollstreckungskammer vertretenen Ansicht ist im Hinblick auf das Feststellungsbegehren insbesondere das erforderliche Feststellungsinteresse - ungeachtet des Umstandes, dass mittlerweile Suchtmittelkontrollen in der JVA D nicht mehr unter Verwendung eines RUMA-Markers durchgeführt werden -

gegeben, da dies zum einen keinen Einfluss auf dessen Verwendung in anderen Justizvollzugsanstalten hat, zum anderen eine tiefgreifende Grundrechtsverletzung dadurch in Betracht kommt, dass die Verweigerung der mit einem körperlichen Eingriff verbundenen Einnahme des RUMA-Markers letztlich zur Belegung mit einer Disziplinarmaßnahme geführt hat.

Zudem war die Rechtsbeschwerde - wie geschehen - zur Fortbildung des Rechts zuzulassen, § 116 Abs. 1 StVollzG. Danach erfolgt die Zulassung, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsä...

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