Entscheidungsstichwort (Thema)

Erhebliche Überschreitung des Kostenvorschusses durch den Sachverständigen; Kappung der Vergütung auf den Vorschussbetrag

 

Leitsatz (amtlich)

Übersteigt die vom Sachverständigen geltend gemachte Vergütung den von den Parteien angeforderten Kostenvorschuss erheblich, d.h. um mehr als 20 % (hier: 2.000,- EUR Vorschuss, später knapp 9.000,- EUR geltend gemacht), und weist der Sachverständige darauf unter Verstoß gegen § 407a Abs. 3 Satz 2 ZPO nicht rechtzeitig hin, ist seine Vergütung nach dem eindeutigen Wortlaut von § 8a Abs. 4 JVEG und der eindeutigen Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 17/11471 (neu), S. 260 linke Spalte) auf den Betrag des Vorschusses zu kappen. Angesichts dieser neuen gesetzlichen Regelung besteht keinen Anlass dazu, den Vorschussbetrag - was nach altem Recht teilweise gemacht wurde (vgl. KG, Beschluss vom 4.5.2011 - 22 U 59/09, juris; LG Osnabrück, Beschluss vom 13.2.2013 - 3 OH 72/11, juris [Erhöhung um 20-25 %]) - zu erhöhen.

 

Normenkette

ZPO § 407a Abs. 3 S. 2; JVEG § 4 Abs. 1 S. 1, § 8a Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG Münster (Aktenzeichen 08 O 88/12)

 

Tenor

Die Vergütung des Sachverständigen Prof. T für die Erstattung seines mündlichen Gutachtens im Senatstermin am 12.12.2013 wird gemäß §§ 4 Abs. 1 Satz 1, 8a Abs. 4 JVEG auf insgesamt 2.000,- EUR festgesetzt.

Der weiter gehende Antrag des Sachverständigen wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Sachverständige begehrt gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG die Festsetzung seiner Vergütung für die mündliche Gutachtenerstattung im Senatstermin am 12.12.2013 auf 8.910,60 EUR zzgl. 35,70 EUR.

Der Senat hat den Sachverständigen mit Verfügung vom 30.7.2013 zum Termin am 12.12.2013 geladen und dabei um mündliche Erläuterung der Frage gebeten, ob die streitgegenständlichen Beschädigungen an den Fahrzeugen der Parteien durch eine Kollision plausibel sind (Bl. 214 d.A.). Zugleich hat der Senat den Sachverständigen darauf hingewiesen, dass ein Auslagenvorschuss von der Klägerpartei in Höhe von 2.000,- EUR angefordert worden ist. Mit dem amtlichen Vordruck (ZP 22) ist der Sachverständige zudem darauf hingewiesen worden, dass er für den Fall einer Kostenüberschreitung Mitteilung zu machen und seine Tätigkeit einstweilen einzustellen habe, bis er weitere Weisungen von dem Gericht erhalte.

Bei der Vorbereitung des mündlichen Gutachtens zum Senatstermin am 12.12.2013 hat der Sachverständige - ohne den Senat hierüber und die dadurch entstehenden Kosten zu informieren - eine Unfallrekonstruktion mit Versuchsfahrzeugen durchgeführt, was die eingangs genannten, im Vergleich zum Auslagenvorschuss wesentlich erhöhten Kosten verursacht hat.

II. Die Vergütung des Sachverständigen ist gemäß §§ 4 Abs. 1 Satz 1, 8a Abs. 4 JVEG auf insgesamt 2.000,- EUR festzusetzen. Dem darüber hinausgehenden Antrag des Sachverständigen steht § 8a Abs. 4 JVEG entgegen, weshalb dieser unbegründet ist.

1. Vorliegend ist das JVEG in der seit dem 1.8.2013 geltenden Fassung anwendbar. Zwar ist der Sachverständige mit Verfügung des Senats vom 30.7.2013 - und damit vor In-Kraft-Treten des neuen JVEG am 1.8.2013 - um mündliche Gutachtenerstattung gebeten worden. Zeitpunkt der Auftragserteilung in einem solchen Fall ist aber derjenige des Aufrufs der Verhandlung (vgl. Binz/Dörndorfer, GKG u.a., § 24 JVEG Rdnr. 3 mwN), der hier nach In-Kraft-Treten des neuen JVEG lag.

2. Nach § 8a Abs. 4 a.E. JVEG kann die Vergütung hier nur in Höhe des Auslagenvorschusses (2.000,- EUR) festgesetzt werden.

a) Die vom Sachverständigen begehrte Vergütung übersteigt den Auslagenvorschuss um mehr als das Vierfache und damit, da die 20 %-Grenze überschritten ist (dazu: BT-Drucks. 17/11471 (neu), S. 260 linke Spalte), "erheblich" i.S.d. § 8a Abs. 4 JVEG.

b) Der Sachverständige hat dabei auch gegen seine Mitteilungspflicht nach § 407a Abs. 3 Satz 2 ZPO verstoßen, da er nicht rechtzeitig auf die (hier: ganz) erhebliche Überschreitung hingewiesen hat.

c) Der Sachverständige hat die Verletzung der Hinweispflicht auch zu vertreten, § 8a Abs. 5 JVEG. Verschuldensmaßstab ist insofern Vorsatz oder - was genügt - Fahrlässigkeit (vgl. BT-Drucks. 17/11471 (neu), S. 260 linke Spalte). Der Sachverständige musste zum Zeitpunkt seiner Auftragserteilung am 12.12.2013 (s.o.) die damals schon länger als vier Monate geltende Vorschrift des § 8a JVEG kennen. Er konnte dabei insbesondere nicht auf den Fortbestand der Rechtsprechung zur alten Rechtslage vertrauen.

d) Nach dem eindeutigen Wortlaut von § 8a Abs. 4 a.E. JVEG kommt daher letztlich nur die Festsetzung der Vergütung in Höhe des Auslagenvorschusses in Betracht.

Der Senat hat angesichts dieser gesetzlichen Regelung keinen Anlass dazu, den Vorschussbetrag - was nach altem Recht teilweise gemacht wurde (vgl. KG, Beschluss vom 4.5.2011 - 22 U 59/09, juris; LG Osnabrück, Beschluss vom 13.2.2013 - 3 OH 72/11, juris) - zu erhöhen. In den Gesetzesmaterialien findet sich ausdrücklich der Hinweis, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen von § 8a Abs. 4 JVEG - wie hier - die Vergütung "mit...

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