Entscheidungsstichwort (Thema)

internationale Zuständigkeit: Time-Sharing

 

Normenkette

EuGVÜ Art. 16 Nr. 1a; AuslProt Art. 1-2, 3 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Aktenzeichen 5 O 143/96)

 

Tenor

Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden gem. Art. 3 des Protokolls vom 3.6.1971 betreffend die Auslegung des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27.9.1968 - im Folgenden: Brüsseler Übereinkommen - folgende Fragen zur Entscheidung vor-gelegt:

1. Erfasst der Begriff "Klagen, welche ... die Miete oder Pacht von unbeweglichen Sachen zum Gegenstand haben" in Art. 16 Nr. 1a des Brüsseler Übereinkommens in der Fassung des 3. Beitrittsübereinkommens vom 26.5.1989 Rechtsstreitigkeiten über die Nutzung eines nach Typ und Lageort individualisierten Hotelappartements für eine bestimmte Kalenderwoche pro Jahr für einen Zeitraum von fast 40 Jahren auch dann, wenn der Vertrag zugleich und notwendigerweise die Aufnahme in einen Club vermittelt, dessen primäre Aufgabe darin besteht, den Mitgliedern die Ausübung des genannten Nutzungsrechts zu sichern?

2. Soweit Frage 1. bejaht wird, ergibt sich als weitere Frage:

Gilt die ausschließliche Zuständigkeit nach Art. 16 Nr. 1a des Brüsseler Übereinkommens auch für Ansprüche, die zwar aus einem Miet- oder Pachtverhältnis in diesem Sinne entstanden sind, aber rechtlich und tatsächlich nichts mit Miete oder Pacht zu tun haben, und zwar für den Anspruch auf Rückzahlung eines irrtümlich überzahlten Teils der Vergütung für die Nutzung des Ferienappartements bzw. für die Clubmitgliedschaft?

 

Gründe

1. Die Fragen stellen sich in dem Rechtsstreit der Eheleute L2 aus Dortmund um die Rückzahlung ihrer Leistungen von insgesamt 15.940 DM/8.150 EUR für die Nutzung eines Ferienappartements in einer Hotelanlage in J auf Rhodos/Griechenland mit Vertrag vom 15.9.1992 für die 13. Kalenderwoche jeden Jahres bis 2031. Die beklagte S Ltd., mit Sitz auf der Isle of Man, ist nach Ausscheiden des T Clubs durch rechtskräftige Klageabweisung und einer weiteren Partei durch Klagerücknahme mit Schriftsatz vom 12.12.2003 die letzte noch verbleibende Beklagte. Sie war neben einer weiteren Gesellschaft Partnerin des Vertrages vom 15.9.1992.

2. Wenn die zur Auslegung von Art. 16 Nr. 1a Brüsseler Übereinkommen gestellten Fragen bejaht werden, muss das OLG Hamm sich - wie es auch schon die 1. Instanz getan hat - gem. Art. 19 des Übereinkommens für unzuständig erklären. Wird Frage 1 verneint, kommt nach Art. 4 des Übereinkommens die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte im Verbrauchergerichtsstand des § 29c ZPO oder im Gerichtsstand des vertraglichen Erfüllungsortes nach § 29 ZPO in Betracht.

3. Zweifel an der Anwendbarkeit des Art. 16 Nr. 1a Brüsseler Übereinkommen ergeben sich aus der erkennbaren Absicht der Anbieterseite, den Vertrag abweichend von einem normalen Austauschverhältnis wie z.B. Miete und Pacht zu konstruieren. Zwar werden die Kläger als "Käufer" tituliert, der Vertrag ist aber als Mitgliedschaftsvertrag überschrieben und eine Mitgliedschaft im T Club wird zugleich vermittelt. Sie scheint angesichts der Verbindlichkeit der Club-Statuten für das Vertragsverhältnis auch keine bloße Nebenleistung zu sein. Ein Erwerb des Nutzungsrechts ohne Clubmitgliedschaft ist nicht vorgesehen. Im Gesamtpreis von 13.300 DM dominiert die "Mitgliedschaftsgebühr" von 10.153 DM.

4. Allerdings verschafft die Clubmitgliedschaft keine zusätzlichen Vorteile mit Ausnahme des Zugangs zur Tauschorganisation S2, die gesondert zu vergüten ist (350 DM für 3 Jahre). Das "Serviceangebot" (Bl. 24 d.A.) betrifft Leistungen der Hotelanlage, die diese den Nutzern der im Wege des Time Sharing vermarkteten Ferienappartements ebenso zur Verfügung stellt wie den Hotelgästen. Es liegt also kein gemischter Vertrag im Sinne des Urteils des Gerichtshofs vom 26.2.1992 (Hacker./. Euro Relais GmbH, Slg. 1992 I 1127) vor, der die Anwendung von Art. 16 Nr. 1a des Übereinkommens ausschlösse (so etwa Jayme IPRax 1996, 87, 88).

5. Die Kläger meinen, dass diese Ansätze ausreichen, dem vorliegenden Time Sharing-Vertrag ein gesellschafts- oder vereinsrechtliches Gepräge zu verleihen, das die Qualifikation als "Miete oder Pacht" i.S.v. Art. 16 Nr. 1a des Übereinkommens ausschließt und damit den ausschließlichen Gerichtsstand unanwendbar macht. Auch die deutsche Rechtsprechung hat verschiedentlich die Anwendung des Art. 16 Nr. 1a des Übereinkommens wegen vereins- oder gesellschaftsrechtlicher Vertragsgestaltungen abgelehnt (KG v. 21.1.1998, IPRspr. 1998 Nr. 251; LG Dresden v. 23.6.1998, IPRspr. 1998 Nr. 146). Dem liegen jedoch die Vorstellungen des nationalen Rechts zugrunde. Die Fragestellung verlangt eine vertragsautonome Interpretation und damit der Entscheidung des Gerichtshofs.

6. Das vorlegende Gericht erwartet, dass damit zugleich die Frage beantwortet werden wird, ob ein Time Sharing-Vertrag über die Nutzung eines Ferienappartements auch ohne s...

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