Leitsatz (amtlich)
1. Es ist rechtlich unbedenklich, wenn der Tatrichter die in einer notariellen Urkunde von den Beteiligten dem Notar erteilte Weisung, die Eigentumsumschreibung erst nach „Zahlung des gesamten Kaufpreises” zu veranlassen, dahin auslegt, dass die Eigentumsumschreibung über den Nachweis der – verspätet erfolgten – Zahlung des Kaufpreises hinaus nicht zusätzlich vom Ausgleich entstandener Verzugszinsen abhängig sein soll.
2. Der Verkäufer ist in einem solchen Fall grundsätzlich nicht zum einseitigen Widerruf der Weisung berechtigt.
Normenkette
BNotO § 15; BeurkG § 53
Verfahrensgang
LG Münster (Beschluss vom 05.09.2002; Aktenzeichen 5 T 354/02) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 1) hat die der Beteiligten zu 2) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 136.936,08 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten schlossen am 27.7.1999 zu UR-Nr. 208/1999 des Notars M. einen Kaufvertrag, durch den der Beteiligte zu 1) der Beteiligten zu 2) ein mit Hallen bebautes Grundstück in R. einschl. Zubehör und Warenbestand verkaufte. Zum Kaufpreis heißt es in § 3 des Vertrages:
„Der Kaufpreis für das verkaufte Grundstück einschl. aufstehenden Gebäuden und für das im Eigentum des Verkäufers stehende Zubehör beträgt insgesamt: 2.673.320 DM
Er setzt sich wie folgt zusammen:
Nettokaufpreis Grundstück u. Gebäude: 1.900.000 DM
Nettokaufpreis Zubehör, 400.000 DM
Nettokaufpreis insgesamt 2.300.000 DM
16 % MwSt. 368.000 DM
16 % MwSt. auf 1/2 Grunderwerbssteuer 5.320 DM
Summe: 2.673.320 DM
…”
Weiter ist in § 3 geregelt, dass der Kaufpreis in zwei Raten zu zahlen ist, wobei die zweite Rate i.H.v. 2.300.000 DM spätestens zum 31.3.2000 fällig sein sollte. Zudem enthält § 3 die Formulierung „Ab Verzug ist der Kaufpreis mit 8 % jährlich zu verzinsen”. In § 8 des Vertrages erklärten die Beteiligten die Auflassung. § 13 des Vertrages, wegen dessen weiterer Einzelheiten auf Bl. 7 bis 16 der Akten Bezug genommen wird, hat folgenden Wortlaut:
„Der Notar wird von den Vertragsparteien angewiesen, den Antrag auf Eigentumsumschreibung erst dann zu stellen, wenn ihm die Käuferin die Zahlung des gesamten Kaufpreises einschl. der in § 3 aufgeführten Mehrwertsteuerbeträge durch einen bankbestätigten Überweisungsbeleg nachgewiesen hat.”
In der Folgezeit kam es zu Schwierigkeiten bei der Finanzierung des Kaufpreises. Die vollständige Zahlung des im Vertrag genannten Kaufpreisbetrages erfolgte erst im September 2001.
Nach Zahlung dieses Betrages verlangte die Beteiligte zu 2) von dem Notar den Vollzug des Kaufvertrages. Der Beteiligte zu 1) trat dem entgegen und vertrat die Auffassung, der Notar sei nicht berechtigt, die Umschreibung des Eigentums an dem Grundstück zu beantragen, da die Beteiligte zu 2) noch Verzugszinsen i.H.v. 136.936,08 Euro zu zahlen habe.
Der Notar hat mit einem an den Beteiligten zu 1) gerichteten Schreiben vom 26.3.2002, von dem die Beteiligte zu 1) eine Abschrift erhalten hat, mitgeteilt, dass er beabsichtige, die Eigentumsumschreibung beim zuständigen Grundbuchamt zu beantragen, wenn nicht innerhalb einer Frist von zwei Wochen Beschwerde gegen die beabsichtigte Vorgehensweise eingelegt werde.
Hiergegen hat der Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz vom 5.4.2002 Beschwerde beim LG eingelegt, mit der er beantragt hat, den Notar anzuweisen, die Eigentumsumschreibung beim Grundbuchamt erst dann zu beantragen, wenn die Beschwerdegegnerin die aus dem Kaufvertrag resultierenden Verzugszinsen von 136.936,08 Euro an den Beschwerdeführer gezahlt hat oder die Bezahlung sichergestellt ist.
Das LG hat die Beschwerde mit Beschluss vom 5.9.2002 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass nach den Regelungen im Kaufvertrag die Zahlung von Zinsen nicht zu den Voraussetzungen der Umschreibung gehöre.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die mit Schriftsatz vom 2.10.2002 beim LG eingelegte weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1). Die Beteiligte zu 2) ist dem Rechtsmittel entgegengetreten.
II. Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 15 Abs. 2 S. 2 BNotO, 27, 29 FGG statthaft und formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 1) folgt aus der Zurückweisung seiner Erstbeschwerde.
In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, weil die Entscheidung des LG nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG).
In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das LG zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde des Beteiligten zu 1) ausgegangen. Ein Urkundsnotar, zu dessen Urkundstätigkeit auch das sich anschließende Vollzugsverfahren gehört (vgl. OLG Hamm v. 2.5.1995 – 15 W 46/95, FGPrax 1995, 171; BayObLG DNotZ 1998, 646), kann – wie hier – durch einen Vorbescheid ankündigen, eine bestimmte Amtshandlung vorzunehmen; ein solcher Vorbescheid ist nach ganz überwiegender Auffassung beschwerdefähig (vgl. BayObLG DNotZ 1998, 646 m.w.N.; OLG Jena FGPrax 2001, 32; Arndt/Lerch/Sandkühler, Bundesnotaro...