Leitsatz (amtlich)
Beschränkt sich die Rolle des für die Selbstschädigung des Geschädigten zur Mitverantwortung herangezogenen Schädigers auf die Förderung des Entschlusses zum selbstgefährdenden Tun und die aktive Teilanahme an dem gefahrenträchtigen Unternehmen, so fehlt es an dem für eine Haftung erforderlichen Zurechnungszusammenhang (hier: Tanz auf der Bank einer Bierzeltgarnitur)
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Münster (Urteil vom 27.08.2014; Aktenzeichen 02 O 417/13) |
Tenor
beabsichtigt der Senat, die Berufung der Klägerin gegen das am 27.08.2014 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Münster durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
Nach § 513 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Solches zeigt die Berufungsbegründung nicht auf. Das landgerichtliche Urteil ist vielmehr nach einstimmiger Auffassung des Senats - auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens - im Ergebnis zutreffend. Die Sache hat ferner keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Entscheidung des Berufungsgerichts ist auch nicht zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erforderlich. Schließlich erscheint auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht geboten. Im Einzelnen:
1. Der Senat hält die Berufung der Klägerin einstimmig für aussichtslos. Das LG hat die Klage zu Recht schon dem Grunde nach abgewiesen. Auch aus Sicht des Senats lässt sich bereits auf Basis des Klägervorbringens nicht feststellen, dass der Beklagte für die bei dem streitgegenständlichen Unfall vom 21.09.2012 eingetretene Schädigung der Klägerin haftungsrechtlich einzustehen hat, so dass es keiner weiteren Sachaufklärung bedurfte und bedarf. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird vorab auf die Ausführungen des LG hierzu Bezug genommen, denen der Senat sich nach Maßgabe der nachfolgenden ergänzenden Bemerkungen anschließt.
Unter Berücksichtigung ihrer eigenen Angaben im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung beim LG (vgl. dazu im Einzelnen die Sitzungsniederschrift vom 06.08.2014, Bl. 64 ff. GA) hat die Klägerin zunächst einmal in der Tat nicht hinreichend und nachvollziehbar dargelegt, dass sie etwa ohne jegliches eigenes Zutun, gegen ihren erklärten Willen und ohne jede Möglichkeit des Entgegenwirkens vom Beklagten schlicht auf die hier in Rede stehende Bank gezogen worden ist. Vielmehr stellt sich der Vorgang bei verständiger Gesamtwürdigung der klägerischen Angaben beim LG schon auf deren Basis auch aus Sicht des Senats so dar, dass der Beklagte die Klägerin lediglich zum - nach eigener Darstellung der Klägerin auf dem damaligen Fest durchaus üblichen -Besteigen der Bank zwecks Tanzens veranlasst und sie dabei tatkräftig unterstützt hat. Dabei ist weder hinreichend dargetan noch sonst ersichtlich, dass die Klägerin sich nicht hätte weigern und von einem Besteigen der Bank nicht hätte absehen können. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin nach eigenen Angaben immerhin in der Lage war, noch die von ihr beim LG geschilderte Erklärung (vgl. S. 3 unten der Sitzungsniederschrift) abzugeben, mit der allerdings ihr dem Vorhaben entgegenstehender Wille dem Beklagten gegenüber keineswegs hinreichend deutlich zum Ausdruck gekommen ist. Danach ist schon auf Grundlage der klägerischen Angaben davon auszugehen, dass die Klägerin - wenn auch veranlasst und unterstützt durch den Beklagten, von welchem nach eigenen Angaben die Initiative ausging - letztlich selbst auf die wackelige, zum Besteigen und Tanzen erkennbar ungeeignete Bank gestiegen ist.
Für dieses Verhalten und für die damit verbundene Selbstgefährdung ist die Klägerin letztlich selbst verantwortlich. Die Schädigung kann dagegen dem Beklagten haftungsrechtlich nicht zugerechnet werden.
Weder besteht ein allgemeines Gebot, andere vor Selbstgefährdung zu bewahren, noch ein generelles Verbot, sie zur Selbstgefährdung psychisch zu veranlassen, sofern nicht - was hier ausscheidet - das selbstgefährdende Verhalten durch Hervorrufen einer mindestens im Ansatz billigenswerten Motivation (wie etwa bei den so genannten "Verfolgungsfällen") "herausgefordert" worden ist. Beschränkt sich dagegen die Rolle des für die Selbstschädigung des Geschädigten zur Mitverantwortung herangezogenen Schädigers - wie hier - auf die Förderung des Entschlusses zum selbstgefährdenden Tun und die aktive Teilnahme an dem gefahrenträchtigen Unternehmen, so fehlt es an dem für eine Haftung erforderlichen Zurechnungszusammenhang. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn der Beklagte durch Inanspruchnahme einer übergeordneten Rolle als "Experte" o..ä. der Klägerin gegenüber eine Garantenstellung für die Durchführung des gemeinsamen Unternehmens übernommen oder durch sein Verhalten eine...