Leitsatz (amtlich)
1. Ein Handelsvertreter ist kein Einfirmenvertreter im Sinne des § 92 a Abs. 1 Satz 1 HGB, wenn er nebenberuflich in einem Marktsegment tätig werden kann und darf, mit dem er keine Konkurrenz zu seiner hauptberuflichen Handelsvertretertätigkeit ausübt.
2. Der gem. § 5 Abs. 3 S. 1 ArbGG maßgebliche Verdienst eines Handelsvertreters wird nicht dadurch erhöht, dass der Unternehmer bei einer Vertragsbeendigung auf die Rückzahlung eines Teils von zuvor gewährten Provisionsvorschüsse verzichtet. Es liegt dann bereits kein Verdienst des Handelsvertreters mehr vor, den er "währendâÇo der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses erzielt hat.
Verfahrensgang
LG Bielefeld (Entscheidung vom 10.08.2010; Aktenzeichen 6 O 221/10) |
Nachgehend
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 10. August 2010 - 6 O 221/10 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 3.500 € festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen, soweit der Senat eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a ArbGG in Verbindung mit § 5 Abs. 3 Satz 1 ArbGG verneint hat.
Gründe
Die Parteien streiten um die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit oder der Arbeitsgerichtsbarkeit.
I. Die Klägerin befasst sich mit der Beratung über Versicherungen, Vermögensanlagen und Finanzierungen aller Art sowie deren Vermittlung.
Am 13.12.2007 schlossen die Parteien mit Wirkung zum 29.12.2007 einen N-Vertrag, dessen Vertragsbedingungen die Klägerin vorformuliert hat. Am 13.12.2007 schlossen sie außerdem einen Fortbildungsvertrag mit Rückzahlungsklausel, nach dessen Maßgabe der Beklagte vom 01.01.2008 bis zum 30.04.2008 eine Schulung besuchte, um die für seine Tätigkeit für die Klägerin notwendigen Fachkenntnisse zu erwerben.
Nach § 1 Ziff. 1 des N-Vertrages sollte der Beklagte als selbständiger Gewerbetreibender im Sinne von §§ 84 ff. HGB tätig werden und gem. § 1 Ziff. 2 des Vertrages die Kunden der Klägerin beraten und ihnen N-Dienstleistungen sowie Finanz- und Vorsorgeprodukte vermitteln. Gem. § 1 Ziff. 3 war Beklagte in der Bestimmung des Ortes und der Zeit seiner Tätigkeit frei und der Geschäftsstelle C der Klägerin zugeordnet.
Hauptberuflich durfte der Beklagte gem. § 2 Ziff. 1 des N-Vertrages nur für die Klägerin tätig sein und nur deren Dienstleistungen und von ihr freigegebene Finanzprodukte vermitteln. Eine Beteiligung an Konkurrenzunternehmen war ihm untersagt.
Für seine Tätigkeit sollte der Beklagte gemäß § 6 des N-Vertrages Provisionen und Honorare erhalten. Nach Maßgabe des § 6 Ziff. 5 des Vertrages zahlte die Klägerin im ersten Vertragsjahr für max. 8 Monate eine fixe Provisionsvergütung von monatlich 1.000 €, nach Maßgabe des § 6 Ziff. 6 des Vertrages gewährte sie während der ersten 24 Monate der Tätigkeit pauschaliert rückzahlbare Provisionsvorschüsse von monatlich 1.500 €. Ein im Zeitpunkt seines Ausscheidens bei der Klägerin überzogenes Provisionskonto hatte der Beklagte gem. § 6 Ziff. 8 des Vertrages auszugleichen, wobei er im Zeitpunkt des Ausscheidens noch nicht abgetragene Provisionsvorschüsse nur zu 50 % zurückzuzahlen hatte.
Das Vertragsverhältnis der Parteien endete nach einer von der Klägerin akzeptierten Kündigung des Beklagten vom 25.06.2009 zum 01.07.2009.
In der Zeit vom 01.01.2009 bis einschließlich 30.06.2009, also den letzten 6 Monaten seiner Tätigkeit für die Klägerin, verdiente der Beklagte nach den von der Klägerin vorgelegten Abrechnungen (Bl. 51-56 GA) Provisionen in Höhe von 4.365,81 € und erhielt Provisionsvorschüsse von 9.000,00 €.
Mit ihrer vor dem Landgericht in Bielefeld erhobenen Klage begehrt die Klägerin von dem Beklagten die Rückzahlung anteiliger Ausbildungszuschüsse und die Rückzahlung von Provisionsvorschüssen. Insoweit macht sie 50 % des von ihr bei Vertragsende ermittelten Vorschusssaldos von 17.098,27 € geltend.
Der Beklagte hat die Rechtswegzuständigkeit gerügt und gemeint, er sei nicht selbständiger Handelsvertreter, sondern Arbeitnehmer der Klägerin gewesen. Insoweit hat er auf die Bestimmungen des N-Vertrages verwiesen, die das Vertragsverhältnis im Sinne einer abhängigen Beschäftigung des Consultanten ausgestaltet hätten. So sei er zur Anwesenheit in der Geschäftsstelle und auch dazu verpflichtet gewesen, sich des dortigen Personals der Klägerin zu bedienen. Terminsvereinbarungen und Akquise seien nur mit Personen oder Dienstleistern zulässig gewesen, die eine entsprechende Vereinbarung mit der Klägerin abgeschlossen hätten. Er selbst habe hauptberuflich nur für die Klägerin tätig sein dürfen, jegliche Konkurrenztätigkeit sei ihm untersagt gewesen. Auch nach Vertragsende habe er ihm bekannt gewordene Kundendaten nicht nutzen dürfen. Er habe nur Kunden der Klägerin betreuen und keinen eigenen Kundenstamm aufbauen können. Seine vertragliche Pflicht zur Aus- und Weiterbildung stelle e...