Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachehelicher Unterhalt: Berücksichtigung des Realsplittingvorteils beim Nettoeinkommen sowie Berücksichtigung der Vorteile aus dem Zusammenleben des Unterhaltspflichtigen mit einem neuen Partner beim Unterhaltsbedarf und bei der Leistungsfähigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Zusammenleben des Unterhaltspflichtigen in einer häuslichen Gemeinschaft mit einer neuen Partnerin kann unter dem Gesichtspunkt ersparter Wohn- und Haushaltskosten nach den Umständen des Einzelfalls (bei Leistungsfähigkeit der Partnerin) die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen steigern. Im Rahmen der Berechnung des Unterhaltsbedarfs ist dieser geldwerte Vorteil aber nur dann zu berücksichtigen, wenn er die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hat.
2. Wird in der Rechtsmittelinstanz der geschuldete Unterhalt endgültig festgelegt, kann vom Unterhaltsschuldner zur Verbesserung seiner Leistungsfähigkeit die Eintragung eines steuerlichen Freibetrages in die Lohnsteuerkarte nach §§ 10 Abs. 1 Nr. 1, 39a Abs. 1 Nr. 2 EStG verlangt werden.
Normenkette
BGB §§ 1572, 1578, 1578b; EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1; ESTG § 39a Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Siegen (Urteil vom 24.06.2009; Aktenzeichen 15 F 1896/05) |
Tenor
Auf die Berufung des Antragstellers wird das am 24.6.2009 verkündete Urteil des AG - Familiengericht - Siegen - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - in seinem Ausspruch zum nachehelichen Unterhalt (Ziff. III.) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Antragsteller wird verpflichtet, an die Antragsgegnerin nachehelichen Unterhalt i.H.v. monatlich 1.045 EUR (832 EUR Elementarunterhalt zzgl. 213 EUR Altersvorsorgeunterhalt) für die Zeit vom 3.11.2009 bis zum 31.12.2009 und i.H.v. monatlich 1.260 EUR (993 EUR Elementarunterhalt zzgl. 267 EUR Altersvorsorgeunterhalt) ab dem 1.1.2010 zu zahlen. Im Übrigen wird der Antrag auf Zahlung nachehelichen Unterhalts zurückgewiesen.
Die Anschlussberufung der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.
Auch die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. In dem vorliegenden Berufungsverfahren streiten die Parteien nur noch über den nachehelichen Unterhalt, den der Antragsteller an die Antragsgegnerin zahlen soll. Der Scheidungsausspruch, der Versorgungsausgleich und die Entscheidung des AG zum Zugewinnausgleich in dem Verbundurteil vom 24.6.2009 sind am 3.11.2009 rechtskräftig geworden.
Der am 18.3.1957 geborene Antragsteller und die am 11.3.1958 geborene Antragsgegnerin haben am 7.10.1983 geheiratet. Aus ihrer Ehe sind zwei inzwischen volljährige Kinder hervorgegangen. Die Parteien haben sich zum Ende des Jahres 2004 getrennt. Seinerzeit ist die Antragsgegnerin aus dem - im Alleineigentum des Antragstellers stehenden - Haus G-Straße in T ausgezogen, wo der Antragsteller heute noch wohnt und wo inzwischen auch seine neue Partnerin eingezogen ist.
Der Antragsteller arbeitet schon seit langem als Verkäufer von Mercedes Benz Lkw und Nutzfahrzeugen bei der Firma B. Die Antragsgegnerin hat nach ihrem Hauptschulabschluss den Beruf der Friseurin erlernt. Bis zur Geburt des ersten Kindes Anfang 1984 hat sie in diesem Beruf gearbeitet. Von April 1999 bis Juli 2005 war sie dann wieder mit geringfügigen versicherungsfreien Beschäftigungen erwerbstätig. Seit März 2005 ist sie in psychiatrisch-psychotherapeutischer Behandlung wegen einer mittelgradigen depressiven Episode mit somatischem Syndrom.
Die Antragsgegnerin hat erstinstanzlich die Verurteilung des Antragstellers zur Zahlung nachehelichen Unterhalts i.H.v. monatlich 2.054,88 EUR verlangt. Dazu hat sie u.a. behauptet, sie sei wegen ihrer psychischen Erkrankung erwerbsunfähig.
Das AG hat zur Frage der Erwerbsfähigkeit der Antragsgegnerin ein arbeitsmedizinisches Sachverständigengutachten eingeholt und ihr Krankenunterhalt i.H.v. monatlich 1.329 EUR zugesprochen. Es hat auf der Grundlage des Gutachtens die Feststellung getroffen, dass die Antragsgegnerin zurzeit erwerbsunfähig erkrankt sei. Es sei nicht davon auszugehen, dass sie sich nicht ausreichend der notwendigen Therapie unterziehe, so dass eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nicht eingetreten sei. Wegen der unsicheren Zukunftsprognose in Bezug auf ihr Einkommen komme eine Begrenzung oder Befristung des Anspruchs jedenfalls zurzeit nicht in Betracht.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Antragsteller mit seiner Berufung.
Er beanstandet zur Höhe des Anspruchs die Berechnung einzelner Positionen durch das AG. Weiter wiederholt und vertieft er seine bereits erstinstanzlich vorgetragenen Angriffe gegen das Sachverständigengutachten.
Er beantragt, unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage abzuweisen, soweit er verurteilt worden ist, ab Rechtskraft der Ehescheidung einen nachehelichen Unterhalt von mehr als 600,70 EUR monatlich zu zahlen, sowie den nachehelichen Unterhalt bis zum 30.12.2011 zu befristen.
Die Antragstellerin beantragt, die Berufung des Antragstellers zurückzuweisen und - im Wege de...