Leitsatz (amtlich)
1. Die Ausstellung eines Versicherungsscheins stellt kein höchstpersönliches bzw. formgebundenes Rechtsgeschäft dar. Sie kann so auch als "Versicherungsbestätigung" von dem für den Versicherer tätigen Makler vorgenommen werden.
2. Ist die Versicherung für mehrere Versicherungsnehmer abgeschlossen, so haften alle als Gesamtschuldner für die einheitliche Versicherungsforderung. Die Prämienzahlungspflicht des einzelnen (Mit-)Versicherungsnehmers bemisst sich nicht nach dem jeweils eigenen Interesse. Lediglich im Innenverhältnis können nach § 426 BGB die internen am jeweiligen Interesse ausgerichteten Ausgleichsregeln dazu führen, dass ein Gesamtschuldner im Ergebnis nur für den auf sein Risiko entfallenden Anteil haftet.
3. Die Prämienabrechnung des vom Versicherungsnehmer beauftragten Maklers begründet keine Rechtsscheinvollmacht zu Lasten des Versicherers, wenn der Makler gegenüber dem Versicherungsnehmer nicht als Vertreter des Versicherers auftritt.
Verfahrensgang
LG Arnsberg (Aktenzeichen I-8 O 106/10) |
Tenor
Die Berufungen der Beklagten und der Streithelferin werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagte und die Streithelferin als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten und der Streithelferin wird jeweils nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 Prozent des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Beklagte betreibt ein Autohaus. Die Klägerin nimmt sie aus einem gekündigten Autohausversicherungsvertrag auf rückständige Versicherungsprämien für die Jahre 2008 und 2009 in Anspruch. Der Versicherungsvertrag war zum 1.2.2002 unter Vermittlung der F-Bank als für die Klägerin tätige Versicherungsmaklerin sowie der Streithelferin als Maklerin der Beklagten zustande gekommen und umfasste ausweislich der von der F-Bank ausgestellten Versicherungsbestätigung vom 1.2.2002 (Bl. 393 d.A.) zunächst nur den Kfz-Handel und Handwerksbetrieb der Beklagten selbst.
Mit Wirkung zum 1.1.2008 wurde der Versicherungsschutz nach entsprechenden Verhandlungen der Streithelferin auf Seiten der Beklagten mit der F-Bank auf Seiten der Klägerin u.a. auf die Risiken aus dem Betrieb der T-GmbH in W erweitert. Zum Hintergrund dieser Vertragserweiterung wird auf den zur Akte gereichten Schriftverkehr der Versicherungsmakler (Bl. 113 - 128 d.A.) verwiesen. Wegen der Einzelheiten des erweiterten Versicherungsvertrages wird auf die von der F-Bank ausgestellten Versicherungsbestätigungen vom 16.1.2008 und 23.1.2009 (Bl. 199 d.A., Anl. K 1 zur Klageschrift) sowie auf die "Besonderen Bedingungen für die Autohaus Police C 2003" (Anlage K 2 zur Klageschrift) Bezug genommen.
Die Versicherungsprämien zahlte die Beklagte ausschließlich an die Streithelferin, die diese bis einschließlich 2008 an die F-Bank weiterleitete, die die Prämienabrechnungen aufgrund einer entsprechenden Inkassovollmacht für die Klägerin vornahm. Vom 1.1.2009 an waren die Prämien ausweislich eines an die Beklagte und an die Streithelferin gerichteten Schreibens der F-Bank vom 24.9.2008 direkt an die Klägerin zu leisten (Bl. 148, 149 d.A.). Die Beklagte ließ die Prämienabrechnungen weiter von der Streithelferin vornehmen (vgl. Email vom 13.10.2008, Bl. 147), welche nach Erhalt einer von der F-Bank unter dem 23.5.2009 erstellten Abrechnung (Anlage K 5 zur Klageschrift) unter dem 11.8.2009 die für 2008 nach- bzw. für 2009 vorausberechneten Prämien für die "PK Gruppe" abrechnete (Bl. 195, 196 d.A.). Dabei brachte sie einerseits die Teilprämie i.H.v. 19.756,06 EUR (8.738,56 EUR für 2008, 11.017,50 EUR für 2009) in Abzug, die auf die Versicherung der mittlerweile insolventen T-GmbH entfiel (Insolvenzeröffnung am 25.9.2008), sowie andererseits einen Betrag von 18.755,40 EUR, den sie als von der F-Bank ihr gegenüber abzuführende Courtage bezeichnete (Bl. 195, 196).
Diese einbehaltenen Beträge sind Gegenstand der gegen die Beklagte erhobenen Klage.
Die Klägerin hat sich im Hinblick auf die für die Versicherung der T-GmbH zu entrichtende Teilprämie auf den Standpunkt gestellt, diese sei von der Beklagten als Versicherungsnehmerin zu erbringen, weil die T-GmbH ausweislich der als Versicherungsschein zu würdigenden Versicherungsbestätigung der F-Bank vom 23.1.2009 lediglich mitversicherte Person sei.
Daneben hafte die Beklagte auch für die von der Streithelferin wegen einer ihr angeblich gegenüber der F-Bank bestehenden Courtageforderung einbehaltenen Beträge. Auf eine befreiende Wirkung ihrer Prämienzahlungen an die Streithelferin könne sich die Beklagte nicht berufen, weil die mit der Streithelferin unstreitig unter dem 14.1.2002 getroffene "Vereinbarung zum Vermittlerinkasso" (Bl. 143 d.A.) nur für die von der Streithelferin für die Klägerin vermittelten Versicherungen gelte.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an...