Entscheidungsstichwort (Thema)
Computerkosten als Sonderbedarf bei Lernschwierigkeiten
Leitsatz (amtlich)
Bei Lernschwierigkeiten können die Kosten eines Computers zum Einsatz von Lernprogrammen Sonderbedarf i.S.v. § 1613 Abs. 2 BGB sein. Dabei kommt es nicht nur darauf an, ob die Anschaffung vorhersehbar und planbar war, sondern auch darauf, ob nach den finanziellen Verhältnissen des Berechtigten Rücklagen gebildet werden konnten.
Verfahrensgang
AG Beckum (Urteil vom 03.06.2002; Aktenzeichen 7 F 351/01) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 3.6.2002 verkündete Urteil des AG – FamG – Beckum wird zurückwiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die am 31.3.1987 geborene Klägerin ist die Tochter des Beklagten aus dessen geschiedener Ehe mit ihrer Mutter, in deren Haushalt sie lebt. Sie verlangt von ihrem Vater die Erstattung der Kosten für die Anschaffung eines Computers. Dem liegt Folgendes zugrunde:
Die Klägerin wird seit 1997 ärztlich behandelt. Es ist ein Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom mit Hyperaktivität festgestellt worden, das sich in schlechten Schulleistungen niedergeschlagen hat. 1998 ist sie im 4. Grundschuljahr wegen mangelhafter Leistungen in Rechtschreibung und Mathematik in die 3. Klasse zurückversetzt worden. Im Sommer 1999 ist sie gem. der ausgesprochenen Empfehlung auf die R.-Hauptschule gewechselt. Dort sackten ihre Leistungen erneut ab.
Im November 1999 kaufte die Mutter der Klägerin einen 3 Monate alten Personalcomputer von der Firma B.-GmbH, der dem neuesten technischen Stand entsprach und 2.099,60 DM gekostet hat. Anlass der Anschaffung soll die Empfehlung gewesen sein, zur Förderung der Klägerin Lernprogramme einzusetzen. Gleichwohl forderte der von der Mutter eingeschaltete Anwalt den Beklagten mit Schreiben vom 15.2.2000 auf, zur Anschaffung eines Computers für die Klägerin einen Betrag von 2.300 DM zur Verfügung zu stellen.
In der Klage hat die Klägerin die Erstattung der Kosten des im November 1999 angeschafften Computers verlangt und zur Begründung ausgeführt, sie habe den Computer wegen ihrer Lernschwäche kurzfristig kaufen müssen. Deshalb handele es sich um einen überraschend aufgetretenen Sonderbedarf, der gem. § 1613 Abs. 3 BGB noch nachträglich geltend gemacht werden könne.
Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.035,33 Euro nebst 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.12.2001 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat zunächst bestritten, dass die Firma B. einen Computer geliefert habe, und darauf verwiesen, dass die Mutter der Klägerin mit der Juniorchefin befreundet sei; von seiner Tochter habe er nämlich gehört, dass der zu Hause benutzte Computer von der Fachhochschule stamme, an der die Mutter tätig sei.
Hilfsweise hat er sich darauf berufen, dass der Computer der Firma B. mit Komponenten ausgestattet sei, die für die Zwecke der Klägerin nicht erforderlich gewesen seien.
Das AG hat die Klage aus zwei Gründen abgewiesen. Zum einen bestünden Bedenken, ob es sich um einen Sonderbedarf im Sinne des Gesetzes gehandelt habe, da sich die Notwendigkeit des Einsatzes eines Computers mit Lernprogrammen nicht plötzlich ergeben habe. Darüber hinaus sei aber auch nicht ersichtlich, dass gem. der Ankündigung im Schreiben vom 15.2.2000 ein weiterer Computer für die Klägerin angeschafft worden sei.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlich gestellten Antrag weiterverfolgt. Sie macht geltend, das AG habe ihren erstinstanzlichen Vortrag missverstanden. Es sei immer nur um die Erstattung der Kosten für den von der Firma B. erworbenen Computer gegangen, der ausschließlich für sie angeschafft worden sei. Ihr Anwalt sei dann beauftragt worden, die tatsächlich entstandenen Kosten einzufordern. Die der Anforderung beigefügten Angebote aus Zeitungen hätten nur belegen sollen, dass der für den Computer aufgewandte Betrag angemessen gewesen sei. Der Anwalt habe dann aus für ihn selbst nicht mehr nachvollziehbaren Gründen versehentlich nicht den tatsächlich aufgewandten Betrag, sondern die Kosten für eine künftige Anschaffung geltend gemacht. An diesem Fehler könne der Anspruch nicht scheitern.
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.073,51 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.12.2001 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das Urteil des AG. Er bestreitet, dass bei der Klägerin zum Ausgleich besonderer Schwächen der Einsatz eines Computers geboten gewesen sei. Darüber hinaus blieben trotz der persönlichen Erklärung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin Zweifel, dass der Computer für sie angeschafft worden sei. Vielmehr sei zu vermuten, dass die Mutter der Klägerin den über die Firma B. bezogenen hochwertigen Computer zumindest auch für ihre eigenen Bedürfnisse als Fotografin habe ei...