Entscheidungsstichwort (Thema)

BU-Versicherung: Aufzeigelast des Versicherers bei abstrakter Verweisung

 

Leitsatz (amtlich)

Verweist der BU-Versicherer den VN abstrakt auf einen anderen Beruf, so muss er die Anforderungen dieses Verweisungsberufs so detailliert beschreiben, dass der VN erwidern kann. Kommt es auf Einzelheiten des Verweisungsberufs an, muss der Versicherer dazu vortragen.

Hier: Verweisung auf "Hausmeister in größeren Wohnanlagen/Verwaltungen" mangels hinreichender Darlegung des Versicherers ohne Erfolg.

 

Verfahrensgang

LG Münster (Aktenzeichen 115 O 64/12)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 20. September 2016 verkündete Urteil der 115. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zur Vers.-Nr. 6.5116181.49 für die Zeit vom 01.10.2008 eine Rente in Höhe von monatlich 517,90 EUR bis zum 01.12.2027 oder, sofern der Kläger vor dem 01.12.2027 wieder berufsfähig werden oder versterben sollte, bis zu diesem Zeitpunkt zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 21.233,90 EUR seit dem 28.03.2012 zu zahlen.

Die Beklagte wird ferner verurteilt, den Kläger von der Kostenforderung der Rechtsanwälte C, F Straße 16 - 18, H in Höhe von 1.641,96 EUR freizustellen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von der Beitragszahlungspflicht für die Versicherung Nr. xx für die Zeit vom 01.10.2008 bis zum 01.12.2027 oder, sofern der Kläger vor dem 01.12.2027 wieder berufsfähig werden oder versterben sollte, bis zu diesem Zeitpunkt, freizustellen.

Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Beklagten zu Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Vollstreckungsschuldner darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung auf Rentenzahlung und Beitragsbefreiung für die Zeit ab dem 01.10.2008 in Anspruch.

Für den Kläger besteht bei der Beklagten seit Juni 1995 eine Lebensversicherung mit einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Dem Vertrag liegen unter anderem die "Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung" der Beklagten zugrunde (im Folgenden: BB-BUZ). Diese lauten auszugsweise wie folgt:

§ 1 Was ist versichert?

(1) Wird die versicherte Person während der Versicherungsdauer dieser Zusatzversicherung zu mindestens 50 % berufsunfähig, so erbringen wir folgende Versicherungsleistungen:

a) Volle Befreiung von der Beitragszahlungspflicht für die Hauptversicherung und die eingeschlossenen Zusatzversicherungen [...];

b) zusätzlich Zahlung der vereinbarten Berufsunfähigkeits-Barrente, wenn diese mitversichert ist [...]. Die Rente zahlen wir monatlich im voraus.

[...]

Bei einem geringeren Grad der Berufsunfähigkeit besteht kein Anspruch auf diese Versicherungsleistungen.

(2) Der Anspruch auf Beitragsbefreiung und Barrente entsteht mit Ablauf des Monats, in dem die Berufsunfähigkeit eingetreten ist.

[...]

§ 2 Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen?

(1) Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich dauernd außerstande ist, ihren Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.

(2) Teilweise Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen nur in einem bestimmten Grad voraussichtlich dauernd erfüllt sind.

(3) Ist die versicherte Person sechs Monate ununterbrochen infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, vollständig oder teilweise außerstande gewesen, ihren Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht, so gilt die Fortdauer dieses Zustandes als vollständige oder teilweise Berufsunfähigkeit.

[...]"

Im Frühjahr 2008 beantragte der Kläger Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung bei der Beklagten. Er machte geltend, an einem chronisch-degenerativen HWS-/LWS-Syndrom mit Mehretagen-Bandscheibenvorfall zu leiden.

In gesunden Tagen war der Kläger zuletzt als Betriebsschlosser bei der Firma E tätig gewesen, und zwar abwechselnd in Früh- und Spätschicht.

Die Beklagte trat in die Leistungsprüfung ein.

Als diese im Sommer 2008 noch andauerte, übersandte sie dem Kläger mit Schreiben vom 03.07.2008 (GA 124) den Entwurf einer Vereinbarung über die Erbringung von Zahlungen für den Zeitraum von März bis einschließlich September 2008. In dem Anschreiben erläuterte die Beklagte, dass insbesondere ungeklärt sei, ob eine Verweisungsmöglichkeit bestehe. Weiter heißt es unter an...

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