Leitsatz (amtlich)
Einem Leasingnehmer steht bei einem Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung kein gesetzliches Widerrufsrecht nach § 506 Abs. 2 BGB oder in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift zu.
Normenkette
BGB § 506 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Bochum (Aktenzeichen 1 O 251/19) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 03.12.2019 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bochum - 1 O 251/19 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 13.896,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines durch die Klägerin erklärten Widerrufs betreffend einen Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung für ein Kraftfahrzeug.
Unter dem 20.03.2018 schlossen die Parteien unter Einbeziehung der "PrivatLeasing-Bedingungen" der Beklagten einen Finanzierungsleasingvertrag mit Kilometerabrechnung über den Gebrauchtwagen B ...0 R 0.0 ... ab. Vereinbart wurde die Zahlung von 36 monatlichen Leasingraten i.H.v. jeweils 579,00 EUR (= insgesamt 20.844,00 EUR) durch die Klägerin. Dieser wurde eine "Widerrufsinformation" sowie die Unterlage "Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite" ausgehändigt.
Die Beklagte erwarb das Leasingfahrzeug bei der Verkäuferin, der O GmbH in T, und stellte es der Klägerin zur Nutzung zur Verfügung.
Die Klägerin zahlte von März 2018 bis Februar 2019 12 monatliche Raten i.H.v. jeweils 579,00 EUR, mithin insgesamt 6.948,00 EUR.
Mit Schreiben vom 04.02.2019 erklärte die Klägerin den Widerruf ihrer auf den Abschluss des Leasingvertrages gerichteten Willenserklärung. Sie forderte die Beklagte zur Rückzahlung geleisteter Raten bis zum 18.02.2019 auf. Die Klägerin begründete ihre Widerrufserklärung damit, dass sie nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt worden sei.
Die Beklagte wies mit Schreiben vom 26.02.2019 jegliche Ansprüche der Klägerin zurück. Ein Widerrufsrecht zu Gunsten der Klägerin bestehe nicht mehr.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 20.03.2020 forderte die Klägerin die Beklagte erneut zur Rückzahlung der geleisteten Leasingraten auf und setzte diesbezüglich eine Frist von 7 Tagen ab Rückgabe des Fahrzeuges. Darüber hinaus bot sie die Rückgabe des geleasten Fahrzeuges unter Fristsetzung zur Rücknahme von 2 Wochen an. Schließlich erklärte sie die Aufrechnung des Rückzahlungsanspruchs für geleistete Zinszahlungen mit dem Nutzungsersatzanspruch für den geleisteten Kapitaldienst in selbiger Höhe.
Die Klägerin hat daraufhin mit Einreichung der Klageschrift vom 31.05.2019 Klage erhoben, die der Beklagten am 31.07.2019 zugestellt worden ist.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, aufgrund des von ihr erklärten Widerrufs sei der Leasingvertrag rückabzuwickeln.
Es bestehe ein gesetzliches Widerrufsrecht nach §§ 506, 495, 355 BGB. Auf Leasingverträge mit Kilometerabrechnung sei § 506 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB entsprechend anwendbar.
Das ihr zustehende Widerrufsrecht habe sie auch mit Schreiben vom 04.02.2019 noch ausüben können. Denn die Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft gewesen, mit der Folge, dass die 14-tägige Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe.
Ein Wertersatzanspruch stehe der Beklagten nicht zu, jedenfalls sei eine Berechnung lediglich auf Grundlage der gefahrenen Kilometer vorzunehmen.
Die Klägerin hat beantragt,
1) festzustellen, dass aufgrund des wirksam erfolgten Widerrufs vom 04.02.2019 die Beklagte aus dem Leasingvertrag vom 20.03.2018 mit der Vertragsnummer ...000050 keine Rechte - insbesondere keinen Anspruch auf Zahlung der Leasingraten (mehr) - herleiten kann,
und im Wege der innerprozessualen Bedingung, für den Fall, dass der Klageantrag zu 1) zulässig und begründet ist:
2) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 6.948,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB ab dem 01.03.2019 binnen sieben Tagen nach Übergabe des Fahrzeugs B ...0 R 0.0 ..., Fahrgestellnummer ...00...000009, zu zahlen;
3) festzustellen, dass die Beklagte sich mit der Entgegennahme des Fahrzeugs aus dem Antrag zu 2) in Annahmeverzug befindet;
4) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von 1.171,67 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit für die außergerichtliche anwaltliche Rechtsverfolgung zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Bochum gerügt.
Des Weiteren hat sie die Auffassung vertreten, der Feststellungsantrag sei wegen des Vorrangs der Leistungsklage unzulässig. Die Klägerin sei in ...