Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung der Formulierung 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz in einem Titel

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Antragstellung 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz muss vom Antragsgegner und vom Gericht in der Regel dahin verstanden werden, dass der Antragsteller in Anlehnung an § 288 Abs. 1 S. 2 BGB eine Verzinsung i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz begehrt.

2. Spricht das Gericht 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz zu, hat das Vollstreckungsorgan den Titel dahin zu verstehen, dass der gesetzliche Zinssatz gem. § 288 Abs. 1 S. 2 BGB gemeint ist. Das gilt auch dann, wenn die Formulierung in einem Prozessvergleich enthalten ist.

 

Normenkette

BGB § 288 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Essen (Urteil vom 06.10.2004; Aktenzeichen 41 O 113/04)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 6.10.2004 verkündete Urteil der ersten Kammer für Handelssachen des LG Essen wird auf ihre Kosten zurückgewiesen, wobei klarstellend festgestellt wird, dass die Verpflichtung zur Zahlung von 8,53 EUR Tageszinsen seit dem 20.4.2004 wegen der insoweit zwischenzeitlich erklärten Klagerücknahme entfällt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Unter Berücksichtigung des zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien stellt sich der Sachverhalt nunmehr wie folgt dar:

Die Klägerin nahm die Beklagte zu 1) im Vorprozess beim LG Essen unter dem Aktenzeichen 42 O 51/02 zunächst auf Zahlung restlicher 260.000 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz vom 18.12.2000 bis 31.12.2001 und 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1.1.2002 wegen gelieferter und montierter Bergbauausrüstung in Anspruch.

Am 15.1.2003 verurteilte das LG die Beklagte zu 1) unter Zurückweisung des weiter gehenden Zinsantrages zur Zahlung von 260.000 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 % vom 19.12.2000 bis 23.12.2000 sowie von 5 % über dem Basiszinssatz vom 24.12.2000 bis zum 31.12.2001 und 8 % über dem Basiszinssatz seit dem 1.1.2002. In den Entscheidungsgründen wurde der Zinsanspruch auf §§ 352, 353 HGB, 288 BGB a.F. und n.F. gestützt.

Gegen dieses Urteil legte die Beklagte zu 1) Berufung ein, die sie hinsichtlich des Zinsanspruchs u.a. damit begründete, § 288 BGB sei unrichtig angewandt worden. Dem trat die Klägerin entgegen und behauptete zudem, die tatsächlich angefallenen Zinsen seien weitaus höher.

Am 4.12.2003 schlossen die Parteien des damaligen Rechtsstreits auf Vorschlag des Senats einen Prozessvergleich, der unter Ziff. 1) folgendermaßen lautet:

Die Beklagte zahlt an die Klägerin noch einen Betrag i.H.v. 200.000 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 12.12.2001.

Der Vergleichsbetrag sollte in Raten gezahlt werden. Vor Fälligkeit der letzten Rate legte die Klägerin der Beklagten zu 1) eine Zinsaufstellung vor, nach der per 5.5.2004 Zinsen von 32.064,54 EUR angefallen seien und auf die damals noch ausstehende Hauptforderung von 50.000 EUR ab dem 6.5.2004 8,53 EUR Tageszinsen anfielen. Die Zinsberechnung beruhte auf einem Zinsanspruch, der sich aus einer Addition von 5 % mit dem Basiszinssatz ergab.

Die Beklagte zu 1) zahlte die restliche Hauptforderung von 50.000 EUR, die geltend gemachte Zinsforderung jedoch nur i.H.v. 9.283,02 EUR, weil der titulierte Anspruch von 5 % über dem Basiszinssatz anders als 5 %-Punkte über dem Basiszinssatz bedeute, dass der Basiszinssatz lediglich um 1/20 von 1,22 % auf 1,281 % zu erhöhen sei.

Die Klägerin hat daraufhin im hiesigen Rechtsstreit die Zinsdifferenz von 22.781,52 EUR und eine Kostenrechnung vom 1.4.2004 über 3.281,50 EUR, also insgesamt 26.063,02 EUR nebst Tageszinsen von 8,53 EUR seit dem 20.4.2004 geltend gemacht. Insofern hat sie von der Beklagten zu 2) gestützt auf eine Prozessbürgschaft vom 21.2.2003 Zahlung verlangt. Die Beklagte zu 1) hat sie darauf in Anspruch genommen, ggü. der Beklagten zu 2) die Zustimmung zur Zahlung des Betrages zu erteilen. Sie hat die Anträge jeweils Zug um Zug gegen Herausgabe der Bürgschaft gestellt.

Die Beklagten sind den Forderungen unter Aufrechterhaltung der von der Beklagten zu 1) bereits vorprozessual vertretenen Meinung zur Auslegung des Vergleichs entgegengetreten. Die Beklagte zu 1) hat widerklagend die Herausgabe der Bürgschaft beantragt.

Mit am 6.10.2004 verkündetem Urteil hat das LG die Beklagte zu 1) verurteilt, ggü. der Beklagten zu 2) die Zustimmung zu geben zur Zahlung des Betrages von 22.781,52 EUR zzgl. 8,53 EUR Tageszinsen ab dem 20.4.2004 an die Klägerin, Zug um Zug gegen Herausgabe der Bürgschaft der Deutschen Bank vom 21.2.2003 über 166.000 EUR. Die Beklagte zu 2) hat die Kammer verurteilt, an die Klägerin einen Betrag i.H.v. 22.781...

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