Leitsatz (amtlich)

Eine in einem Kniegelenk mit dem Ziel der Neutralstellung durchgeführte Umstellungsosteotomie ist bei einem 52-jährigen Patienten nicht behandlungsfehlerhaft und nicht ohne ausreichende ärztliche Aufklärung durchgeführt worden, weil dem Patienten keine Operation mit einer Schlittenprothese empfohlen wurde.

 

Normenkette

BGB §§ 280, 278, 253, 823, 831

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Urteil vom 24.01.2012; Aktenzeichen 4 O 72/09)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 24.1.2012 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des LG Bielefeld wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufungsinstanz werden dem Kläger auferlegt.

Das angefochtene Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt Schmerzensgeld und Schadensersatz aufgrund vermeintlicher Behandlungs- und Aufklärungsfehler anlässlich einer stationären Behandlung im Krankenhaus der Beklagten zu 2 durch den Beklagten zu 1.

Der Kläger litt unter einer Abnutzung des Kniegelenks, die ihm zunehmend Schmerzen bereitete. Deswegen stellte er sich am 15.9.2006 in der unfallchirurgischen Ambulanz des Krankenhauses C vor, dessen Trägerin die Beklagte zu 2 ist, nachdem eine im April 2005 durchgeführte Arthroskopie nicht den gewünschten Erfolg erbracht hatte. Aufgrund der durchgeführten Untersuchung wurde ihm zu einer Operation geraten. Ihm wurde ein Aufklärungsbogen mitgegeben und ein Operationstermin vereinbart.

Dementsprechend stellte sich der Kläger am 13.12.2006 unter Vorlage der von ihm am 12.12.2006 unterzeichneten Einverständniserklärung zur stationären Aufnahme bei der Beklagten zu 2 vor. An diesem Tag unterzeichnete er erneut einen Aufklärungsbogen, der sich auf eine Umstellungsosteotomie bezog. Diese Operation wurde am 15.12.2006 durch den Beklagten zu 1 durchgeführt. Der postoperative Verlauf verlief komplikationslos und der Kläger konnte am 22.12.2006 entlassen werden.

Tatsächlich trat kein Erfolg der Behandlung ein. Der Kläger litt vielmehr unter zunehmenden Schmerzen und Taubheitsgefühlen, so dass er nach erfolgloser Absolvierung einer Reha-Maßnahme schließlich in K nochmals operiert wurde. Daran schloss sich erneut eine Reha-Maßnahme an.

Der Kläger hat Behandlungs-und Aufklärungsfehler sowie die Durchführung einer nicht gewollten Operation behauptet und dazu vorgetragen, dass er lediglich mit der Durchführung einer Schlittenprothese einverstanden gewesen sei. Darüber habe es zwischen ihm und dem Beklagten zu 1 noch kurz vor der Operation eine Auseinandersetzung gegeben. Insgesamt sei die Operation fehlerhaft und von vornherein die falsche Wahl gewesen. Insoweit sei er nicht richtig aufgeklärt worden. Durch die durchgeführte Umstellungsosteotomie leide er auch nach der Operation in K jetzt unter einer erheblichen Beeinträchtigung der Kniegelenksfunktion.

Vor diesem Hintergrund hat der Kläger neben einem Schadensersatz von 10.578,27 EUR ein Schmerzensgeld von mindestens 25.000 EUR sowie die Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige materielle und immaterielle Schäden verlangt.

Das LG hat bezüglich der Frage der Aufklärung und Einwilligung des Klägers zur Umstellungsosteotomie Zeugen vernommen und wegen der behaupteten Behandlungsfehler darüber hinaus ein Gutachten von Prof. Dr. I eingeholt, der sein Gutachten nochmals mündlich erläutert hat. Danach hat es die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass nach den Zeugenaussagen in Verbindung mit den vorliegenden unterzeichneten Einverständniserklärungen des Klägers eine Einwilligung zur Umstellungsosteotomie nachgewiesen sei und Behandlungsfehler nach den Ausführungen des Sachverständigen nicht vorlägen.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers.

Er macht geltend, dass die Bewertung durch den Sachverständigen nicht der medizinischen Überprüfung standhalte, weil es hier dem medizinischen Standard des Jahres 2006 entsprochen habe, eine Überkorrektur in X-Bein-Stellung zu erreichen. Man müsse hierzu Prof. Dr. M hören, der ein anerkannter Fachmann auf diesem Gebiet sei. Tatsächlich ergebe sich hier auch aus dem Misserfolg der Operation deren Fehlerhaftigkeit, weil selbst einem medizinischen Laien eingängig sei, dass bei einer Schädigung des medialen Kniegelenkskompartimentes eine lediglich intraoperativ eingerichtete Neutralstellung der mechanischen Beinachse nicht zur Entlastung des medialen Kompartimentes führen könne. Die Revisionsoperation habe dies eindrucksvoll belegt.

Es fehle auch an einer ausreichenden Aufklärung, weil der Sachverständige in der Umstellungsosteotomie sowie der Schlittenprothese zwei Alternativen gesehen habe, über die man habe aufklären müssen. Die am 13.12.2006 erfolgte Aufklärung sei auch nicht ausreichend gewesen, weil sie sich nicht hinreichend mit den Vor- und Nachteilen beschäftigt habe und auch die entstehenden Risiken bezüglich ei...

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