Leitsatz (amtlich)
Begründet die Höhe der Begrenzung (Bordstein von mindestens 18 cm Höhe) einer Parkfläche, in die entweder vorwärts oder rückwärts eingeparkt wird, die Gefahr, dass der vordere oder hintere Karosserieüberhang beim Überfahren schadensträchtig aufsetzt, wird das den Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht nicht gerecht.
Den Fahrzeugführer wie Halter belastet neben der Betriebsgefahr seines Fahrzeugs ein Mitverschulden, wenn er die Parkplatzbegrenzung ohne zwingenden Grund mit dem Karosserieüberhang überfährt.
Verfahrensgang
LG Siegen (Urteil vom 18.12.2006; Aktenzeichen 2 O 100/06) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 18.12.2006 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Siegen abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 422,98 EUR nebst Zinsen O i.H.v. 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem 30.3.2006 zu zahlen. Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung O i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Gründe
I. Am 16.12.2005 gegen 14.00 Uhr beabsichtigte der Kläger mit seinem Pkw BMW 525 vorwärts in eine der rechtwinklig zur Fahrbahn angeordneten Parktaschen auf dem Parkplatz des Kreishauses T einzuparken. Beim Einparken kam er mit der vorderen Karosserie seines Fahrzeugs über den 18 cm hohen Randstein des Parkplatzes hinaus und riss sich nach seiner Darstellung beim Zurücksetzen seines Fahrzeugs die Vorderverkleidung des vorderen Stoßfängers ab.
Mit der Klage hat der Kläger die Reparaturkosten für seinen Pkw O i.H.v. 741,59 EUR geltend gemacht. Er hat behauptet, aufgrund einer im vorderen Bereich der Parkbucht befindlichen Unebenheit in der Pflasterung habe der Höhenunterschied zwischen Fahrbahn und Randstein 20 bis 23 cm betragen.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, ein Autofahrer dürfe darauf vertrauen, dass Randsteine problemlos überfahren werden können, bei der streitgegenständlichen Begrenzung der Parkplatzbucht handele es sich daher um eine nicht erkennbare Gefahrenquelle, für deren Abhilfe der Beklagte habe Sorge tragen müssen.
Der Beklagte ist diesem Begehren entgegen getreten und hat darauf verwiesen, dass keine verbindlichen Vorgaben für Parkplatzumrandungen bestünden und demgemäß jeder Benutzer selbst zu entscheiden habe, ob er eine derartige Umrandung überfahre oder nicht.
Das LG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Beklagten zuzustimmen sei, wonach jeder selbst zu entscheiden habe, ob er einen Bordstein überfahre oder nicht und demgemäß eine Haftung des Beklagten ausscheide.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er weiterhin vollen Schadensersatz O i.H.v. 741,59 EUR begehrt. Er rügt nicht nur das Beweisverfahren des LG, sondern greift darüber hinaus die Wertung des LG an, wonach die Bordsteinbegrenzung keine abhilfebedürftige Gefahrenquelle darstelle.
Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und begehrt die Zurückweisung der Berufung.
II. Die zulässige Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg. Der Kläger kann von dem Beklagten gem. § 839 Abs. 1 BGB, Art. 34 GG Schadensersatz fordern, wobei er sich jedoch einen hälftigen Eigenverantwortungsanteil anrechnen lassen muss.
1. Der Senat hat nach der Anhörung des Klägers zunächst keinen Zweifel daran, dass dieser sein Fahrzeug beim Einparken in die Parkbucht beschädigt hat, indem er mit den Rädern an die Bordsteinbegrenzung heranfuhr, dabei mit der vorderen Karosserie über den Bordstein hinaus geriet und sodann beim Zurücksetzen der vordere Stoßfänger beschädigt wurde.
2. Der Beklagte muss auf der Basis der vom LG getroffenen Feststellungen den Vorwurf einer Verkehrssicherungspflichtverletzung gegen sich gelten lassen. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Höhenunterschied zwischen der Fahrbahn der Parkbucht und dem Bordstein nur 18 cm oder sogar 23 cm betragen hat. Der die Parkbucht begrenzende Bordstein stellt in jedem Fall bei generell abstrakter Sicht der Dinge eine abhilfebedürftige Gefahrenquelle dar. Die Abhilfebedürftigkeit folgt daraus, dass dieser Bordstein jedenfalls so hoch ist, dass beim Überfahren mit Teilen der Karosserie Schäden für ein serienmäßiges Kraftfahrzeug drohen und der Beklagte ein derartiges Fahrverhalten der Parkplatzbenutzer in Rechnung stellen musste. Denn bei der vorhandenen Gestaltung des Parkplatzes, bei der die Parktaschen lediglich durch einen Randstein von einem unbepflanzten Beet abgegrenzt werden, entspricht es gängigem Fahrverhalten, dass Kraftfahrer mit den Rädern ihrer Fahrzeuge bis an den Randstein heranfahren mit der Folge, dass ein Teil des Fahrzeugs über die eigentliche Parkplatzfläche hinaus in das Pflanzbeet ragt. Ist aber aufgrund der ...