Entscheidungsstichwort (Thema)
Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens und hypothetische Kausalität
Leitsatz (amtlich)
Zum Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens, wenn ein aus Anlass einer Bauvoranfrage erlassener Zurückstellungsbescheid der Bauordnungsbehörde deshalb rechtswidrig war, weil der dem zu Grunde liegende Planaufstellungsbeschluss der Gemeinde nicht richtig bekannt gemacht worden war
Normenkette
BauGB §§ 15, 2; BekVO NRW § 2; BGB § 839; GG Art. 34; OBG NRW § 39
Verfahrensgang
LG Paderborn (Aktenzeichen 3 O 314/15) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 07.04.2016 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn wird zurückgewiesen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern die Beklagten vor der Vollstreckung nicht Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 430.100,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin macht im Wege der Teil- und nunmehr zweitinstanzlich ergänzend auch der Feststellungsklage gegen die Beklagten Schadensersatz- bzw. Entschädigungsansprüche wegen einer nach ihrer Ansicht rechtswidrigen und auch schuldhaften Verweigerung eines Bauvorbescheides für ein gewerbliches Bauvorhaben in X geltend.
Die Klägerin ist seit dem 22.08.2012 Eigentümerin des Grundstückes unter der Anschrift Q Tor ... in X, das im Geltungsbereich des Bebauungsplanes X Nr. 2 "Q2" liegt, nach welchem das Grundstück sich in einem Gewerbegebiet befindet.
Die Klägerin beabsichtigt, auf dem Grundstück neben einem bereits existierenden Supermarkt ein nach dem seit 1972 geltenden Bebauungsplan unstreitig zunächst ohne weiteres bauplanungsrechtlich zulässig gewesenes Gebäude für einen Drogeriemarkt zu errichten. Aus diesem Grunde reichte die Klägerin bei der Beklagten zu 2) einen auf den 26.10.2012 datierenden Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheides betreffend das o.g. Bauvorhaben ein, gerichtet auf die Feststellung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit desselben. Der Antrag ging am 05.11.2012 bei der Beklagten zu 2) ein und wurde von dieser an den als untere Bauaufsichtsbehörde zuständigen Beklagten zu 1) weitergeleitet, wo er am 13.11.2012 einging.
Am 11.12.2012 erging ein Planaufstellungsbeschluss des Rates der Beklagten zu 2), der sowohl eine Änderung des zugrundeliegenden Flächennutzungsplanes (Änderung Nr. 33) als auch des Bebauungsplanes für das Gebiet "Q2" (Änderung Nr. 5) einleiten sollte.
Nach der beabsichtigten Planänderung sollte es unzulässig sein, im Plangebiet Verkaufsstätten mit innenstadt- und nahversorgungsrelevanten Sortimenten zu betreiben. Eine Ausnahme sollte für den bereits dort befindlichen Supermarkt vorgesehen werden. Es sollten mithin bei Änderung des Bebauungsplanes die Errichtung und der Betrieb eines Drogeriemarktes bauplanungsrechtlich auf dem Grundstück der Klägerin nicht mehr zulässig sein.
Am 08.01.2013 und 09.01.2013 wurde der Planaufstellungsbeschluss betreffend die Änderungen des Flächennutzungs- und des Bebauungsplanes in der Weise bekannt gemacht, dass der Bürgermeister den Bekanntmachungstext unterzeichnete und dieser in zwei lokalen Tageszeitungen veröffentlich wurde. Es erfolgte bei der Bekanntmachung keine schriftliche Bestätigung des Bürgermeisters gemäß § 2 Abs. 3 BekanntmVO NRW darüber, dass der Wortlaut mit dem Beschluss des Rates übereinstimmt und dass nach den weiteren Vorgaben des § 2 Abs. 1 und Abs. 2 der BekanntmVO NRW verfahren worden ist.
Die Beklagte zu 2) beantragte zudem bei dem Beklagten zu 1) unter dem 09.01.2013 die Zurückstellung der Bescheidung der Bauvoranfrage der Klägerin.
Dieser Antrag wurde von der zuständigen Sachbearbeiterin des Beklagten zu 1) unter dem 10.01.2012 an die Klägerin zur Stellungnahme binnen zwei Wochen übersandt.
Mit Bescheid vom 13.02.2012, der Klägerin zugestellt am 16.02.2013, stellte der Beklagte zu 1) die Entscheidung über die Bauvoranfrage sodann bis zum 31.05.2013 zurück.
Mit Beschluss vom 08.02.2013 hatte das OVG Münster in der Zwischenzeit in anderer Sache ausgeführt, dass nach Maßgabe des § 52 Abs. 3 GO NRW a.F. (in der vom 31.12.2003 bis 30.12.2013 geltenden Fassung) bei der Bekanntmachung von Planaufstellungsbeschlüssen die wesentlichen Regelungen der Bekanntmachungsverordnung für das Land Nordrhein-Westfalen beachtet werden müssen (OVG Münster, Beschluss v. 08.02.2013, - 10 B 1239/12 -, Rn. 7, 9, juris). Zu diesen zählt nach Auffassung des OVG Münster auch die Regelung des § 2 Abs. 3 BekanntmVO NRW (OVG Münster, ibid., Rn. 13, juris). Genauso hatte in der Vorinstanz bereits das VG Gelsenkirchen mit Urteil vom 09.10.2012 entschieden (9 L 954/12).
Der 10. Senat des OVG Münster distanzierte sich in dem B...