Leitsatz (amtlich)
Ein auf dem Gehweg zum Verhindern des Parkens von Kraftfahrzeugen abgelegter Findling mit einer Höhe von ca. 40 cm, der bei Dunkelheit nicht in ausreichendem Maße für Fußgänger erkennbar ist, kann eine abhilfebedürftige Gefahrenstelle darstellen.
Normenkette
BGB § 839 Abs. 1 S. 1; GG Art. 34; StrWG NW §§ 9, 9a, 47
Verfahrensgang
LG Dortmund (Aktenzeichen 25 O 179/19) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 18.02.2020 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 11.889,75 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.07.2018 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die weiteren Aufwendungen zu 1/3 zu ersetzen, die ihr aus Anlass des Unfalls ihres Versicherten A vom 00.12.2017 entstanden sind und zukünftig entstehen, soweit die Schadensersatzansprüche des Versicherten der Klägerin gegen die Beklagte gemäß § 116 SGB X auf die Klägerin übergegangen sind.
Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.
II. Die zulässige Berufung hat teilweise Erfolg. Der Klägerin steht aus übergegangenem Recht ihres Versicherten A wegen dessen Unfalls am 00.12.2017 gegen 18.00 Uhr auf der Zstraße im Stadtgebiet der Beklagten ein Schadensersatzanspruch gemäß § 839 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG, §§ 9, 9a, 47 StrWG NW, 116 SGB X zu.
1. Zwischen den Parteien ist nicht im Streit, dass die Klägerin eintrittspflichtiger gesetzlicher Unfallversicherer ihres Versicherten A ist und infolge dessen Unfalls vom 00.12.2017 Leistungen erbrachte. Soweit dem Zeugen A ein Schadensersatzanspruch wegen der Heilbehandlungskosten gegen die Beklagte zustand, ist dieser gemäß § 116 Abs. 1 Satz 1 SGB X auf die Klägerin übergegangen.
2. Im Berufungsrechtszug ist zwischen den Parteien weiterhin nicht mehr im Streit, dass der Zeuge A sich am Unfalltag eine dislozierte Humeruskopf- sowie Humerusschaftspiralfraktur links zuzog, als er bei dem Versuch, von dem Gehweg an der Zstraße aus die Straße zu überqueren über einen von der Beklagten dort abgelegten Gesteinsbrocken von etwa 40 cm Höhe stürzte, was der Zeuge A bei seiner Vernehmung durch das Landgericht glaubhaft bekundet hatte.
3. Der Sturz des Zeugen A beruhte auf einer Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagte.
a) Als Verkehrssicherungspflichtige hatte die Beklagte im Rahmen des ihr Zumutbaren nach Kräften darauf hinzuwirken, dass die Nutzer der von ihr unterhaltenen Verkehrsflächen und somit auch des Gehwegs an der Zstraße nicht solchen Gefahrenquellen ausgesetzt werden, die für sie trotz Anwendung der von ihnen zu erwartenden Eigensorgfalt nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind oder auf die sie sich nicht rechtzeitig einzustellen vermögen (vgl. BGH, Urteil vom 21.06.1979 zu III ZR 58/78, VersR 1979, S. 1055). Darüber hinaus musste sie aber auch ein naheliegendes Fehlverhalten der Verkehrsteilnehmer berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 24.01.2002 zu III ZR 103/09, NJW 2002, S. 1265; Beschluss vom 14.06.1982 zu III ZR 129/81, VersR 1982, S. 854). Bei der Bewertung der Gefahr ist ein generell-abstrakter Maßstab unter Einbeziehung ungünstigster Wahrnehmungsbedingungen anzulegen, da der Versicherungspflichtige auch für diese möglichen Situationen Vorsorge treffen muss.
Grundsätzlich handelt eine Gemeinde nicht schon deswegen pflichtwidrig, wenn sie Poller oder vergleichbare Gegenstände an Gehwegen aufstellt und dadurch die Bewegungsfreiheit der Fußgänger in geringem Maße beschränkt. Eine solche Maßnahme soll das unbefugte Parken von Kraftfahrzeugen auf dem Bürgersteig unterbinden und dient damit gerade den Belangen des Fußgängerverkehrs. Ein Verstoß gegen § 32 StVO scheidet aus diesem Grunde aus (vgl. König in Hentschel/König/ Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl., § 32 StVO Rdn. 9 und 14 m.w.N.). Mit Pollern oder anderen Gegenständen an Gehwegrändern zur Verhinderung des Parkens mit Kraftfahrzeugen müssen Fußgänger daher in innerstädtischen Bereichen grundsätzlich stets rechnen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.03.1995 zu 18 U 172/94, NJW 1995, S. 2172).
Da eine derartige potenzielle Gefahrenquelle vom Verkehrssicherungspflichtigen jedoch selbst geschaffen worden ist, ist andererseits an die Sicherungspflicht ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. OLG Hamm, 9. Zivilsenat, Urteil vom 19.07.1996 zu 9 U 108/96, MDR 1996, S. 1131; Urteil vom 17.06.2006 zu 9 U 102/05, OLGR Hamm 2006, S. 467). Lässt sich das Errichten eines Hindernisses auf einem Gehweg nicht vermeiden oder ist es aus verkehrstechnischen Gründen sogar geboten, dann muss das Hindernis für die Benutzer des Weges auch bei Dunkelheit rechtzeitig erkennbar sein.
b) Den nach diesen Grundsätzen an sie zu stel...