Leitsatz (amtlich)
Zur Überwachungspflicht des Straßenbaulastträgers, wenn nach Errichtung der Straße und des in diesem Zusammenhang auch zur Straßenböschungsentwässerung geplanten und erstellten Gewässerlaufs nebst Durchlass unter en Straßenkörper eine Bebauung hinzugekommen ist und der - vom Straßenbaulastträger verschiedene - Gewässerunterhaltspflichtige notwendige Schutzvorkehrungen gegen eine Schädigung der Wohnbebauung hinterlässt.
Normenkette
GG Art. 34; BGB § 839
Verfahrensgang
Tenor
Die Berufung des beklagten Landes gegen das am 30.6.2010 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des LG Arnsberg wird zurückgewiesen.
Das beklagte Land hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Das beklagte Land darf die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger macht aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Ehefrau Schadenersatzansprüche wegen zwei beschädigter Pkw nach einem Starkregenereignis am 9.8.2007 geltend.
Der Kläger ist Eigentümer des Hausgrundstücks "A I." in B-O. Östlich des Hausgrundstücks führt die BAB 46 vorbei, unter der ein mit einem Gittertor verschlossener Wassertunnel verläuft, an den sich ein offener Ableitungsgraben anschließt. Dieser Ableitungsgraben, der zwei Krümmungen von etwa 90 Grad aufweist, läuft am Grundstück des Klägers vorbei. Wegen der Einzelheiten wird auf die bei den Akten befindlichen Lichtbilder (Bl. 18 d.A.) sowie die Lichtbilder in den beigezogenen Akten des selbständigen Beweisverfahrens LG Arnsberg, 1 OH 17/07 (dort Klarsichthülle Bl. 5 und Bl. 18 bis 25) Bezug genommen.
Am 9.8.2007 kam es zu einem Starkregenereignis, das seltener als alle 100 Jahre vorkommt. Dabei wurde das Grundstück des Klägers überschwemmt. Zwei auf dem klägerischen Grundstück befindliche, im Miteigentum der Eheleute E stehende und auf die Ehefrau des Klägers zugelassene Pkw, ein Opel Corsa C, amtliches KennzeichenK...-X...2, und ein Opel Astra, amtliches Kennzeichen...K-J...0, liefen mit schlammigem Wasser voll. Der Kläger hat daraufhin einen Fahrzeugschaden i.H.v. 7.161,77 EUR berechnet und erstinstanzlich neben dem berufungsführenden Land auch die Stadt Arnsberg als Gesamtschuldner in Anspruch genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zugrunde liegenden Sachverhaltes wird gem. § 540 ZPO auf die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das LG hat nach Beiziehung der Akten des selbständigen Beweisverfahrens LG Arnsberg, AZ. 1 OH 17/07, die Klage gegen die Stadt Arnsberg als Erstbeklagte abgewiesen, das beklagte Land hingegen antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dem Kläger wegen unzureichender Dimensionierung des Ableitungsgrabens ein Schadensersatzanspruch aus dem Gesichtspunkt der Amtshaftung wie der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten zustehe. Das beklagte Land habe sowohl eine Amtspflicht zur Abwehr von Hochwassergefahren als auch zum Bau und zur Unterhaltung der Autobahn einschließlich der damit zusammenhängenden Aufgaben wie dem (Um-)Bau des Grabens verletzt. Zudem habe das Land auch eine Verkehrssicherungspflicht aufgrund der Eröffnung der Gefahrenquelle des Ableitungsgrabens, welche es dadurch verletzt habe, dass dessen Tiefe nicht hinreichend bemessen und überwacht worden sei. Aufgrund der im selbständigen Beweisverfahren eingeholten Gutachten der Sachverständigen Dr. X2 und Prof. Dr. Q stehe fest, dass der Ableitungsgraben mit einer Tiefe von 0,4 m statt erforderlicher 1,15 m nicht ordnungsgemäß bemessen worden sei. Bei Auslegung des Ableitungsgrabens auf ein Hochwasser mit einer Jährlichkeit von 20 Jahren hätte der Graben bei geradem Verlauf auf eine Wassertiefe von 0,65 m ausgelegt werden müssen. Unter Berücksichtigung der ungünstigen Anstromverhältnisse in der Gewässerkrümmung in Form der beiden 90-Grad-Krümmungen habe zusätzlich ein Freibord von ca. 0,5 m berücksichtigt werden müssen, so dass insgesamt das Gerinne eine Abflusstiefe von ca. 1,15 m habe ermöglichen müssen. Trotz durchgeführten Planfeststellungsverfahrens im Jahre 1976 habe das beklagte Land den Graben auch den sich ändernden Umständen nach Ausweisung des Brachlandes in Bauland anpassen müssen. Aufgrund der unzureichenden Tiefe sei das Wasser am Schadenstage über die Ufer getreten und habe die Fahrzeuge beschädigt. Die Kausalität der Pflichtverletzungen entfalle auch nicht aufgrund des Auftretens eines Jahrhundertregens, da der Schaden bei der gebotenen Dimensionierung des Bachlaufs mit einer Abflusstiefe von 1,15 m vermieden worden wäre. Aufgrund der weiter eingeholten Sachverständigengutachten des S...