Leitsatz (amtlich)
1. Die Verletzung der öffentlich-rechtlichen Gewässerunterhaltspflicht kann zu zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen etwa von geschädigten Anliegern gegen den Träger der Gewässerunterhaltspflicht führen. Daneben kommen Schadensersatzansprüche wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht in Betracht.
2. Schadensersatzansprüche des Eigentümers bzw. Erbbauberechtigten eines an ein fließendes Gewässer angrenzenden Grundstücks wegen Beeinträchtigung eines an dem Gewässer errichteten Plattenweges infolge Durchnässung des Uferbereichs können entfallen, wenn der Weg unter Verstoß gegen gewässerrechtliche Vorschriften innerhalb eines Bereichs von 3 m neben dem Ufer gebaut wurde.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1; WHG § 39 Abs. 1; LWG NW § 97 Abs. 6
Verfahrensgang
LG Bochum (Urteil vom 14.11.2012; Aktenzeichen I-2 O 225/12) |
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 14.11.2012 verkündete Urteil des LG Bochum wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Kläger machen gegen den Beklagten Ansprüche auf Schadensersatz im Wege der Naturalrestitution aufgrund der Verletzung von Gewässerunterhaltungs- und Verkehrssicherungspflichten geltend.
Die Kläger bewohnen das Haus M-Straße 19 in N. Der Beklagte ist gewässerunterhaltungspflichtig für den M Graben, der entlang der Grundstücksgrenze des Grundstücks M-Straße 19 verläuft. Parallel zur Böschungsoberkante verläuft ein zum Grundstück M-Straße 19 gehörender, gepflasterter Gehweg, der auch zu den Häusern M-Straße 13, 15 und 17 führt.
Die Kläger haben behauptet, sie seien Erbbauberechtigte jeweils zur ideellen Hälfte an dem Grundstück M-Straße 19. Der parallel zur Uferböschung befindliche Gehweg grenze direkt an die Böschungsoberkante. Es handele sich hierbei um die einzige Zuwegung zu den Häusern M-Straße 13, 15, 17 und 19. Für diesen Gehweg sei im Baulastverzeichnis eine Baulast zugunsten der Gundstücke M-Straße 13, 15 und 17 eingetragen.
Die Kläger haben weiter behauptet, seit ca. sechs Jahren hätten sie erhebliche Probleme damit, den Gehweg zu erhalten, da die Böschung des M Grabens an der Seite zum Gehweg hin nicht mehr stabil sei. Vielmehr rutsche die Böschung ab und werde immer schmaler. Dies führe dazu, dass sich der Gehweg in Richtung des Grabens neige. Der Unterbau des Weges sacke ab, und die Gehwegplatten verschöben sich gegeneinander. Es entstünden Stolperkanten, die dazu führten, dass der Gehweg nicht mehr gefahrlos begangen werden könne und somit nicht mehr verkehrssicher sei. Mittlerweile sei über die Hälfte des Weges hiervon betroffen.
Die Kläger sind der Auffassung, den Beklagten treffe die Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich des M Grabens, die auch die Pflicht umfasse, alle zumutbaren Maßnahmen und Vorkehrungen zu treffen, um Schädigungen Dritter zu verhindern. Diese Pflicht habe der Beklagte verletzt.
Die Kläger haben beantragt, den Beklagten zu verurteilen, ihren Gehweg am Gewässer 104 des Beklagten, der die Häuser M-Straße 13, 15, 17 und 19 verbindet, im Wege der Schadensbeseitigung dahin wiederherzustellen, dass die Böschung an der Gewässerseite des Weges gesichert wird und der Gehweg durch Instandsetzung des Unterbaus und Neuverlegung der Platten in seinen ursprünglichen Zustand versetzt wird.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat mit Nichtwissen bestritten, dass die Kläger Erbbauberechtigte an dem Grundstück M-Straße 19 in N seien. Er hat behauptet, die Grundstücke M-Straße 13, 15, 17 und 19 seien über die M-Straße und C-Straße straßenseitig erschlossen. Er behauptet weiter, an dem M Graben seien im Bereich des Grundstückes M-Straße 19 böschungsseitig weder Erosionen noch sonstige Beeinträchtigungen des angrenzenden Grundstückes vorhanden. Im Übrigen habe er den M Graben und dessen Ufer stets so unterhalten, wie es den Anforderungen des § 39 WHG entspreche.
Er ist der Auffassung, der Gehweg auf dem Grundstück M-Straße 19 sei illegal errichtet worden, da eine bauliche Anlage innerhalb von 3 m von der Böschungsoberkante gem. § 97 Abs. 6 Satz 2 Landeswassergesetz NRW (LWG) nur zugelassen werden dürfe, wenn ein Bebauungsplan die bauliche Anlage vorsehe oder öffentliche Belange nicht entgegenstünden.
Das LG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Beklagte verletze gegenüber den Klägern nicht seine Verkehrssicherungspflicht bezüglich des M Grabens. Zwar seien grundsätzlich Verkehrssicherungspflichten des Beklagten auch zugunsten Privater aufgrund seiner Pflicht zur Gewässerunterhaltung denkbar. Allerdings sei seine Pflicht zur Gewässerunterhaltung grundsätzlich auf das für den Wasserabfluss Notwendige begrenzt. Diese Begrenzung gelte auch gegenüber den Klägern. Solange er das Erforderliche unternehme, um einen störungsfreien Ablauf des im Flusslauf befindlichen Wassers zu gewährleisten, verletze er keine Verpflichtung gegenüber den Klägern. Die Verletzung einer solchen Verpflichtung hätten die Kläger auch nicht behauptet....