Leitsatz (amtlich)

1. Ist der dem Handelsvertreter gem. § 87c Abs. 2 ZPO erteilte Buchauszug unvollständig, kommt neben dem Recht auf Einsicht in die Bücher (§ 87c Abs. 4 HGB) ein Anspruch auf Ergänzung des Auszugs in Betracht.

Voraussetzung dieses Ergänzungsanspruchs ist die konkrete Darlegung der beanstandeten Unvollständigkeit, die zugleich den Umfang der geschuldeten Ergänzung absteckt.

2. Der Buchauszug muss grundsätzlich nicht den Provisionssatz enthalten. Diesen hat der Handelsvertreter selbst anhand des Handelsvertretervertrages festzustellen. Besteht Streit darüber, ist dies im Betragsverfahren auszufechten.

 

Normenkette

HGB § 87c Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Detmold (Teilurteil vom 11.06.2002; Aktenzeichen 8 O 116/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 11.6.2002 verkündete Teil-Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des LG Detmold teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, ihren der Klägerin erteilten Buchauszug bezüglich folgender Unterlagen durch umfassende Darlegung des zugrunde liegenden Geschäftsvorgangs zu ergänzen:

– Gutschrift über 5.880 DM vom 5.7.1996 zur an den Kunden K. gerichteten Rechnung Nr. 1.910 vom 30.5.1996;

– Stornierung der Rechnung 4257 vom 24.7.1997 über 487 DM.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen; die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 10 % und die Beklagte 90 %. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz bleiben dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin, eine in Belgien geschäftsansässige Fa. B., war auf der Grundlage eines sog. Vertretungsvertrages vom 23.10.1995 ab 1.1.1996 für die Beklagte als selbstständige Handelsvertreterin tätig und in dieser Eigenschaft mit dem Vertrieb der Produkte der Beklagten – im Wesentlichen Spezialmaschinen für die Herstellung von Schokolade – in Belgien befasst. Das Vertragsverhältnis endete durch Kündigung der Beklagten zum 31.12.1997, mit Schreiben vom 12.1.1998 zeigte die – nun als Fa. B. Packaging & Processing firmierende – Rechtsvorgängerin der Klägerin der Beklagten die Abtretung sämtlicher bestehender Ansprüche an die Klägerin an.

Bezüglich der Provisionsansprüche der Rechtsvorgängerin der Klägerin enthält der Vertretervertrag vom 23.10.1995 folgende Bestimmungen:

2. Für die in unserer Preisliste aufgeführten Erzeugnisse gewährt die S. GmbH & Co KG eine Verkaufsprovision von 10 % vom Ab-Werk-Preis (ohne Verpackung und Fracht). Für das Mini-Programm bis zu einer Bandbreite von 320 mm wird entspr. ein gesonderter Provisionssatz von 15 % vereinbart.

3. Die nicht in den Preislisten stehenden Sonderkonstruktionen sind Einzelanfertigungen, die mit einer ermäßigten Provision von 5 % abgerechnet werden. Dies betrifft auch aus speziellen Gründen den Verkauf von Tanks und Massebehältern.

4. Maschinenfabriken, Exporteure, Kunden etc. welche in (Belgien) liegen und für den Wiederexport auf eigene Rechnung Maschinen und Anlagen kaufen, sind ausgeschlossen.

5. Die Fa. F., Arlon, gehört zur internationalen F.-Gruppe. Entscheidungen, welche Maschinen von welchem Hersteller gekauft werden, fallen in der italienischen Zentrale oder in St. Die Projekte werden von den dort für S. zuständigen Verkäufern bearbeitet. F. lehnt die Einschaltung von lokalen Vertretungen ab. Aus diesem Grund erhält die Firma B., Belgien, für Lieferungen nach A. nur min. 2 %, max 5 % vom Netto-Auftragswert.

6. Nachlässe ggü. dem Kunden, die die eingeschlossene bzw. vorgesehene Verhandlungsmarge überschreiten, werden zwischen S. und dem Vertreter 1/2 zu 1/2 aufgeteilt. …

7. Provisionsberechtigt sind alle Bestellungen aus dem Vertragsgebiet (ausgenommen Artikel 4), soweit die betreffenden Maschinen auch im Vertragsgebiet zum Einsatz kommen.

Bei Lieferungen außerhalb des Vertragsgebietes erfolgt keine Provisionszahlung.

Erfolgt eine Lieferung in das Vertragsgebiet aufgrund von Bestellungen außerhalb des Vertragsgebietes, so hat die Firma B. Anspruch auf 50 % der Provision unter Berücksichtigung von Artikel 5. …

8. Ersatzteillieferungen sind mit 10 % provisionspflichtig unter Berücksichtigung von Artikel 5.

Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin die Beklagte im Wege der Stufenklage auf Erteilung eines Buchauszugs über alle in der Zeit vom 1.1.1996–30.6.1998 in und für Belgien geschlossenen Geschäfte einschl. der Folgegeschäfte und der direkt oder über andere Vertreter zustande gekommenen Geschäfte sowie Provisionszahlung und Ausgleich nach § 89b HGB in Anspruch.

Die Beklagte hat den Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs anerkannt und nach antragsgemäßer Verurteilung durch Teil-Anerkenntnisurteil des LG vom 17.7.2001 einen Buchauszug erstellt, den die Klägerin allerdings als unvollständig bemängelt, weshalb sie dessen Ergänzung um näher bezeichnete Angaben begehrt.

Das LG hat die Beklagte durch das angefochtene Teilurteil vom 11.6.2002 antragsgemäß zur Ergänzung des erteilten Buchauszugs durch Vorl...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge