Normenkette
UStG § 4 Nrn. 9 b, 9 lit. b a.F., § 18 Abs. 3; AO §§ 168, 169 Abs. 2, 2 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2, § 164 Abs. 2 Sätze 1-2, Abs. 4 S. 1; ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1; EGBGB Art. 229 § 5 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Paderborn (Entscheidung vom 09.10.2008; Aktenzeichen 3 O 502/07) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 09.10.2008 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Gründe
A.
Der Kläger betreibt Spielstätten, in denen u. a. Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeiten aufgestellt sind. Mit vorliegender Klage nimmt er die Beklagten wegen Verletzung steuerberaterlicher Pflichten betreffend die Umsatzsteuerveranlagung für das Steuerjahr 1996 in Anspruch.
Die Beklagten sind seit 1991 die Steuerberater des Klägers und beraten ihn seitdem umfassend in steuerrechtlicher Hinsicht.
Im Jahre 1991 - schon während Bestehens des Beratungsmandates der Beklagten - hatte der Kläger vor dem Finanzgericht Münster ein Verfahren betreffend die Umsatzbesteuerung für den Monat Juli 1991 geführt. Dieses Verfahren war als Musterprozess initiiert worden von dem X. In diesem Verfahren ging es um die steuerrechtliche Frage der Höhe der Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der Umsätze aus Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeiten. Im Zusammenhang mit diesem Verfahren hatte der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers auch gegenüber den Beklagten darauf hingewiesen, dass nach seiner Auffassung Glücksspiele mit Geldeinsatz umsatzsteuerfrei seien, da die streitbefangene bundesdeutsche Norm des Umsatzsteuergesetzes europarechtswidrig sei. Von einer Geltendmachung dieses rechtlichen Gesichtspunktes im damaligen finanzgerichtlichen Verfahren sah der Kläger jedoch ab. Da es seitens des X nicht als zweckgerichtet erachtet wurde, die Geldspielautomaten als Glücksspiel zu qualifizieren, wurde die Problematik nicht in das damalige Verfahren eingeführt.
Der Kläger gab am 05.12.1997 die Umsatzsteuererklärung für das Steuerjahr 1996 ab. Da nach der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Vorschrift des § 4 Nr. 9 b UStG ein Betreiber von Geldspielautomaten für Umsätze aus dem Betrieb derartiger Automaten, auch soweit sie Gewinnmöglichkeiten boten, Umsatzsteuer an die Finanzbehörden zu entrichten hatte, wurden in der Erklärung auch die Umsätze aus diesen Geldspielautomaten der Umsatzsteuer unterworfen. Der entsprechende Umsatzsteuerbescheid erging am 29.12.1997. Einen Einspruch gegen diesen Bescheid legten die Beklagten nicht ein. Da die Abgabe der Steuererklärung nach § 18 Abs. 3 UStG eine Steueranmeldung darstellt, die gemäß § 168 AO einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht, konnte die Steuerfestsetzung bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist geändert werden. Einen nach den §§ 168, 164 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2, Abs. 4 Satz 1 AO, 18 Abs. 2 UStG möglichen Antrag auf Änderung der Steuerfestsetzung stellten die Beklagten jedoch nicht. Der Steuerbescheid wurde damit mit Ablauf der vierjährigen Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO am 31.12.2001 bestandskräftig.
Mit Urteil vom 17.02.2005 stellte der EuGH fest, dass die bundesdeutsche Besteuerung von Umsätzen aus Geldspielautomaten gegen Art. 13 Teil B Buchst. f) der 6. Richtlinie 77/338/EWG verstoße, die entsprechende bundesdeutsche Vorschrift also europarechtswidrig sei und sich die Spielautomatenhersteller auf diese Richtlinie uneingeschränkt berufen und Steuerbefreiung ihrer Umsätze verlangen könnten.
Aufgrund dieser Rechtsprechung erstatteten die Finanzbehörden in der Folgezeit rückwirkend gezahlte Umsatzsteuer auf durch den Betrieb von Geldspielautomaten erzielte Umsätze, soweit die jeweilige Steuerfestsetzung nicht bereits bestandskräftig geworden war. Eine Änderung bereits bestandskräftiger Umsatzsteuerfestsetzungen lehnte der BFH im Urteil vom 23.11.2006 ab. Auch der Kläger konnte daher für die auf das Steuerjahr 1996 entfallene Umsatzsteuer aufgrund der Bestandskraft der Steuerfestsetzung eine Umsatzsteuererstattung nicht mehr erwirken.
Mit dem Vorwurf, pflichtwidrig die Jahresumsatzbesteuerung für das Jahr 1996 nicht offen gehalten zu haben, verlangt der Kläger nunmehr den durch die europarechtswidrige Besteuerung verursachten Schaden von den Beklagten ersetzt.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagten wären verpflichtet gewesen, Einspruch gegen den Steuerbescheid einzulegen oder innerhalb der Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 AO bis Ende 2001 einen Antrag auf Änderung der Festsetzung zu stellen. Bis zu diesem Zeitpunkt hätten die Beklagten erkennen können und müssen, dass die innerdeutsche Vorschrift des § 4 Nr. 9 lit. b UStG a. F. gegen Europarecht verstieß. Sie hätten damit wi...