Leitsatz (amtlich)
1. Enthalten weder der von der Gesellschafterversammlung einer GmbH gefasste Beschluss, mit dem ein Geschäftsanteil eingezogen werden soll, noch die schriftliche Einladung zu dieser Versammlung Angaben über den Grund der Einziehung, wahrt der betroffene Gesellschafter, der nicht an der Versammlung teilgenommen hat, die Anfechtungsfrist, wenn er im Anfechtungsprozess erst nach Darlegung der Einziehungsgründe durch die Gesellschaft dazu inhaltlich vorträgt.
2. Sieht die Satzung der GmbH das Recht zur Einziehung eines Geschäftsanteils auch ohne Zustimmung des betroffenen Gesellschafters u.a. im Fall der Pfändung des Geschäftsanteils vor, ist der Mehrheitsgesellschafter nicht gehindert, einen Einziehungsbeschluss herbeizuführen, auch wenn er selbst wegen titulierter Forderungen gegen den Mitgesellschafter die Pfändung bewirkt hat.
Die gesellschafterliche Treuepflicht steht einer solchen Beschlussfassung aber entgegen, wenn die Vollstreckungsmaßnahme aller Voraussicht nach keinen nennenswerten Erfolg verspricht und maßgebliches Motiv die Absicht ist, den Mitgesellschafter aus der Gesellschaft zu drängen.
Normenkette
GmbHG § 34; AktG § 241; AktG § Nr. 4; AktG § 246 Abs. 1; BGB § 242
Verfahrensgang
LG Arnsberg (Urteil vom 24.09.2008; Aktenzeichen 1 O 425/07) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 24.9.2008 verkündete Urteil des LG Arnsberg wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger greift mit der Anfechtungsklage die Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 12.10.2007 an, mit der sein Geschäftsanteil an der Beklagten eingezogen wurde.
Nach rechtzeitiger Einladung durch den damaligen Geschäftsführer C3 fand am 12.10.2007 eine Gesellschafterversammlung der Beklagten statt, an der der Kläger nicht teilnahm. Der einzige weitere Gesellschafter C3 fasste den Beschluss, die Geschäftsanteile des Klägers von nominal 5.112,92 EUR, das sind 20 % des Stammkapitals, nach § 13.1 des Gesellschaftsvertrages einzuziehen. Diese Regelung des Gesellschaftsvertrages lässt die Einziehung von Geschäftsanteilen zu, wenn der entsprechende Gesellschafter seine Gesellschaftspflichten grob verletzt hat, wenn der Gesellschaftsanteil gepfändet oder über das Vermögen des betroffenen Gesellschafters das Konkursverfahren eröffnet oder die Eröffnung mangels Masse abgelehnt worden ist. Hintergrund des Beschlusses war die im August 2007 erfolgte Pfändung des Geschäftsanteils durch den Mitgesellschafter C3 aufgrund eines vorläufig vollstreckbaren Urteils des LG Arnsberg, mit dem der Kläger zur Zahlung von 120.666,08 EUR nebst Zinsen an die Beklagte verurteilt worden war. Das Urteil ist insoweit im Berufungsverfahren mit Urteil des Senats vom 3.9.2008 (8 U 129/07) bestätigt worden.
Der Einziehungsbeschluss wurde dem Kläger mit Schreiben vom 12.10.2007 mitgeteilt, verbunden mit dem Hinweis, dass das Abfindungsguthaben 306,78 EUR betrage und infolge Pfändung an den Gesellschafter C3 ausgezahlt werde.
Mit am 17.10.2007 eingereichter Klage strebt der Kläger an, den Beschluss für nichtig zu erklären. Mit der Klageschrift hat er geltend gemacht, die Voraussetzungen einer Einziehung hätten nicht vorgelegen, da er weder seine Pflichten grob verletzt habe noch der Geschäftsanteil gepfändet worden sei noch die insolvenzrechtlichen Gründe vorgelegen hätten. Nach Hinweis der Beklagten auf die Pfändung durch Herrn C3 hat er die Auffassung vertreten, der Mitgesellschafter habe bei der Beschlussfassung sittenwidrig gehandelt, weil es ihm allein darum gegangen sei, ihn, den Kläger, aus der Gesellschaft zu drängen. Er habe nur eine formale Position ausgenutzt, obwohl ihm bekannt gewesen sei, dass die titulierte Forderung tatsächlich nicht bestehe.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat gerügt, der Kläger habe mit seinem maßgeblichen Vortrag die Anfechtungsfrist versäumt. Unabhängig davon sei der Beschluss weder nichtig noch anfechtbar. Der Mitgesellschafter C3 sei nicht gehindert gewesen, die satzungsmäßigen Rechte auszuüben. Die dem Urteil des LG Arnsberg zugrunde liegende Forderung sei berechtigt, wie im Berufungsverfahren später festgestellt worden sei.
Das LG hat mit dem angefochtenen Urteil der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Beschluss verstoße gegen die guten Sitten und sei nichtig. Der Mitgesellschafter C3 habe die Pfändung aus dem nur vorläufig vollstreckbaren Urteil nur betrieben, um den Kläger aus der Gesellschaft zu drängen. Besonders treuwidrig sei das Festhalten an der Pfändung und dem Beschluss vom 12.10.2007, nachdem der Kläger im April 2008 die titulierte Zahlung geleistet habe. Wegen des Weiteren Vorbringens der Parteien erster Instanz sowie der näheren Begründung des landgerichtlichen Urteils wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe dieses Urteils Bezug genommen.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Sie we...